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Dresden
Verkehrsmuseum

• Muldenthalbahn und andere Oldtimer
laufend
text: ferdinand dupuis-panther

Wer das Johanneum betritt, taucht in eine andere Welt ein. Nicht jeder kennt die hier ausgestellten Oldtimer, die fast ausschließlich im Osten Deutschlands und in Osteuropa produziert wurden wie der erste fahrbereite Wagen der Wanderer-Werke. Doch auch der Daimler-Petroleum Reitwagen aus Cannstatt-Untertürkheim hat seinen Weg nach Dresden gefunden.


Blick in die Kraftfahrzeugausstellung im Lichthof
Martina Richter, Verkehrsmuseum Dresden

Vom Wanderer Nr. 2 und anderen fahrbaren Untersätzen
Bestiegen wir den Daimler-Petroleum-Reitwagen, so könnten wir mit bis zu 12 km/h durch die Altstadt Dresdens kutschieren. Erprobt wurde dieses erste Motorrad der Welt im November 1855, und das mit Erfolg. Neben diesem Methusalem aus der Daimler-Schmiede erblicken wir den Wanderer Nr. 2, der fahrbereit erscheint, wenn auch die Bremsen festgestellt sind. Mit diesem Gefährt wären wir ein wenig schneller unterwegs und könnten uns zu den hippsten Kneipen der Neustadt aufmachen. Allerdings sollten wir, um den Verkehr nicht aufzuhalten, die Höchstgeschwindigkeit dieses Gefährts von 40 km/h schon erreichen. Neben diesen Oldtimern erblicken wir die Porträts der Pioniere des Automobilbaus wie Gottlieb Daimler, Nikolaus August Otto und August Horch, deren Biografien kurz zusammengefasst dem Besucher präsentiert werden.

Die wenigsten Oldtimer-Freaks aus dem Westen unseres Landes werden den Saporoshez SAS 865A kennen. Dieser hellgrün gespritzte, luftgekühlte Wagen erreichte in den 1960er Jahre stattliche 100 km/h und wurde auch in die DDR verkauft. Man musste also nicht Trabbi und Wartburg fahren. Für den Import durfte man 7530 Mark der DDR auf den Tisch legen, hatte allerdings den Vorteil nicht jahrelang auf einen fahrbaren Untersatz warten zu müssen. Doch viele DDR-Bürger warteten lieber auf ihren Leukoplast-Bomber. Dass es auch beim Trabbi Luxus gab, unterstreicht der cremefarbige Trabant P60 Kombi de Luxe mit sage und schreibe 20 PS, der ab März 1960 auf seine Käufer wartete. Doch eher warteten wohl die Käufer auf die Auslieferung des Gefährts. Fast 10 000 Mark der DDR musste man schon angespart haben, wollte man sich in diese »Luxus-Rennkartoffel« setzen und über die Autobahn tuckern. Recht schnittig sieht der Wartburg 355 Coupé aus, der es auf 130 km/h brachte und erstmals 1968/9 gebaut wurde.

Wer glaubt, dass es in der DDR keine Antwort auf den »Silberpfeil« gab, der irrt Wenn auch nur für kurze Zeit produzierte man den AWE Rennsportwagen Klasse F – und natürlich war diese »Rennflunder« metallic-silber. Mit 235 km/h raste dieses Gefährt über die Rennpiste. Die Technik dieses Rennwagens basierte übrigens auf der des BMW 328.


