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Stadtmuseum Dresden

Statt den Besucher mit einer Vielzahl von Exponaten zur Stadtgeschichte zu konfrontieren, haben sich die Museumsmacher auf ausgewählte Leitexponate beschränkt, die für historische Ereignisse und Perioden stehen. Neben den Exponaten und entsprechenden Saaltexten zu Themen wie „Stadt und Festung Dresden“, „Der Aufstieg Dresdens“, „Stadtgesellschaft“ und „Die schöne Stadt“ gibt es zudem eine Reihe von Hörstationen, die Geschichte auch auf andere Weise erlebbar machen.

Dresden - Stadtmuseum
Dresden im Modell – nicht zu übersehen die barocke Frauenkirche

Am Anfang ein Modell

Anhand eines Reliefmodell mit Projektionsüberblendungen und Audiokommentierungen lernen Besucher die Geschichte Dresdens seit dem 13.Jahrhundert im Schnelldurchgang kennen. Zu diesem Kennenlernen gehört der Siebenjährige Krieg, das Schleifen der Festung, die Industrialisierung, das Entstehen der Leipziger Vorstadt und der Albertstadt oder die Errichtung der Villenvororte in Strehlen und Blasewitz sowie der sogenannten Würfelhäuser in Löbtau.

Selbstverständlich ist vom Bombardement der Stadt im Februar 1945 die Rede und außerdem von den Aufbauplänen und -umsetzungen am Altmarkt in den 1950er Jahren, von Ereignissen also, die zur jüngeren Stadtgeschichte zählen. Beschlossen wird die Einführung in Dresdens Geschichte mit der Wende- und Nachwendezeit, mit der Restaurierung der alten Quartiere und der „Platte“ in Gorbitz. Neben dem Relief des Elbetals, in dem Dresden eingebettet ist, gibt es noch ein weiteres Modell der Stadt, das die barocke Stadt zeigt.

Dresden - Stadtmuseum
Schandflasche für zänkische Weiber, Sandstein, Eisenkette, 17.Jh.;
Inschrift „Alte Weiber, die sich schlagen , müßen diese Flasche tragen

Wer Dresden im Zeitenwandel kennen lernen möchte, blättert in dem so genannten Katastrophenkalender, der nicht nur den Hussiteneinfall von 1429, sondern auch die Trockenheit von 1642 festhält. Dass man schon recht früh über ein Leitungssystem für Stadtwasser verfügte, belegen die aus ausgehöhlten Stämmen bestehenden Leitungen aus dem späten 15. sowie dem 16. bis 18.Jahrhundert, die in der Dauerpräsentation zu sehen sind.

Aus einer Kirche geborgen

Spuren der Vergangenheit sind die Grabbeigaben aus der Sophienkirche, die 1964 geborgen wurden, und ein beschädigter Zinnsarg (1802) aus dem gleichen heute nicht mehr existierenden innerstädtischen Gotteshaus. In Einzelteile zerfallen war das Damenkleid aus dem 17.Jahrhundert, das sich in einem Grab der abgebrochenen Sophienkirche befand. Es ist ein Gewand aus Seidensamt und kleidete eine etwa 1,50 Meter große Dame, wie der Erläuterung zum Exponat zu entnehmen ist. Es verwundert eigentlich nicht, einen derartigen Fund in der Sophienkirche aufzufinden, da die Kirche bis 1802 Begräbnisstätte des Adels und der reichen Dresdner Bürger war.

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Noch ein spektakuläres Ereignis rankt sich um die Sophienkirche: der größte Kunstdiebstahl der DDR. Am 20. September 1977, so lesen Besucher, entwendeten Diebe am helllichten Tag aus einer Panzerglasvitrine 57 Schmuckgegenstände, die im Museum für Geschichte der Stadt verwahrt wurden. Unter dem Diebesgut waren auch 15 kostbare Anhänger aus der Zeit zwischen 1590 und 1877. Es dauerte bis 1986, ehe nach vergeblicher Ermittlungsarbeit auch durch die Stasi – einige tausend Personen waren überprüft worden – einige Kostbarkeiten in Hamburg und Oslo wieder auftauchten.

