Text und Fotos: Ferdinand Dupuis-Panther
Lüneburg war einmal eine wichtige Hansestadt mit Jahrhunderte langer Brautradition. Geblieben sind aus dieser Zeit die schmucken gotischen Backsteingiebel und zwei traditionelle Hausbrauereien. Was sich am Rande der Heide kulinarisch sonst noch tut, verraten wir in unserem Bericht, der auch einige salzige Aspekte nicht auslässt.
Blick auf die St. Michaelis-Kirche, die am Rande eines durch Solgewinnung verursachten Senkungsgebiet liegt
Wer sich der Lüneburger Altstadt nähert, sieht sie schon von weitem: St. Johannis, St. Nikolai und St. Michaelis recken ihre Helme keck in den Himmel. Neben diesen drei Hauptkirchen, die aus tiefrotem Backstein errichtet wurden, sind es vor allem die Backsteinhäuser mit und ohne Treppengiebel, die das Stadtbild prägen. Manche von ihnen neigen sich ein wenig; es scheint, als lehnten sie sich sacht über die Passanten, die an ihnen vorübergehen.
Gotische Giebel links und rechts der platzartig erweiterten Straße Am Sande
Hier und da sieht man backsteinernes „Tauwerk“ als Zierrat der Fassaden, bisweilen kann man auch Bilderwelten aus Terrakotta entdecken: Mal starrt ein bärtiger Herr den Vorbeieilenden nach, mal schaut man Samson im Kampf mit dem Löwen zu.
Giebelhaus mit schmucken, schwarz lasierten Ziegeln: Hier wurde einst edler Gerstensaft gebraut
Eine Wildsau hat das Salz entdeckt
Lenken wir unseren Schritt in die Heiliggeiststraße, so stoßen wir auf die legendäre „Lüneburger Wildsau“, der die Stadt die Entdeckung des Salzes verdankt. Nein, hier läuft keine wilde Sau über das Kopfsteinpflaster, sondern vor dem Kronen-Brauhaus steht als Blickfang eine mit einem Lüneburger Straßenbild bemalte „Sau“.
Vor Jahrhunderten, so die Legende, stellten Jäger in der Ilmenauniederung einer Wildsau nach, die sich dort nach Herzenslust suhlte und sich anschließend in die warme Sonne legte. Von Ferne beobachteten die Jäger das Tier und sahen, dass sich auf den dunklen Borsten eine weiße Kruste bildete. Flugs erlegten sie die Sau, wollten sie doch wissen, was es mit der Kruste auf sich hätte. Nachdem sie festgestellt hatten, dass sich Salz in den Borsten abgesetzt hatte, gruben sie in der Suhle, bis sie an die Salzquelle gelangten. Dies war die Geburtsstunde der Lüneburger Saline, die in dem Städtchen zur Zeit der Hanse für Wohlstand und Reichtum sorgte. An die sagenumwobene Salzsau erinnert bis heute ein Schinkenknochen, der im Lüneburger Rathaus besichtigt werden kann.
Salz auf unserer Zunge
Wer wissen will, was es mit der Lüneburger Sole auf sich hat, der sollte das Deutsche Salzmuseum besuchen, das in einem Teil der Lüneburger Saline untergebracht ist, die 1980 ihre Tore schloss. Sole mit einem Salzgehalt von 26 Prozent rinnt dort über eine Wand.
Vor dem Deutschen Salzmuseum
Neben dem Haupthaus, in dem sich auch eine der 160 Quadratmeter großen Siedepfannen befindet, dank derer man im zwanzigsten Jahrhundert Salz gewonnen hat, kann man das Brunnenhaus, einen Solebehälter, den Eselstall und ein Siedehäuschen entdecken, in dem gezeigt wird, wie im Mittelalter in Bleipfannen Salz gesiedet wurde. Im späten dreizehnten Jahrhundert arbeiteten 400 Menschen in 54 Siedehäusern und produzierten 30 000 Tonnen Salz pro Jahr. Erst der Handel mit Meersalz aus dem Mittelmeerraum beendete den „Höhenflug“ der Salzstadt Lüneburg.
Ein Blick auf einen historischen Solebehälter auf dem Gelände der ehemaligen Lüneburger Saline
Im Museum werden Themen wie „Salz auf unserer Zunge“ sowie die „Bedeutung des Salzes“ angesprochen. Dass Salz in allerlei Industrieprodukten vorkommt, wird ebenso gezeigt wie die Funktion des Salzes für das Konservieren von Fisch, Fleisch und Eiern. Ein nachgebauter Stollengang erlaubt es dem Besucher, einen „Fahrtknecht“ an der Solequelle zu treffen und nachzuvollziehen, wie die Sole im Mittelalter gehoben wurde.
