Immer am Wasser entlang

Auf dem Fahrrad vom Main zur Rhön

Text und Fotos: Judith Weibrecht

Am Wasser geht es los, am Wasser wird es enden: In der Drei-Flüsse-Stadt Gemünden. Start- und Endpunkt des Radwegs „Vom Main zur Rhön“ liegen hier, wo die Sinn in die Fränkische Saale und diese wiederum in den Main fließt. 

Deutschland - Blick von der Homburg bei Gemünden

Blick von der Homburg bei Gemünden

Das Städtchen Gemünden wird auch das Tor zu Spessart und Rhön genannt. Eine alte Steinbrücke mit zwölf Rundbögen führt gleich über zwei Wasserarme. Hoch oben thront die mittelalterliche Ruine Scherenburg, auf der während der Monate Juli und August die Scherenburgfestspiele abgehalten werden. Das romantische fränkische Saaletal entlang geht es los. Gluckernd erzählt das Flüsslein Geschichten. Ansonsten ist es ruhig, man trifft keine Radlerseele. Nur Angler säumen ab und an den Fluss. Eine Gruppe hat ein Schild aufgehängt: Heute gegrillte Fische. Die lassen wir uns nicht entgehen, denn fangfrischer Fisch unter schattigen Bäumen schmeckt noch mal so gut!

Kurz vor Hammelburg grüßt die Burgruine Trimburg von hoch oben herunter. Gegenüber liegen die Steillagen der Frankenweinreben an den Muschelkalkfelsen. Probieren kann man die Weine gleich rechts vom Marktplatz im Winzerkeller Hammelburg, einem Stehausschank im Holzfasskeller. Hammelburg gilt schließlich als älteste Weinstadt Frankens. Oder lieber ein Kellerbier im Traditionsgasthof „Zum Engel“? Den Ausleger und die Gläser ziert tatsächlich ein goldener Engel. Auch der Marktbrunnen ist reich verziert mit Pfeilern und einem Barockbaldachin. Neben ihm weisen zahlreiche Schilder auf die verschiedenen Radrouten hin. Unsere führt weiter Richtung Bad Kissingen.

Deutschland - Wegweiser in Hammelburg

Wegweiser in Hammelburg

Berühmte Kurbäder

Unterwegs trifft man immer wieder auf Flüsse und Wasser: Neben den genannten Flüssen auch auf die Streu oder bei Gräfendorf auf die Schondra, auf Badeseen und berühmte Kurbäder, wo man auch eintauchen könnte ins Nass. Ganze fünf an der Zahl liegen am Wegesrand. Das erste ist Bad Kissingen, der wohl bekannteste Kurort Deutschlands. Hier kurten schon Könige. Mondän geht es immer noch zu, und es herrscht ein wahrhaft babylonisches Sprachengewirr: Oberbayerisch neben Plattdeutsch ist zu hören und natürlich das Fränkische. Ergraute Damen mit Perlenketten sitzen in Cafés und verspeisen Torten. In den Hotels sind Plastikblumen „in“, an den Decken hängen kristallene Lüster, an den Wänden Porzellanteller. Man gibt sich wichtig zwischen den stilvollen Bäderbauten: Der Arkadenbau von Friedrich Gärtner, das Kurtheater im Jugendstil, die historische Wandel- und Brunnenhalle sind nur einige davon. Doch findet man auch gemütliche Weinstuben, eine alte Bürstenmacherwerkstatt am Eck oder eine gemalte Reklame an einer Hauswand „Hahn, färbt – reinigt- plissiert“. Das ist fast schon Retro, genauso wie das kuriose blaue Gefährt, das uns von den Einheimischen vorgestellt wird: eine Art Dreirad-Oldtimer.

Deutschland - Bad Kissingen

Bad Kissingen

Bad Bocklet und Bad Neustadt folgen auf dem Fuß und als Viertes Bad Königshofen. Hier geht es ruhiger zu. In der Frankentherme kann sich der müde Radwanderer im Heilwassersee entspannen. Das archäologische Museum in der Schranne ist sehenswert. Dort werden archäologische Funde aus dem Grabfeld gezeigt. Doch das Grabfeld hat beileibe nichts mit einem Feld voller Gräber zu tun, vielmehr mit einer Art Märchen. Der Sage nach entstand es aufgrund eines Rings. Eine Königin soll hier zur Jagd gewesen sein. Leider hat sie im Eifer des Gefechts ihren Ring verloren. Der war ihr aber so wichtig, dass sie die ganze Gegend um“graben“ ließ. Der Ring wurde gefunden, und die Königin ließ an der Fundstelle einen Königshof errichten. Mystische Geschichten gibt es derer viele in dieser Region.

