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Die Araber

Spätestens seit den Irakkriegen, dem 11. September 2001 und den arabischen Revolutionen des Jahres 2011 ist den Europäern die Bedeutung des arabischen Kulturraums für die Weltpolitik eindringlich in Erinnerung gerufen worden. Trotz dieser aktuellen politischen Ereignisse wird aber auch immer wieder deutlich, dass selbst bei Politikern und Intellektuellen nur sehr rudimentäre Kenntnisse der arabischen Geschichte vorhanden sind.

Um diese Wissenslücke zu schließen, bietet sich die Lektüre von Eugene Rogans im Propyläen Verlag erschienenen Sachbuchs „Die Araber“ an. Rogan, der als Direktor des renommierten Middle East Centre der Oxford University zu den profundesten Kennern der arabischen Welt gehört, gibt spannende Einblicke in die letzten 500 Jahre der arabischen Historie, wobei er in seiner Einleitung ausführlich auf die arabischen Revolutionen des Jahres 2011 eingeht.

Die Araber: Eine Geschichte von Unterdrückung und Aufbruch

Wie im Untertitel „Eine Geschichte von Unterdrückung und Aufbruch“ angedeutet wird, beginnt Rogans Buch mit der Eroberung der arabischen Welt durch das Osmanische Reich zu Beginn des 16. Jahrhunderts, denn seither wurden die politischen Ereignisse im Nahen und Mittleren Osten vor allem durch die europäischen Kolonialmächte geprägt. Gleichzeitig klammert Rogan mit diesem selbst gesteckten Rahmen nicht nur die Glanzzeit des arabischen Kulturraums aus, sondern er geht auch auf die bis in die Gegenwart reichende Problematik der Spaltung in Sunniten und Schiiten nicht ein.

Dafür schildert Rogan in seinem hervorragend geschriebenen Werk ausführlich die historisch-politischen Entwicklungen in den verschiedenen arabischen Staaten; jegliche eurozentrische Sicht ist ihm auch hinsichtlich der israelisch-palästinischen Problematik glücklicherweise fremd.

Auf mehr als 700 Seiten breitet Rogan die konfliktreiche Geschichte bis zu den Wurzeln der arabischen Revolutionen aus. Wer kennt schon Muhammad Ali Pascha, einen gebürtigen Albaner, der nicht nur Ägypten von 1805 bis 1849 beherrschte, sondern auch ein Reich schuf, dass vom Sudan bis Kreta reichte und eine Dynastie begründete, die Ägypten bis 1952 beherrschte? Oder wer weiß, dass bereits die Engländer 1918 einen irakischen Volksaufstand auslösten und diesen nur mit einem 100.000 Mann starkem Heer niederschlagen konnten?

Eugene Rogan zieht ein eindeutiges Fazit: „Damit die arabische Welt den Zyklus der Unterordnung unter die Regeln anderer Völker durchbricht, sind ein ausgewogenes Engagement der momentanen dominierenden Mächte sowie der Wille zur Reform aus der arabischen Welt selbst heraus erforderlich.“ Rogan ist optimistisch, dennoch macht er keinen Hehl daraus, dass bei demokratischen Wahlen jene religiös motivierten Parteien als Sieger hervorgingen, die sich am stärksten gegen die amerikanische Politik positionieren würden.

Das einzige Manko dieses so spannenden wie kenntnisreichen Werkes ist, dass sich Rogan fast ausschließlich auf die Ereignisgeschichte konzentriert; weder die Alltagskultur noch die arabische Literatur oder Musik sind ihm einen Exkurs wert. Ein Blick auf die Veränderungen der Lebensbedingungen in der arabischen Welt wäre durchaus erhellend gewesen.

Ralf Nestmeyer

Eugene Rogan: Die Araber, Propyläen Verlag, Berlin 2012, 736 S., 26,99 Euro




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