Platz der Derwische
Ein paar Häuser weiter, im Al-Ghouri- Mausoleum, einem Prunkstück islamischer Architektur, drehen sich zweimal wöchentlich die Derwische. Es ist unerträglich heiß hier. Um einen der kostenlosen Plätze zu ergattern, bin ich zwei Stunden früher gekommen. Der in der Mitte wirbelt in Ekstase, mit dümmlich-verrücktem Grinsen im Gesicht und nach oben verdrehten Augen. Die Farben seines Kostüms sind nicht mehr zu unterscheiden.
Der Bazar der Bazare – Geschichte aus 1001 Nacht oder Touristenfalle?
Der Khan-al-Khalili-Basar
ist gleich nebenan. Schuhputzer, flimmernde Bauchtanzklamotten,
Wasserpfeifen, Silbertabletts, kleine Jungs, die Tempotaschentücher
oder Feuerzeuge in Pistolenform verkaufen wollen, Touristinnen in
Spagettitops, eine ganze Wand voller Pantoffeln, Kassetten mit arabischer
Musik, Tand. Eine Touristenfalle?
Im „Cafè
Fishawy“, mitten im Basar, weht mir die Kohleasche der Wasserpfeife
meines Nachbarn ins Gesicht. Schon während der letzten 200
Jahre wurde hier tagtäglich für vierundzwanzig Stunden
geöffnet. Das Café ist unzweifelhaft eine Institution.
Auf Mini-Eisentischchen stehen kleine Tässchen Kaffees, der
mit Kardamom parfümiert wurde, oder Karkadeh, Hibiskusblütentee.
Ziselierte Spiegel und ein Kronleuchter hängen an Wand und
Decke. Sitzen, Kaffee schlürfen, rauchen, Geschichten aus 1001
Nacht erzählen, dösen. Stundenlang.
Abenteuer Sharia Muski
Das Gedränge
in der Sharia Muski ist so groß, dass nichts mehr geht. Ein
Suzuki-Pick-up, zwei Mopeds, ein Fahrradfahrer mit einem Bambus-Gestell
voller Brote und Menschen, Menschen, Menschen und Waren, Waren,
Waren. Berührungsängste? Geringe Schmutztoleranz? Vergessen
Sie `s! Die Farbe meiner Schuhe erkenne ich schon lange nicht mehr.
Schlamm, Staub und was noch? Hat mein Nachbar so geschwitzt, mir
den Tee drübergekippt oder ich? Weiterdrängeln die Al-Khayamiyya
entlang Richtung Zeltmacherbasar.
Eiergeschäfte! Das sind kleine Garagen mit hochgezogenen Rolltoren
und aus Eiern gebauten Pyramiden: braune, weiße, große,
kleine, unförmige. „Welcome to Egypt, Madame! Come in
and have a look!“. „La, shukran!“. Nein, danke.
Das habe ich schnell gelernt.
Es hupt. Es tost. Es brodelt. Es pulsiert. Da vorne – was ist das? Alles so schön bunt hier! Rempel, stoß! Sorry! Der Muezzin ruft, ein Video plärrt. Rundumbeschallung. Da gibt’s Cola-Dosen auf Eis! Aber ich habe nur große Scheine dabei. Da kann wieder keiner rausgeben. Angeblich. Ich muss mal! Aber wo? Hinter der Zitadelle nagt eine Katze an einem toten Huhn. Ich laufe versehentlich durchs Urinal. Das Urinal ist immer an der straßenabgewandten Seite der Stromkästen. Weiß ich doch inzwischen! Alles dreht sich. Kairo ist ein Karussell! Wer spricht da?
„This is Cairo!“ „Welcome to Egypt, Madame!“
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