Deutschland - Bad Neustadt

Bad Neustadt

Auf dem Marktplatz ist es fast still: Man trifft sich vor dem Kiosk zu einer fränkischen Bratwurst. Nebenan ist das historische Rathaus und das reich bemalte „Schlundhaus“, das heute eine Gaststätte mit Hotel beherbergt. Unser Wirt, der vom Hotel und Gasthof Ebner, spielt zum Abschied auf dem Akkordeon: „Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus!“.

Deutschland - Bad Königshofen

Bad Königshofen

So sei es, hinaus geht’s und auch ein bisschen hinauf, auf ein Plateau nämlich mit ausgedehnten Weizenfeldern, Birnen- und Apfelbäumen auf Streuobstwiesen. Ein Apfel ist schnell gepflückt und verspeist. Hier herrscht Helmpflicht für Radfahrer. Denn: Achtung, es gibt Fallobst und das nicht zu knapp! Regnet es, dann herrscht auf den Radwegen aber die Nacktschneckenplage. Will man ihnen nichts tun, so fährt man eben Nacktschneckenslalom, so wie wir. Der Himmel spannt die Wolken weit aus und sitzt wie ein Topfdeckel über uns. Die Wolkenformationen jagt der Wind vor sich her. Fast wirken sie wie Gemälde. Es weht. Und es ist hügelig, ein ständiges Auf und Ab. Wir saugen weite Blicke in die Landschaft in uns auf.

Deutschland - Dort schmecken die Äpfel von den Streuobstwiesen noch mal so gut

Dort schmecken die Äpfel von den Streuobstwiesen noch mal so gut

Das Schullandheim Rappershausen wird passiert, ein wahrhaft besonderes Heim, ist es doch ein Radsportzentrum, das einiges bietet, z. B. einen Übungsparcours. In Behrungen sodann ist die ehemalige deutsch-deutsche Grenze erreicht und ein Grenzmuseum kann besichtigt werden. Mellrichstadt und Stockheim locken wie viele andere Orte auch mit schmucken und herausgeputzten fränkischen Fachwerkhäusern. Gemütlich und beschaulich, manchmal fast wie ausgestorben wirken die Dörfer. Das sollte man wissen: Gerade zur Sommerferienzeit haben viele der Wirtschaften geschlossen.

Deutschland - schmucke Fachwerkhäuser am Wegesrand

Schmucke Fachwerkhäuser am Wegesrand

Regionale Spezialitäten

Der Luftkurort Ostheim, die „Perle an der Streu“, wie er oft genannt wird, liegt im oberen Streutal und darf die größte Kirchenburg Deutschlands sein eigen nennen und das Orgelbaumuseum, das die bereits über 2.000 Jahre alte Geschichte der Königin der Instrumente veranschaulicht. Ostheim, im Volksmund „Ueste“ genannt, hat ebenfalls schöne Fachwerkhäuser zu bieten und Wirtschaften, in denen man den „Fröhlichen Schluck aus Ostheim/Rhön“ der Streck-Bräu verkosten kann. Dazu passen regionale Spezialitäten wie Rhöner Zwiebelsuppe mit Käsetalern oder Rhöner Brotzeitteller im Gasthaus „Zur Krone“. Abgefüllt? Ab Mellrichstadt über Ostheim bis Fladungen fährt an manchen Tagen die Museumsbahn Rhönzügle, die auch Fahrräder mitnimmt.

Für Radfahrers durstige Kehle ist überhaupt auf der ganzen Route auf hervorragende Weise gesorgt: In der Rhön, in Ostheim und Roth, gibt es noch richtige Familienbrauereien mit ökologischen Bieren, z. B. das besagte der Streck-Bräu oder das Rhöner Bier. Hammelburg schließlich gilt als Geburtsort des Frankenweins, denn hier fand man Bayerns älteste original erhaltene Urkunde vom 07.01.777, die den Weinbau bestätigt. Tagsüber beim Radeln sollte man alkoholfrei vorgehen, da bietet sich die Bionade an, die ebenfalls aus dem Ort Ostheim stammt. Und last but not least lassen sich herrliche Säfte verkosten, z. B. die Apfelsäfte von Streuobstwiesen und aus den Keltereien in der Rhön. Eine erfrischende Apfelschorle ist immer wieder eine Radpause wert. Eine der Keltereien kann man auch besuchen und dort verkosten: Die Fruchtsaft- und Obstweinkelterei der Firma Hartmann in Sondheim mit Probierstube liegt direkt am Weg.