Dresdner Ansichten

Schauen wir durch einige Guckkästen, so sehen wir Dresden im Jahr 1679 und um 1800. Dank einer Live-Cam können wir als Museumsbesucher außerdem einen Blick auf das aktuelle Geschehen der Stadt werfen. Wie der Altmarkt während der Beschießung am 19.Juli 1760 aussah, wissen wir dank eines Gemäldes von Johann Christoph Jünger. 15 Radierungen von Canaletto, die in Überblendungen gezeigt werden, bilden Dresden in den Jahren 1747 bis 1766 ab. Romantisch-verklärt hingegen hat Johann Christian Klengel um 1800 den Loschwitzgrund gemalt.

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Karl Groß: Dresdenia – Brunnenfigur für das
neue Rathaus, Villeroy&Boch, 1910

Die inszenierte Residenz

Unter diesem Stichwort widmet sich die Schau dem barocken Werden der Stadt an der Elbe. Symbol für das Fürstliche der Stadt ist unter anderem die von Christian I. gestiftete Kette des Ordens der Goldenen Gesellschaft in Sachsen. Untrennbar mit Dresden verbunden ist die absolutistische Herrschaft von August dem Starken, dessen Porträt von Louis de Silvestre in der Schau zu sehen ist. Auch Heinrich Göding d.Ä. hat sich mit Kurfürst August beschäftigt und ihn in einem Wettkampfbild verewigt.

Worte und Waffen

Dass Worte zu Waffen werden, das wissen wir seit der Reformation, als Luther gegen den katholischen Klerus wetterte. Ein besonderes Ausstellungsstück in diesem Ausstellungsbereich ist die Kanzel aus der Bartholomäuskirche vor dem Wilsdruffer Tor aus der Zeit um 1570. Aus Holz und Papierflasen gearbeitet, sehen wir auf dem Kanzelkorpus die Porträts Martin Luthers und Johann Friedrich des Gutmütigen sowie eine Kreuzigungsgruppe. Selbstverständlich sind auch Waffen in der Schau zu finden. Ergänzend können wir dank einer Hörstation dem von Hofkapellmeister Heinrich Schütz komponierten Chorgesang „Gib unsern Fürsten“ und „Verleih uns Frieden“ lauschen und dem Streit zwischen Luther und Georg dem Bärtigen, Herzog von Sachsen, akustisch beiwohnen.

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Klare Losung: Proletarischer Haussegen,
handbesticktes Wandbild um 1895

Fortschritt, Nation, Freiheit …

Mit Siebenmeilenstiefeln eilen wir weiter durch die Stadtgeschichte und befassen uns nachfolgend mit Dresden im 19.Jahrhundert. Stichworte wie Fortschritt, Freiheit, Nation und Sozialismus begleiten uns bei dieser Zeitreise. Ein bronzenes Rundschild von 1873 mit der allegorischen Darstellung des Deutsch-Französischen Krieges und der Reichsgründung ist eines der Leitexponate, denen wir in diesem Ausstellungsteil begegnen. Für den Fortschritt steht eine Reisetasche mit gesticktem Eisenbahnmotiv aus der Zeit um 1860 und für das Thema Nation die Verfassungsurkunde des Königreichs Sachsen von 1831. Auf einem Ölgemälde entdecken wir den Eisernen Kanzler bei einem Dresdenbesuch. Max Peitschmann ist dieses Ölgemälde mit dem „Fackelzug der 15000“ auf dem Theaterplatz zu verdanken. Wie es um Sachsens Glanz und Gloria um 1890 bestellt war, zeigt die bildliche Darstellung des Festzugs aus Anlass des 800.Jubiläums der Herrschaft der Wettiner. 63 Festwagen und 840 Berittene nahmen neben Hunderten von Fußgängern an diesem Spektakel bei. Die Sattler- und die Malerinnungen waren ebenso auf dem Festzug vertreten wie die Mitglieder des 1.Vereins der Gast- und Schankwirte der Stadt.