Blick in die Eisenbahnausstellung im Erdgeschoss, Fotograf
Rainer R. Vetter, Verkehrsmuseum Dresden

Versuche mit der Höchstgeschwindigkeit
Die Abteilung des Museums, die sich mit der Geschichte der Eisenbahn befasst, beschäftigt sich nicht nur mit der Einbindung der Deutschen Reichsbahn in die Kriegspolitik des III. Reiches, sondern auch mit den Verlusten, die die Reparationsleistungen an die UdSSR nach 1945 für die Reichsbahn bedeuteten. Der Torso der E 5042 ist ein Beispiel für den Transfer von Industriegütern aus der DDR an die UdSSR. Erst 1952 gelangten die nach Russland geschafften Eisenbahntriebfahrzeuge wieder in die DDR, taten teilweise noch drei Jahre ihren Dienst, ehe sie ausgemustert wurden. Erinnert wird auch an die ersten Versuche mit der Versuchslok von Siemens&Halske, die auf der Drehstrom-Versuchsstrecke zwischen Groß-Lichterfelde und Zehlendorf getestet wurde. Umgestaltet tat die Lok in einem Zementwerk in Bad Berka bis 1972 ihren Dienst. Fragmentarisch ist auch die SVT 137155 erhalten. Sie sollte den Schienenverkehr revolutionieren. Seit 1928 experimentierte man mit diesem Schnelltriebwagen. Am 23. Juni 1938 erreichte man auf der Strecke Hamburg-Berlin eine Geschwindigkeit von 215 km/h – die heutigen ICE auf der Strecke sind teilweise auch nicht schneller. Weitere Probefahrten folgten, ehe ein Achsenbruch das Ende der Testserie einläutete. Ein Jahr nach der ersten Fahrt entschloss man sich zum Ende der Erprobung.


Das Triebdrehgestell des Schnelltriebwagens SVT 137 155 Bauart Kruckenberg,
Fotograf Rainer R. Vetter, Verkehrsmuseum Dresden

Die älteste Lok und ein Hofsalonwagen
Neben den Originalfahrzeugen und Modellen widmen sich Texttafeln Themen wie Elektrifizierung des Schienennetzes, Traktionsumstellung und Städteschnellverkehr. Im Oktober 1960 entschloss sich die DR, auf Strecken wie Berlin-Dresden den Schnellverkehr aufzunehmen. Die eingesetzten Züge erhielten klangvolle Namen wie »Elbflorenz« (Dresden-Berlin) oder »Petermännchen« (Schwerin-Berlin) oder »Neptun« (Berlin-Kopenhagen).

In Dresden finden Besucher die älteste erhaltene Lok Deutschlands, die Lok »Muldenthal«, die 1955 im Reichsbahnausbesserungswerk Einheit in Leipzig für das Museum aufgearbeitet wurde. Wie man im 19. Jahrhundert als Adlige standesgemäß reiste, kann man erahnen, wenn man einen Blick in den Hofsalonwagen 447 wirft, der für die Schwester von Friedrich August III. bestimmt war. Neben Salon und Schlafzimmer musste die blaublütige Dame auch auf Waschgelegenheit und Toilette nicht verzichten. Noch ist die Originaleinrichtung dieses Salonwagens nicht komplett, aber das ist nur eine Frage der Zeit.

Der Fliegende Hamburger
Meilenstein in der Eisenbahngeschichte und in der Geschichte der Deutschen Reichsbahn war der Einsatz des »Fliegenden Hamburgers«, der 138 Minuten für die Strecke Lehrter Bahnhof (heute Hauptbahnhof Berlin) und Hamburger Hauptbahnhof benötigte. Man möge in die heutigen Fahrpläne der DB schauen und staunen, welche Leistung am 15. Mai 1933 erzielt wurde.

Die Deutsche Reichsbahn, Teil des Systems
Bereits im Polenfeldzug 1938, so kann man nachlesen, wurde die Reichsbahn in die Mobilmachung eingespannt, Parole war »Erst siegen, dann reisen«. Und man schaffte nicht nur Truppen an die Front, sondern transportierte wie im Herbst 1941 in offenen Güterwagen auch russische Kriegsgefangene, wie man auf einer der ausgestellten Schwarz-Weiß-Aufnahmen sehen kann. 3. Mio. Menschen wurden zwischen 1941 und 1945 mithilfe der Reichsbahn in die Vernichtungslager gebracht. In die Waggons pferchte man bis zu 120 Menschen, die ohne Heizung, WC und Verpflegung waren.

