REIHE UNTERWEGS

Gemälzt und Gehopft - zu Besuch in der Ricklinger Landbrauerei

Text und Fotos: Ferdinand Dupuis-Panther

Rickling ist ein winziger Flecken zwischen Bad Segeberg und Neumünster und doch versteht man sich hier auf das Brauen von Gerstensaft mit ganz eigenen Geschmacksnoten. Markenzeichen der Landhausbrauerei von Udo und Kerstin Lämmer ist die mit einem schmalen farbigen Streifen beklebte Bügelflasche, in die Porter, Stout oder Pils abgefüllt werden.

Markenzeichen der Ricklinger Landbrauerei sind die schmalen, vertikal aufgeklebten Etiketten

Markenzeichen der Ricklinger Landbrauerei sind die schmalen, vertikal aufgeklebten Etiketten

„Die kleinste Gasthausbrauerei mit den meisten selbst gebrauten Bieren“ - so wirbt die Ricklinger Landbrauerei für sich und ihre sehr vollmundig schmeckenden Biere. Gebraut werden je nach Wetter zwischen 500 und 700 Hektoliter im Jahr. Unbehandelte, unfiltrierte Biere mit Geschmacksvielfalt sind es, für die der Braumeister Udo Lämmer in seinem Sudhaus den Sud ansetzt. Wer bei den Lämmers, Udos Ehefrau Kerstin führt den Betrieb, zu Gast ist, der kann sein Bier vom Fass auch im Fass genießen, denn ausgediente Fässer wurden für die gemütliche Bierrunde zu zweit umgestaltet. Für den kleinen und auch den großen Hunger ist im Gasthaus auch gesorgt: Schinken- und Mettwurstbrot stehen ebenso auf der Speisekarte wie Harzer mit „Musik“ oder Wiener Würstchen mit Kartoffelsalat. Aus der Küche des Hauses kommen aber auch Strammer Max und Sauerfleisch. Bei meinem Treffen mit Kerstin Lämmer fragte ich sie, wie denn eigentlich alles begonnen habe. Die Antwort überraschte: „Wir haben bei uns in der Garage mit dem Brauen angefangen, mehr als Hobby und Spaß an der Freude. Mein Mann war damals in einer Brauerei tätig. Als er merkte, dass das Geschäft wohl nicht mehr lange läuft, hatte er entschieden, er wolle sich selbstständig machen. Seit mehr als 15 Jahren gibt es uns nun in Rickling.“

Kerstin Lämmer präsentiert stolz die Biere ihrer Landhausbrauerei

Kerstin Lämmer präsentiert stolz die Biere ihrer Landhausbrauerei

Kräftige Hopfennote oder...

Wer zu dem durchaus deftigen Essen ein Bier trinken möchte, hat in Rickling wirklich die Qual der Wahl. So klein auch die Brauerei sein mag, so mannigfach sind die Geschmacksrichtungen der Biere. Angefangen haben die Eheleute Lämmer, so Kerstin Lämmer, mit Pils und Dunkel, Maibock und Weihnachtsbock. „Das waren die typischen Biersorten, die eben jede Brauerei hat. Nachdem wir dann gebaut und die Kapazität der Tanks erweitert hatten, haben wir dann Spezialitäten wie Stout und Rauchbock gebraut. Mein Mann probiert auch immer sehr gerne.“

Wenn man eher eine kräftige Hopfennote mag, dann trinkt man am Besten ein Ricklinger Vollbier Pils, das eine goldgelbe Farbe hat. Da das Bier nicht filtriert wird, besitzt es - hervorgerufen von der noch im Bier vorhandenen Hefe - eine leichte Trübung. Der Alkoholgehalt entspricht mit 4,9 % vol. alc. den gängigen Pilsbieren. Volles Malzaroma und leichte Bitternote - das verspricht der Genuss des Ricklinger Vollbiers Dunkel. Wie es sich für ein Dunkelbier gehört, ist die Färbung auch „malzdunkel“.

Ein Blick auf die Farbe im Glas - das gehört zu jeder Bierprobe

Ein Blick auf die Farbe im Glas - das gehört zu jeder Bierprobe

Nur zu bestimmten Zeiten

Während Pils und Dunkel ganzjährig gebraut werden, gibt es bei den Lämmers auch saisonal gebraute Biere wie das Ricklinger Märzen. Süffig schmeckt es und liegt bezüglich seines Alkoholgehalts von 5,5 % vol. alc. bereits im oberen Bereich der Vollbiere. Nicht nur in Bayern wird diese Biersorte geschätzt, sondern mehr und mehr auch im hohen Norden. Ende April bzw. Anfang Mai ist der Ricklinger Braumeister mit dem Ansetzen des Suds für den hellen Maibock beschäftigt. „Der Maibock hat einen kleinen herben Touch und ist nicht lieblich. Wir haben ja das Märzen, was eher die Süße hat.“ erfährt man von Kerstin Lämmer. Da nur wenige Sude angesetzt werden, ist dieses Bier im Ricklinger Landbrauhaus nur solange im Ausschank, wie der Vorrat reicht. Der Name „Starkbier“ verrät uns, dass der Alkoholgehalt schon höher als beim Pils sein muss: 6,5 % bis 7,5% vol. alc. sind es. Zu einer ganz anderen Jahreszeit, nämlich im Oktober, beginnt die kurze Saison für ein dunkles Starkbier, für Weihnachtsbock, dessen tiefbraune bis schwarze Färbung den besonders hohen Anteil von dunkel geröstetem Malz verrät. Bis etwa in den Januar hinein kann man sich dieses Bier mit der cremigen Schaumkrone und dazu Spareribs mit Kartoffelspalten munden lassen. Wer nun denkt, er habe alle Biere aus der Ricklinger Landhausbrauerei bereits gekostet, der irrt gewaltig.