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Porzellan aus Dresden

Lebenswelten

Was eine fünfköpfige Familie mit drei Kindern und Schlafgängern zum Leben besaß, wenn der Vater als Malergehilfe schuftete, wird in der Schau ebenso vorgestellt wie die Frage der Mietschulden und den Wertsachen, die eine solche Familie ihr eigen nannte: eine Taschenuhr, die Eheringe, einen Anzug und ein Kleid. Außerdem begegnen die Besucher einem Paar mit sieben Kindern und einem Zigarettenpapierschneider mit seiner Frau und einem Kind. Im Vergleich der Verdienste dieser Familien tauchen wir ein in die Klassenunterschiede im 19.Jahrhundert.

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Strohhutnähmaschine „Dresdenia“ der 1863 gegründeten
Nähmaschinenfabrik M.Grossmann

Befreiungskrieg und Revolution

Zeitgenossen berichten vom Befreiungskrieg – dank sei der Hörstation. Zu hören sind Ausschnitte aus dem Tagebuch von E.T.A. Hoffmann und die Erinnerungen von Ludwig Richter vom Besuch des Schlachtfeldes im November 1813. Aufgrund von Augenzeugenberichten werden außerdem die Ereignisse der Märzrevolution von 1848 nachvollziehbar. Man ist gleichsam beim Zuzug der Verbände von Milizen, beim Bau der Barrikaden an der Schlossgasse und anderswo dabei, sieht das alte Opernhaus um 4 Uhr in Flammen aufgehen, meint den Geschosshagel an der Brühlschen Terrasse hautnah zu erleben. Auch der berühmte Komponist und zeitweilig in Dresden lebende Richard Wagner erinnerte sich an die bewegten Tage der Revolution. Schwülstig sind dessen Worte: „Ja wir erkennen die alte Welt, sie geht in Trümmer … Die ehrbare Göttin Revolution, das here Haupt von Blitzen umstrahlt, das Schwert in der Rechten … sie kommt dahergebraust … und rüttelt an allem von Menschen Gefügtem …“. Dass die Gleichberechtigung der Juden in jener Zeit errungen wurde, ist die eine Seite der Medaille, die andere ein unverhohlener Antisemitismus in bürgerlichen Kreisen. Der Hofprediger Christoph Friedrich von Ammon tat sich in Sachen Judenhass besonders hervor.

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Dresdner Verführungen

Made in Dresden

Dresden war nicht nur über Jahrhunderte in der Malerei präsent, sondern auch im Kunsthandwerk und in der Gebrauchskeramik, betrachtet man eine Tasse (um 1845) mit einer Ansicht der Altstadt und einen Wandteller aus Steingut, der bei Wilhelm Schöller & Söhne hergestellt wurde und gleichfalls die Altstadt zeigt. Derartige Arbeiten gehörten bei Besuchern der Stadt zu den sehr beliebten Souvenirs. Die Figurengruppe „Rosen mit Musik“ aus der Sächsichen Porzellanfabrik Carl Thieme zu Potschappel ist ein weiterer Beweis von Made in Dresden. Dazu zählt außerdem die als Oberstichnähmaschine ausgeführte Strohhutnähmaschine „Dresdenia“ der 1863 gegründeten Nähmaschinenfabrik M.Grossmann. Villeroy&Boch produzierte in Dresden nicht nur das Waschgeschirr „Venedig“, sondern auch andere Designs in Steingut, dem „Porzellan des kleinen Mannes“. Kennen Sie „Hansi-Schokolade-Kakao“ von Rüger? Wenn nein, im Stadtmuseum lernen Sie mehr darüber.

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Liegestuhl aus Dr.Lachmanns Sanatorium auf dem Weißen Hirsch

Dass Dresden am Ende des 19.Jahrhunderts als Kurstadt Furore machte, belegen nicht nur die Flaschen der Minderalwasser-Anstalt von Dr.Struve, sondern auch der Liegestuhl aus Dr.Lachmanns Sanatorium auf dem Weißen Hirsch, die größte der ortsansässigen Naturheilanstalten um die Wende vom 19. zum 20.Jahrhundert.