Fahrtknechte kontrollieren die Güte der Sole – eine Inszenierung im Deutschen Salzmuseum
Aktiv lässt sich das Salz in der Salztherme genießen. Neben den üblichen Annehmlichkeiten einer Saunalandschaft entspannt man dort im Floatarium, einer Riesenmuschel, die mit 26-prozentigem Lüneburger Salzwasser gefüllt ist. Wie im Toten Meer treibt man gleichsam schwerelos dahin, während man in den „Sternenhimmel“ der geschlossenen Muschelschale schaut und bei Gitarren- und Harfenklängen seinen Träumen nachgeht. Und wer das „Salz-Paket“ bucht, der kann nicht nur Therme, Saunawelt und Floatarium nutzen, sondern kommt obendrein in den Genuss einer fünfzehnminütigen Salzmassage.
Der Lüneburger Schweinetopf
Die Salzkur macht hungrig, schauen wir uns also ein wenig in den Restaurants der Stadt um. Efeubehangen ist das Lokal „Zum Roten Tore“, das sich auf regionale Küche spezialisiert hat. Je nach Saison gibt es Stint mit gebratenem Specksalat, Spargelspezialitäten oder Matjesgerichte, Heidschnucke zur Heideblüte im August und zu Weihnachten Gänse- und Wildschweinbraten. Kulinarische Besonderheit ist der Lüneburger Schweinetopf der in einem „Schweine-Tontopf“ zubereitet wird. Dabei wird ein Kochtopf verwendet, der in seiner Form bereits vor vier Jahrhunderten in Lüneburg benutzt wurde. Bei Ausgrabungen wurde ein derartiges vierfüßiges Gefäß gefunden, das in seiner Form einem kleinen Schwein ähnelt.
Stilecht und rustikal wird hier mit Holzlöffel gegessen: Steinpilze, Möhren, Zwiebel und Wildsau ergeben einen leckeren Eintopf, zu dem man sich ein Schlückchen Met oder ein Helles munden lässt. Als „Nachtisch“ bekommt man zum Schweinetopf noch eine Eintrittskarte für das Museum des Fürstentums Lüneburg und kann an einer Führung durch das Haus teilnehmen. Dabei entdeckt man dann auch den historischen Schweinetopf.
„Brauerkumpaney“ unter Eichenbalken
Über dem Eingang des Kronen-Brauhauses, das eigentlich ein Ensemble aus vier Backsteinhäusern ist, hängt als Hauszeichen eine goldene, von aufrecht stehenden Löwen flankierte Krone, an der Fassade eine goldene Krone im eisernen Hopfenkranz - ein Wegweiser zum Bier.
Schon von weitem auszumachen: Hier ist das Kronenbrauhaus
Das Innere des Gasthauses ist rustikal ausgestattet. Dieses Ambiente passt zur deftigen Küche, auf die man sich hier versteht: Man hat die Wahl zwischen Wildschweinbraten in Wacholderrahmsauce, hausgemachter Sülze mit Bratkartoffeln oder Lüneburger Pfannschlag, einer einheimischen Spezialität aus Grützwurst mit Speck, Zwiebeln und Bratkartoffeln. Selbstverständlich wurde auch an Vegetarier und Gäste mit kleinem Appetit gedacht, so dass man zwischen gebackenem Camembert mit Preiselbeeren, Gnocchi mit Gorgonzolasauce oder Fingerfood wählen kann. Die kleinen Gäste haben ihre Käptn-Blaubär-Speisekarte mit „Strohgestöber“ oder „Hexen-Spätzle“.
Besonders prächtig ist die Sülfmeister-Stube gestaltet, in die man auf jeden Fall einen Blick werfen sollte. Sie ist mit prächtigen, an Wandteppiche erinnernden Gemälden ausgestattet, welche die Geschichte Josephs zeigen. Nicht minder beeindruckend ist die Kronen-Diele, wo jeden Monat die „Brauerkumpaney zu Lüneburg“ stattfindet. An langen Tafeln wird bei einem derartigen Spektakel von Marketenderinnen ein mittelalterliches Mahl serviert. Kaum einer hat dann bei Vinschgauer Sauerteigbrot mit Griebenschmalz, Zwiebelkuchen, Pastinakensuppe und geräucherter Schweinerippe mit getrockneten Pflaumen einen Blick für die prächtigen Deckenmalereien aus der Renaissance, die üppig dekorierte Barocktreppe oder die schmucken Buntglasfenster. Gerstensaft, Claret, Apfelmost und Quellwasser befeuchten trockene Kehlen; Musikanten sorgen für Trink- und Bänkellieder.
