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Schwarzes Meer

oder: Alltag an vergessenen Ufern

Vom Schwarzen Meer, seien wir ehrlich, haben wir kaum eine Ahnung. Oh ja: Bulgarien, Goldküste, Billigtourismus - Istanbul, Bosporus, Schiffsdurchfahrt - die Krim, Odessa, Schwarzmeerflotte – Sotschi, Putin, Winterolympiade - war da sonst noch was? Das Schwarze Meer lag und liegt zum großen Teil außerhalb unserer Wahrnehmung und schon gar völlig abseits der organisierten Touristenströme. Nicht mal hartgesottene Rucksackreisende sind unterwegs, um es wenigstens einmal zu umrunden. Eine fabelhafte Gelegenheit also für eine Fotografin wie Vanessa Winship, um sich mit der Kamera auf die Suche nach Fremdartigem und Unentdecktem zu machen. Man möchte meinen, es sei ganz leicht, in einer solchen Region allüberall auf Fotomotive zu stoßen, die in unserer westlichen Welt Staunen und Erschütterung hervorrufen. Das mag durchaus sein, aber man muss sich eben erst einmal aufmachen, um diese Motive aufzustöbern. Und wie schwierig das schon sein kann, davon erzählen die Bilder in diesem famosen, aber zugleich auch erschütternden Bildband.

Schwarzes Meer

Durch sechs Länder führt uns diese Fotoreise, doch wer könnte schon aus dem Stand die Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres aufzählen: Russland, Ukraine, Rumänien, Bulgarien, Türkei und Georgien? Ganz nah heran führen uns die Bilder an das dortige Leben: an Turner mit nacktem Oberkörper in kahlen Turnhallen, an uniformierte Schüler, an Tänzerinnen und Schauspieler, an vordergründig hässliche Gesichter und hintergründige Schönheiten, an Begegnungen auf Bahnhöfen und einsame Menschen in öffentlichen Verkehrsmitteln, an Badefreuden zwischen Betonpfeilern und auf müllübersäten Stränden, an die hartnäckigen und mächtigen Überreste des Sozialismus und die sprießenden Grotesken eines wild aufblühenden Kapitalismus - kurz: an ein Leben in einer Welt, die am Rande Europas liegt und doch so unendlich weit entfernt scheint.

Man sollte sich auf keinen Fall blenden lassen von einer vordergründigen und allgegenwärtigen Tristesse, die immer wieder aus den emotional geprägten Schwarz-Weiß-Fotografien hervorzubrechen scheint. Genaues Betrachten bringt auch ganz andere Facetten hervor. Und man fragt sich unwillkürlich, wie all diese Fotos in Farbe wirken würden und welches Bild vom Schwarzen Meer wohl dann entstanden wäre.

vm@saw

Vanessa Winship: Schwarzes Meer. Marebuchverlag 2007. ISBN 978-3-936543-95-7. 236 Seiten. 49,00 Euro.

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