NEU IN DER BÜCHERECKE / BÜCHER UNSERER AUTOREN / BIOGRAFIEN / FOTOBÄNDE / HÖRBÜCHER
KINDER- u. JUGENDBÜCHER / LIFESTYLE / REISEBERICHTE / REISEFÜHRER / ROMANE / SACHBÜCHER

Um ein Haar

Seit seinem Erscheinen 1972 ist „I am Rosemarie“ in den USA nicht nur ein Bestseller, es ist zudem als Pflichtlektüre an zahllosen Schulen präsent. Im Schuljahr 2002/2003 wurde das Buch von 40 Schülerinnen und Schülern der Dollinger Realschule und des Pestalozzi Gymnasiums in Biberach an der Riß ins Deutsche übersetzt und im März 2005 von Rosemarie Brenner, die sich in dem Buch als Marietta Moskin an ihre qualvolle Kindheit in den Fängen der SS- und Gestapowillkür erinnert, der deutschen Öffentlichkeit vorgestellt.

Es ist ein Buch, eine Autobiografie, die jedes Herz anrührt. Nicht im Sinne der Emotionen, die das Tagebuch der Anne Frank auslösen – und doch, es ist der gleiche Antrieb. Denn auch Rosemarie Brenner ist ein Mädchen aus jüdischer Familie, auch sie lebt 1940 in Amsterdam.

Es ist Mai 1940, als über der holländischen Stadt die Geschwader kreisen. Die Deutschen sind in den Niederlanden einmarschiert. Doch zunächst bedeutet der Krieg für Rosemarie Brenner nur Warten. Warten bis die Luftangriffe vorüber gehen, warten bis die Engländer sie befreien. Doch die Engländer kommen nicht, stattdessen etablieren die Nazis auch in Rosemaries Umfeld ihren grausamen Terror. Dem ausgesetzt, wird das Mädchen von der Schule verwiesen, ihre Großmutter wird deportiert, ihre Freundin verschwindet, Rosemarie muss sich einen gelben Stern auf den Mantel nähen. Und eines Tages steht die Sicherheitspolizei vor der Tür – mit einem Räumungsbefehl.

Moskin - Um ein Haar

Die Deportationen verschleppen das Mädchen von Amsterdam nach Westerbork und von dort nach Bergen-Belsen. Ihr Leben ist zu einem Ausbund des Grauens geworden, gezeichnet von Krankheiten, unglaublichem Darben und Tod. Dann aber scheint sich das Blatt zu wenden: Rosemarie soll in die Schweiz gebracht werden, als eine der so genannten Austauschjuden. Doch an der Grenze noch zur Schweiz, mit den Blicken schon im „gelobten Land“ und dem Überleben greifbar nah, wirft ein Schock das Unterfangen beinah zurück: Es gibt nicht genug Deutsche für den Austausch! Um ein Haar findet der Austausch nicht statt.

Knapp 300 Seiten umfasst dieses Buch, 300 Seiten, auf denen der Leser sich in jene Welt, in jenes Schicksal versetzt fühlt. Das nicht los lässt, sondern mitzieht, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Geschichte in einer solch warmherzigen Weise verfasst wurde, dass man sich oftmals fragen möchte, wie es möglich ist, Derartiges erleben zu müssen, aber dann von solcher Herzensgüte wie die Autorin zu sein.

Dass diese Wahrnehmung nicht zuletzt ein Verdienst der feinfühligen und engagierten Übersetzung der beteiligten Schülerinnen und Schüler zu verdanken ist, kann mit nicht genügend Dank erwähnt werden. Und mit Respekt.

usch@saw

Marietta Moskin: Um ein Haar. Mit einem Vorwort von Ralph Giordano. cbt Verlag. 6,90 Euro. ISBN 3-570-30212-1

Dieses Buch bei Amazon kaufen:

zurück zur Übersicht "Kinder- u. Jugendbücher"