Die barocke Treppe in der Festdiele des Kronenbrauhauses
Man braue gute, starke Biere!
Im „Hinterhof“ des Kronen-Brauhauses steht noch das alte Sudhaus der Kronenbrauerei, in dem sich heute ein Brauereimuseum befindet. Auf mehreren Etagen kann man dank der anschaulichen Inszenierung den Brauprozess vom Reinigen und Mahlen des Malzes bis zur Bierwürze nachvollziehen.
Kein Zweifel hier erfährt man alles über’s Brauen
Unser Rundgang beginnt auf dem Malzboden mit der dort installierten Malzreinigungsmaschine. Dampfkraft trieb sie bis 1962 ebenso an wie die Malzmühle, die sich im Geschoss unter dem Malzboden befindet. Gehen wir weiter nach unten, so kommen wir an allerlei historischen Geräten vorbei, darunter auch Werkzeugen des Fassmachers sowie einer Malzwaage und einer Malzschaufel. In den beiden Untergeschossen fand das eigentliche Brauen in kupfernen Kesseln statt, im Maischbottich, in dem sich Malzkörner in Malzzucker umwandeln, und in der Würzepfanne, in der unter Zugabe von Hopfen die Würze gekocht wurde.
Ohne Maischkessel gibt’s kein Helles oder Dunkles
Wie das Kronen-Brauhaus ist das alte Sudhaus eines der historischen Zeugnisse der Brautradition in Lüneburg, die 1485 begann, als ein gewisser Thomas Lampe eine Bierdynastie begründete. Fast vergessen ist, dass es im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert gar 80 Brauereien in der Stadt gab. Heute existieren noch zwei Hausbrauereien, darunter unweit vom Kronenbrauhaus das „Mälzer Brau- und Tafelhaus“ in der Heiliggeiststraße, wo sich bereits 1540 eine Braustätte befand. Dass auch die Herrscher regen Anteil an der Lüneburger Brautradition nahmen, belegt eine Verordnung von König Georg III. von Großbritannien und Hannover aus dem Jahre 1776: “Es ist mein Begehr, dass in den Landstädten auch gute starke Biere gebrauet werden.“ Das hat man sich am Rande der Heide zu Herzen genommen.
Suchen bei schwarzaufweiss
Reiseveranstalter Deutschland bei schwarzaufweiss
In zartem Rosa strahlen die Blüten des Weinbergpfirsichbaums schon von den steilen Hängen an der Mosel, während die Reben noch nackt und kahl auf ihr Coming-out warten müssen.
Mehr lesen ...
Die nördlichste Stadt Italiens wird Regensburg auch genannt, mutet sie doch mit ihren protzigen Geschlechtertürmen, den meisten nördlich der Alpen, versteckt liegenden Hinterhöfen und gewundenem, mittelalterlichem Gassengewirr an wie das toskanische Lucca. Bella Italia im Castra Regina der Oberpfalz? Un espresso, per favore!
Mehr lesen ...
Zwischen Steyr und Enns erstreckt sich die Industrie- und Arbeiterstadt Steyr. Nicht nur auf der Fabrikinsel lag einst eine Fabrik neben der anderen, sondern auch längs der Steyr. Aber wir sind vor allem in Steyr, um zu schauen, ob auch ausgewiesene Süßmäuler beim Besuch an Enns und Steyr auf ihre Kosten kommen.
Mehr lesen ...
Im alten Hafen von Marseille begann nicht nur die Geschichte der Stadt, sondern auch die seines Traditionsgerichtes: der weltbekannten Marseiller Bouillabaisse. Noch bis vor zehn Jahren galt das Hafenviertel als düsteres und unsicheres Viertel. Heute gerät die Gegend rund um den alten Hafen immer mehr in den Fokus von Touristen. Neben Hotels, Cafés und Souvenirläden gibt es hier am Vieux Port auch jede Menge Fisch-Restaurants. Auf bunten Tafeln bieten diese vor allem die Spezialität ihrer Stadt an: die Marseiller Bouillabaisse. Und für ihre Zubereitung gehören ganz bestimmte Fische in den Topf.
Mehr lesen ...