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Der Buchhändler aus Kabul

Im ersten Frühjahr nach dem Sturz der Taliban reist die TV-Journalistin Asne Seierstad erneut nach Kabul, angetan von der Faszination, die Sultan Khans, des Buchhändlers Familie auf sie ausübte. Ihr war sie begegnet, als sie im November 2001, knapp drei Monate nach dem 11. September, im Schutz der Nordallianz mit diesen Gegnern der Taliban in die Hauptstadt Afghanistans gekommen war. Die Khans sind keine normale afghanische Familie – „die leben auf dem Land“ – die Khans hingegen gehören zum Bürgertum des Landes, so es angesichts der kriegerischen Wirren im Land am Hindukusch eine solche Elite noch auszumachen gilt. Aber sie nehmen die junge Journalistin aus Norwegen auf, heißen sie so lange willkommen, wie sie benötigt die Familiensaga der Khans aufzuschreiben, denn Büchern ist man zugetan, nicht nur, weil sie Ansehen und Lebensstandard der Familie sichern, vielmehr, weil sie die Leidenschaft des Patriarchen sind.

Leidenschaft aus Wissen um das kostbare Produkt Buch: „Erst haben die Kommunisten meine Bücher verbrannt, dann haben die Mudschaheddin, die heiligen Krieger, den Laden geplündert, und schließlich haben die Taliban erneut die Bücher verbrannt“, erzählt Sultan Khan und fügt weitere Unwägbarkeiten mit den Tücken des geschriebenen Worts hinzu. Wo treibt man den Esel auf, der die Raubdrucke über das Gebirge nach Pakistan transportieren soll? Wie viel Durchsetzungsvermögen und Selbstbewusstsein erfordert es, in einem Land fast ohne Verlage, auf Basaren und in Bibliotheken doch immer wieder unbekannte Bücher aufzutreiben?

Asne Seierstad

In diesen Schilderungen ist das Oberhaupt der Familie liebenswert, an anderen Stellen des Buches möchte man ihn aus den Seiten herauszerren und ihn, aufgrund seiner Männlichkeits-wahnsinnigen Attitüden ohrfeigen – wie die Autorin, die die „vielen schönen Zeiten miteinander“ preist, die aber hinaus zuschreien scheint, dass sie „selten so wütend auf jemanden gewesen sei wie bei den Khans, nur selten so viel gestritten habe wie dort und noch nie so große Lust hatte, auf jemanden einzuschlagen wie dort.“ Grund: Die Art, wie Männer die Frauen behandelten.
In diesem Duktus sind weite Teile des Buches geschrieben, mitreißend, aufwühlend. Ohnehin passt sich der Rhythmus der Sprache dem Erzählten an, nimmt den Leser mit in die ferne Welt dieser fremden Tradition. Es ist dies das Geheimnis des Buches vom Buchhändler aus Kabul: Wie es Leben lehrt, wie es Einfühlsamkeiten vermittelt, auf hinreißend angenehme Art aufdrängt.

Ula@saw

Asne Seierstad: Der Buchhändler aus Kabul, List Tb, 302 Seiten, ISBN 3548604307, 8,95 Euro.

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