Die nördlichste Stadt Bayerns

Deutschland - Blick auf Fladungen

Blick auf Fladungen

Doch kurz vorher lockt noch Fladungen aus dem Sattel, die nördlichste Stadt Bayerns. Fünf Wehrtürme und 16 Reitertürmchen hat die gut erhaltene Fladunger Stadtmauer. Einer davon erzählt Geschichten. Maulaffenturm heißt er, weil er von einem spätgotischen Wasserspeier in Form eines Männchens mit blankem Hinterteil weit oben am Turm geziert wird. Im dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt durch die Schweden belagert, und der Nachbarort Oberfladungen hatte sich mit den Schweden verbündet. Ein Bäcker soll sodann aus seinem letzten Mehl die Figur des Maulaffen gebacken haben. Diesen stellte er auf die Stadtmauer, und zwar mit Ausrichtung nach Oberfladungen, was den Abzug der Schweden zur Folge gehabt haben soll. Land der Sagen und Geschichten. Auch das Rhönmuseum im Alten Amtshaus und das Freilandmuseum, das die unterfränkische Lebensweise und dörfliche Kultur erklärt und wieder aufgebaute traditionelle Gebäude zeigt, sind ein Muss.

Deutschland - Fladungen

Alter Brunnen in Fladungen

Kurz hinter Fladungen ist eine Alternativroute auf die Hochrhön möglich. Panoramatour wird sie genannt. Der Name ist Programm: Nichts stört tagsüber den weiten Blick auf die sonnigen Höhen. Das „Land der offenen Fernen“ wird die Rhön deshalb auch genannt. Von den Hochplateaus aus gibt es weite Ausblicke in die Landschaft, auf uralte Sonnen beschienene Buchenhaine und mystische Basalthalden, geheimnisvolle Hochmoore. Der Himmel scheint nah, Wolkenfetzen jagen darüber hinweg. Am frühen Abend und am Morgen wirken die abgerundeten Bergkuppen seltsam Nebel verhangen. Eine herbe, eine reizvolle und fast ein wenig mystisch erscheinende Landschaft. Nicht umsonst grassieren hier die kuriosesten Sagen und Geschichten. Durch die UNESCO wurde die Mittelgebirgslandschaft der Rhön zum Biosphärenreservat erklärt.

Deutschland - Landschaften auf der Hochrhön, bizarr und herb

Landschaften auf der Hochrhön, bizarr und herb

Auch auf der normalen Route von Fladungen nach Bad Brückenau geht es über Höhen und Tiefen. Wer Höhen ganz besonders liebt, dem sei noch das lohnende Ziel Kreuzberg empfohlen. Auf dem Kreuzberg, dem heiligen Berg der Franken und zweithöchstem Berg der Rhön, erhebt sich ein Kloster. Da hinauf? 400 Meter hoch? Ja doch, dort oben gibt es seit 1731 das berühmte von Franziskanern gebraute Klosterbier.

Das fünfte und letzte Bad, das Staatsbad Brückenau, hat zwischen barocken Bauten ganze fünf Quellen zu bieten und: Das deutsche Fahrradmuseum. Auf zwei Stockwerken werden in der Villa Füglein über 200 „Fahrräder“ aus zwei Jahrhunderten gezeigt und erklärt. Angefangen bei der Laufmaschine, die 1820 gebaut wurde, bis zu heutigen Designerrädern ist alles vorhanden. Höhepunkte sind sicher der alte Fahrradladen aus der Zeit um 1930 und die Ausprobierräder im Garten des angeschlossenen hübschen Cafés. Im Museumsladen werden u. a. historische Fahrradteile angeboten.

Deutschland - Das Deutsche Fahrradmuseum in Bad Brückenau

Im Deutschen Fahrradmuseum in Bad Brückenau

Das letzte Stück führt durchs Sinntal zurück nach Gemünden und somit an einen Radwegeknotenpunkt. Der Marktplatz ist packvoll mit Packtaschen, Rädern und Radfahrern. Hier sitzen alle friedlich vereint und lohnende Ausflüge von hier aus gibt es genug: An den Main, den Wernradweg bis Gössenheim und hinauf zur mächtigen Homburg.

Deutschland - Die Burgruine Homburg bei Gössenheim (bei Gemünden am Main, Start- und Endpunkt des Radwegs “Vom Main zur Rhön”)

Die Burgruine Homburg bei Gössenheim bei Gemünden am Main, Start- und Endpunkt des Radwegs “Vom Main zur Rhön”

Meist fährt man auf extra angelegten asphaltierten Radwegen, teils auch auf Feld- oder Wirtschaftswegen oder ruhigen Nebenstraßen. Noch tut sich hier wenig, kaum einen anderen Radfahrer trifft man. Das könnte sich bald ändern. Vier Sterne auch von uns für „Vom Main zur Rhön“!

 

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