Dresden im Ersten Weltkrieg und danach

Dem verheerenden Ersten Weltkrieg widmet die Präsentation besondere Aufmerksamkeit. Gleiches gilt auch für den Zweiten Weltkrieg und das Bombardement der Stadt. Stahlhelme mit Einschüssen, aber auch das Fotoalbum einer Dresdner Krankenschwester vermitteln die Schrecken des Kriegs. Fotodokumente wie Georg Beyers „Brennendes Dresden in der Nacht vom 13. zum 14.Februar 1945“ lassen die Vergangenheit wieder auferstehen. Dass der Judenhass in Dresden auch seinen Platz hatte und welchen Verfolgungen Juden unterlagen, wird nicht allein in Bildern, sondern auch in einer historischen Zeitleiste verdeutlicht. Ein Taschenkalender eines Gefangenen aus Theresienstadt gibt Auskunft über den elenden Alltag, der zumeist im Tod mündete.

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Der Judenstern: Kennzeichen der Aussonderung während der NS-Diktatur

In das Kriegsfotoalbum des Unteroffiziers kann der Besucher ebenso schauen wie auf Walter Hahns Aufnahme von der Einäscherung der Leichen auf dem Altmarkt am 25.Februar 1945. Hans Schröter schildert die Tage nach dem Bombenangriff und äußert in einem Schreiben an eine Bekannte dezidierte Selbstmordgedanken. Doch dazu fehlte ihm, wie er eingestand, das Opium. Sehenswerte Exponate sind unter anderem ein Opernglas aus der Villa Antonstraße/Ecke Albertplatz, das sich aufgrund der Hitze des Feuersturms verformt hat.

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Gutes Design aus Dresden-Hellerau

Doch neben diesen Abgründen der Geschichte gibt es auch andere Momente der Dresdner Geschichte. So werden Besucher in die Dresdner Werkstätten nach Hellerau entführt, wo der „Gute Geschmack“ zuhause war. Zu sehen ist ein inszeniertes Wohn-Esszimmer mit Geschirrschrank, Ausziehtisch und Stühlen, die um 1932 gefertigt wurden.

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DDR-Teenies ins Bild gerückt – Punker oder was ...

Auferstanden aus Ruinen

Die letzten vier Jahrzehnte der DDR bis zur Wende werden im abschließenden Teil der Schau beleuchtet. Parolen wie „Der Sozialismus wird siegen“ stehen neben Schwarz-Weiß-Aufnahmen von jugendlicher Subkultur. In einem Foto sieht man außerdem einen Mann auf dem Altmarkt stehen, der einen Trabant-Kombi sucht und eine Dixie-Karte bietet. Ob er erfolgreich war?

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Gesundheitsschädlich und daher nicht weiter produziert: die Vibrette

Errungenschaften wie das Schallwaschgerät „Vibrette“ aus dem VEB Transformatoren- und Röntgenwerk Dresden haben in der Schau ihren Platz. Doch Erfolg war diesem Gerät nicht vergönnt. Möbel aus Hellerau in einer Vierraumwohnung vom Typ WBS 70 können wir im Modell in Augenschein nehmen und einen Eindruck vom privaten Alltag in der DDR gewinnen. Erfinderisch war auch die Designerin eines Regencapes, das 1988 aus Milchtütenbahnen entstand und als Einstieg in den Beruf als Gebrauchsweberin diente – auch dies eine kaum bekannte Seite der Dresdner Geschichte. Nicht nur das Plakat „Erich Honecker hinter Gitterstäben“ (1989) erinnert an die Wendezeit, sondern auch andere Bild- und Textdokumente, darunter die Mitteilung der Gruppe der 20 vom 19.Oktober 1989. (text/fotos fdp)

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Übermaltes Honecker-Porträt aus der Wendezeit

Weitere Informationen

Stadtmuseum
Wilsdruffer Str. 2
01067 Dresden
Besuchereingang: Landhausstraße
Tel.: 0351/5649631
Öffnungszeiten
Di - Do und Sa / So 10 - 18 Uhr, Fr 10 bis 19 Uhr (Freitags, außer Feiertags ab 12 Uhr: Eintritt frei)

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