Ach,
Afrika
Er ist schon viel
zu lange in Afrika, um den ewig gleichen, von Unwissenheit und Ignoranz
geprägten Sermon von postkolonialen Verschwörungstheorien
zu verbreiten: Bartholomäus Grill, Korrespondent der ZEIT in Afrika,
seit zehn Jahren bereits. Wobei nicht alleine der Zeitraum eines Aufenthaltes
in der anderen Kultur eine Garantie dafür ist, dass der Blick
des Berichterstattenden klar bleibt, unvoreingenommen, fair und immer
bereit zu Korrekturen, zugunsten eben jener anderen Kultur. Man kennt
die Vertreter der schwafelnden und alles besser wissenden Zunft leider
nur allzu gut.
Sie kann man mit dem neuen Buch von Bartholomäus Grill 'Ach, Afrika'
endlich vergessen, auch wenn es nicht einfach ist, dem Korrespondenten
und Autor auf seinem Weg durch den afrikanischen Kontinent zu folgen.
Denn Grill ist ehrlich, man kennt seine Berichte aus der ZEIT, er lässt
nie nach, Unterschiede hervor zu kramen, sie deutlich zu beschreiben,
sie anzuprangern. Ohne den mahnenden Finger oder die Augenbraue zynisch
zu heben. Nie verliert er den Respekt für die Afrikaner, für
ihre Traditionen, für ihr Dasein.
Wir müssen zunächst über uns selber reden, sagt Grill, „über
die Fallstricke der Wahrnehmungen und über die Interessen, die
unsere Erkenntnisse leiten.“ Oft, schreibt er in seinem neuen
Buch Ach, Afrika, „sah ich ein Ritual, ein Symbol, eine Geste,
hörte eine Geschichte, erlebte eine Begebenheit und konnte das
Wahrgenommene nicht einordnen und begreifen.“
Wie einen Überblick
gewinnen? Wo anfangen? Bartholomäus Grill
stellt sich diese Fragen offenbar immer und immer wieder, ohne ihrer
müde zu werden. Nur so lässt sich diese „Analyse Afrika“ erklären,
die von einer Brillianz daher kommt, die in Bann zieht. Die in einer
Präzision geschrieben ist, die fasziniert und die so ehrlich mit
den Verhältnissen in Afrika umgeht, wie nur wenigen Autoren gestattet
ist.
Man kann deutsche Publikationen gleicher Güte an wenigen Händen
abzählen, aus kaum einem Buch aber, das sich in ähnlicher
Qualität mit der blutigen Geschichte des postkolonialen Afrika
befasst, mit dem verleugneten Völkermord in Ruanda, mit den langen
Wegen zur Demokratie oder den Krisen der Wirtschaft und der Kunst des Überlebens;
mit dem Kontinent, der zerrissen ist zwischen Tradition und Moderne,
mit Aids und den Folgen für den Kontinent und mit den Verheerungen
des Sklavenhandels und der Kolonialherrschaft taucht man als Leser
nachdenklicher hervor. Nachdenklicher und hoffentlich endlich offen
genug, umzudenken. Hinzuhören. Hinzuschauen. Wahrzunehmen. Ohne
Arroganz, frei von Borniertheit.
Bartholomäus Grill macht es vor.
Afrika braucht
Publikationen wie diese!
ula@saw
Bartholomäus
Grill: Ach, Afrika, Goldmann 2005, ISBN 3442153379, 9,95
Euro.
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