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Die letzte Stadt von Afrika

Historische Romane sind nicht allein deshalb so gefragt, weil ihr Genre naturgemäß Fremdartigkeit birgt – vielmehr vermittelt sich dadurch nicht selten Wissen um längst Vergangenes spannend und kein bisschen dröge, und da hält man gerne mit.

Wie gut sich mithilfe dieser Art das beliebt stetige Kribbeln nach Exotik befriedigen lässt, zeigt der Roman „Die letzte Stadt von Afrika“ schon im Prolog. Der beginnt in Dublin/Irland, das erste Kapitel in Ladysmith/Südafrika, doch wer, um Himmels Willen, hat je von Ladysmith gehört? Und wie kam es zu diesem Namen? Und was ist es, ein Dorf, eine Stadt?

Heute ist Ladysmith, am Fuße der Natal Drakensberge und inmitten schier endloser Farmlandschaften gelegen, größer als eine Dorf, zu klein aber, um nach heutigem Gusto eine Stadt zu sein. „Handelszentrum für die Farmer der Umgebung“ nennt man solche Flecken allgemein, und ihre Infrastrukturen mit den zwei Super- und den drei Baumärkten, der Genossenschaft und der Zweigstelle des landesweit größten Farmgerätehändlers sind im ländlichen Südafrika so gewöhnlich wie hierzulande IKEA.

Doch zurück in die Historie um 1899, zum Anblick Ladysmiths, auf „die dicht geschlossenen Zinndächerreihen der Stadt, die Garnison, die die Engländer das Aldershot von Afrika nennen, das Zeltlager in der Savanne zwei Meilen vor der Stadt, die Rennbahn in einem Knie des Flusses Klir, das V, wo sich das Zickzack der Schmalspurbahn teilt (eine Stracke nach Transval, eine in den Oranje-Freistaat), das Kloster, die planlos verstreuten Dornenbäume hinter den Cricket- und Golfplätzen, die Häuserreihen mit ihren Holzfassaden, kleinen Obst- und Gemüsegärten und die breite Hauptstraße mit ihren Läden und dem Hotel, die wie eine Westernstadt mit Saloon wirkte.“ Ja, nur dass die Präsenz der weißen Besatzer offenbar schon damals jedes kleine Detail geprägt hatten, mitten im südlichen Afrika, inmitten der Szenerie der „steilen Drakensberge, an denen entlang der Stacheldrahtzaun verlief, der das britische Natal von den beiden Burenrepubliken abgrenzte.“

Darum herrschte Krieg, und es war einer der vernichtend-blutigsten Krieg, den die Menschen am Kap je ertragen mussten, im Namen der Machtansprüche von Buren und Engländern: Umgeben von Schlachtengetümmel liegt dieses unscheinbare Ladysmith plötzlich im Mittelpunkt des Geschehens, als Sitz der regionalen Kolonialverwaltung, als einzige „Hochburg der britischen Kolonialisten“ weit und breit, wird es für die burischen Kriegstreiber zum Sinnbild für die Präsenz der „unrechtmäßigen Besatzung des Landes durch die Engländer“ und damit zum Ziel für die Wut der anderen weißen Okkupanten – ohne, dass jene den Widersinn ihrer eigenen Ansprüche erkennen würden.

Einhundertachtzehn Tage lang dauert die Belagerung von Ladysmith an, fast vier Monate, in denen die Bewohner von der Außenwelt abgeschnitten sind; unter täglichem Beschuss, unter Hunger, Krankheiten und Wassermangel zu leiden haben. Ein Haus nach dem anderen fällt den burischen Granaten zum Opfer, doch so sehr die Angriffe die Ladysmither auch in Mitleidenschaft zieht – ihre Moral lässt sich nicht brechen. Also graben sie ein Tunnelsystem bis zum Fluss hinüber und verstecken sich darin – zu immer wechselnden Gruppen, damit sich den Angreifern immer gleich viele Ziele boten. Auch gibt es keinen Grund, aufgrund des Hungers unzurechnungsfähig zu sein – solange aus der Garnison noch Pferde genug zum Verzehr rekrutiert werden können und bevor man vor dem Hintergrund der doch aussichtslosen Situation verrückt wird, kann man genauso gut ein Cricketspiel veranstalten. Das allerdings wird zu einem Match, das es in sich hat.

Man kann ob der „typisch-englischen Art“ bedrohliche Situationen zu meistern, lächeln, aber nur angedeutet, denn die Dramatik der Geschichte lässt Komik nicht zu. Dafür zieht sie den Leser auch in den Bann der Liebesgeschichte um Bella Kiernan und ihren Geliebten, vor der Kulisse historischer Ereignisse und in Gesellschaft namhafter Personen wie Mahatma Gandhi und Winston Churchill.

Wir wirklich sich das alles abgespielt hat, ist noch heute nicht vergessen und welche Rolle Lady Smith spielte, auch nicht…

usch@saw

Giles Foden: Die letzte Stadt von Afrika. Aufbau Verlag. ISBN 3746624282. 9,95 Euro.

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