Auf dem Brauereitag im Freilichtmuseum Kiekeberg bietet die Ricklinger Landbrauerei ihr Bier zum Verkosten an

Auf dem Brauereitag im Freilichtmuseum Kiekeberg bietet die Ricklinger Landbrauerei ihr Bier zum Verkosten an

Stout, Porter, Rauchbier

Rauchiger Geschmack und eine milde hopfige Note zeichnen das Rauchbier nach Bamberger Rezept aus, das Udo Lämmer in seinem Brauhaus ansetzt. Ohne Spezialmalz aus Franken, von der Weyermann Malzfabrik in Bamberg, wäre dies allerdings eine vergebliche Liebesmühe. Dieses muss durch den Prozess des Räucherns veredelt werden, ehe der Sud angesetzt werden kann. Das Ergebnis ist ein Bier mit Bernsteinfarbe, das Kenner besonders genießen. „Viele unserer Kunden sagen, sie suchen die Scheibe geräucherten Schinken im Bier“, so Kerstin Lämmer. Doch neben dem Malz kommt es ja auch auf den Hopfen an. „Den bekommen wir aus der Hallertau. Mein Mann fährt los in die Hallertau und sucht bei Hopfenbauern den Hopfen gezielt aus. Benutzt werden bei uns für das Brauen der Naturhopfen und keine Pellets.“

Nein, Guinness wird in Rickling nicht gebraut, aber dennoch gibt es auch hier ein „irisches Schwarzbier“, ein Stout mit cremigem Schaum und einem kräftigen Hopfengeschmack. Schließlich bietet man dem Biergenießer in Rickling auch ein Porter an. Dabei handelt es sich um englisches Starkbier mit Hefenachgärung und langer Reifezeit. Durch diese Nachgärung mit der Hefe Brettanomyces bruxellensis – in Brüssel und Umgebung kämen Brauer des Lambik und Gueuze ohne diese Hefe nicht zu ihrem Bier mit Spontangärung - ist der Alkoholgehalt des Porters beachtlich: 10% vol. alc. etwa. Ohne eine gute Grundlage - Bauernhappen mit Schinkenmettwurst oder eine Brotzeit mit Wurst, Käse und Schinken - kann ein solcher „Tropfen“ schon mal schnell in den Kopf steigen! Also dann, ein Prosit auf Märzen, Dunkel oder Stout beim Besuch in Rickling.

Hm, wie das schmeckt ...

Hm, wie das schmeckt ...

Übrigens: Selbstverständlich gibt es alle Biere auch in der Bügelflasche. Sehr eigenwillig ist die Etikettierung dieser Flaschen: Vom Hals über den Bauch der Flasche ist ein schmaler Papierstreifen in unterschiedlichen Farben geklebt: Weiß für das Pils, Blau für das Märzen, Grün für das Porter und Rot für das Dunkel. Dies ist das unverwechselbare Markenzeichen der Ricklinger Landbrauerei, die ihr Bier aber auch in Halbliter-, Zwei- oder Fünfliter-Syphons abfüllt. Noch ein Tipp für zuhause: Gelagert werden sollte das Bier bei 2 bis 7 Grad maximal vier bis sechs Wochen! Das bedeutet auch, dass Ricklinger Biere nicht im Supermarkt zu bekommen sind, denn es fehlt ihnen die lange Haltbarkeit. Da zudem das Bier aus Rickling unbehandelt ist, wird es bei Unterbrechung der Kühlkette auch schnell sauer. Das lässt weite Vertriebswege nicht zu. So muss man halt nach Rickling fahren, um in den Genuss von Ricklinger Bieren zu kommen. Dank der farbigen Etiketten muss man sich nicht einmal den Namen des Biers merken, sondern fragt einfach nach dem Blauen, dem Grünen oder dem Roten. „Das tun sehr viele unserer Kunden“., bestätigt Kerstin Lämmer.

Wer mehr über die Kunst des Bierbrauens erfahren will, kann zu bestimmten Terminen an einem Bierbrau-Seminar teilnehmen. Das beinhaltet auch die Teilnahme an einem kompletten Brauvorgang und ein Abendessen.

Zum Schluss: Mehr über Biere aus Holstein und dem Norden Deutschlands kann man auf dem jährlichen Brauereitag im Freilichtmuseum Kiekeberg (bei Hamburg) erfahren - und selbstverständlich auch kosten.

Touristische Informationen

Ricklinger Landhausbrauerei
Grüner Weg 1
24635 Rickling
Tel.: 04328 / 1314

 

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