Als der Krieg verloren war, ließ sich einer der Sieger den Fuhrpark der DR aushändigen. Zwischen 1945 und 1947 wurden 1200 Triebfahrzeuge und 990 Dampfloks als Reparationszahlung in die UdSSR transportiert.

Auf luftigem Oberdeck, mit Pferdeantrieb und mit Oberleitung
An der blauen Zapfsäule parkt das in Eisenach 1952 gebaute Taxi EMW 340-2, das Lenkradschaltung besitzt. Nebenan wartet an der Rufsäule ein 1934 gebauter Mercedes 200. Die meisten Menschen nutzten aber nicht das Taxi, um in der Stadt von A nach B zu kommen, sondern die Straßenbahn wie die Tram 1702, die nach Coschütz unterwegs war. Verwaist ist die im Museum inszenierte Haltestelle, an der die 1, 2, 3, 12 und 14 einst verkehrten. Die 1702, auch Großer Hecht genannt und von der Dresdner Straßenbahn AG eingesetzt, war letztmals am 8. Mai 1972 in Dresden unterwegs. Ob alle 112 Plätze belegt waren, als das Ende einer Dienstfahrt begann? Neben der hellgelben 1702 besitzt das Museum auch die älteste im Original erhaltene Tram der DDR, den Triebwagen 64 der Leipziger Elektrischen Straßenbahn. Manch ein Fahrgast hat sicherlich die Fahrt auf der zugigen, mit einer Kette gesicherten offenen Freiplattform verbracht. Ein Unikum ist die Drahtseilbahn Loschwitz-Weißer Hirsch, die im Oktober 1895 ihre Jungfernfahrt unternahm. Ehe man die Strecken der Tram elektrifizierte, musste man in der Pferdeeisenbahn und –tram Platz nehmen. Ausgestellt ist die Berliner Pferdeeisenbahn, die zwischen Görlitzer Bahnhof und Friedrichstraße pendelte. Auffällig ist ihre Lackierung mit zitronengelben Feldern, die mit orangen Rändern eingefasst sind.

Im weiteren widmet man sich dem Einsatz von Obus und Akkumulatorbus, von U-Bahnen und dem Erdgasbus mit Hänger, ganz zu schweigen vom Ikarus 556, der aus dem Straßenbild der DDR nicht wegzudenken war.

Die Füße lösen sich vom Boden
Schließlich sei auch auf die Geschichte des Zweirades eingegangen, die im Museum ihren angemessenen Platz gefunden hat. Man kann sich heute kaum vorstellen auf ein 1888 produzierten Hochrad zu steigen und loszuradeln. Welches Fahrgefühl man wohl auf dem Mehrspurrad Eureka hat, fragt sich der eine oder andere Besucher gewiss. Flott war man mit dem Motorrad Republic (1899) unterwegs, das bei der ältesten Zweiradfabrik der österreichisch-ungarischen Monarchie produziert wurde. Lang gestreckt ist das 1927 gebaute Motorrad Böhmerland-Langtourenmodell in Creme und Rot. Drei Personen konnten auf ihm Platz nehmen und mit bis zu 115 km/h über die Landstraßen brausen. Man entdeckt in der Sammlung der Zweiräder auch den Motorroller Cezeta 175 (CSSR) und das Rad Wanderer 15 mit Federersatzbereifung, das 1909 in Chemnitz entwickelt wurde. Wissenswertes erfährt man zur Geschichte des Radsports und der Radsportvereine, darf in eine Zweiradwerkstatt blicken, wie sie 1920 bis 1930 betrieben wurde, und möchte allzu gerne mal auf der MZ ES 175/1 eine Runde drehen.

Wer an Luftfahrt und Schiffbau interessiert ist, der sollte seinen Rundgang in diesen beiden Abteilungen beschließen. Doch vermutlich haben die meisten ihren Narren an den Oldtimern auf zwei und vier Rädern gefressen.

Verkehrsmuseum Dresden gGmbH
www.verkehrsmuseum-dresden.de/

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