Land der tausend Seen

Mit Kajak, Floß und Wasserschuhen unterwegs in Mecklenburg

Text und Fotos: Rainer Heubeck

So darf ein Urlaubstag zu Ende gehen! Nach mehreren Stunden ruhigen Paddelns auf dem Labussee und auf dem Retzsee beginnt langsam der Magen zu knurren. Doch Nino Jörend, eine Art Mecklenburgischer Huckleberry Finn, hat bereits eine schmackhafte Suppe zubereitet, die in einem großen Topf am Heck seines Holzfloßes vor sich hin köchelt, als die hungrigen Bootsfahrer mit ihren Kajaks und Kanadiern anlegen und auf das Floß klettern.

Mecklenburg - Seen - Floß von Nino Jörend

Das Floß von Nino Jörend

Früher, so berichtet Nino, habe er als Maler in Berlin gearbeitet, doch die Arbeit gefiel ihm nicht – und mit dem hektischen Großstadtleben konnte er sich nicht so recht anfreunden. „Ich hatte Heimweh“, gesteht er. Denn auch wenn die Mecklenburger Seen nur knapp 120 Kilometer von Berlin entfernt sind – das Leben folgt hier einem ganz eigenen Rhythmus. Ruhig und bedächtig, langsam und gemächlich – mit der Bootswanderung ändert sich auch das Lebensgefühl. „Wer aus der Großstadt hierher kommt, braucht erst einmal ein, zwei Tage, um die Hektik abzulegen und um wieder normal zu werden“, sagt Rüdiger Delmas, der vor mehr als einem Jahrzehnt aus Hamburg nach Mecklenburg gezogen ist, und ein 23 Hektar großes Gelände nahe der Diemitzer Schleuse erworben hat, auf dem er nun Campingmöglichkeiten und Ferienwohnungen anbietet, aber auch einen Bogenparcours und eine Pferderanch betreibt. Ganz in der Nähe dieses naturnahen Freizeitparks ist Nino mit seinem Floß Kontiki unterwegs: „Auf die Idee, mir ein Floß zu bauen, bin ich gekommen, als ich meinen Geburtstag auf dem Floß eines Freundes gefeiert habe“, berichtet der Mecklenburger, der mittlerweile den Sommer über meist auf seinem Floß lebt und der für seine Gäste oft auch frisch gefangene Fische auf den Grill legt. „An Tagen, an denen ich keine Gruppen habe, die ein Essen, eine Tour oder eine Party auf meinem Floß buchen, lege ich abends in der Nähe eines Campingplatzes an und mache Barbetrieb“, verrät Nino, den keine zehn Pferde mehr in ein starres Berufsleben zurückzwängen könnten.

Mecklenburg - Seen - Jörend mit Fisch

Das Land der Tausend Seen, so nennt sich Mecklenburg stolz – und nicht ohne Grund. Denn neben dem größten Binnensee Deutschlands, der Müritz, und dem viertgrößten See Deutschlands, dem Schweriner See, finden sich hier noch unzählige weitere Gewässer, die zum Großteil durch Kanäle verbunden sind. Sie bilden ein Wasser-Labyrinth, durch das Bootsfahr-Enthusiasten auf dem Wasser von Berlin und Brandenburg bis zur Elbe gelangen können. Wer dabei die Umgebung der Diemitzer Schleuse kennen lernen möchte, den lockt Rüdiger Delmas jedes Jahr im September mit einem ganz besonderen Angebot: Der 1000-Seen-Marathon, ein Kanu-Erlebnistag für die ganze Familie. Die Idee zu der Tour hat Delmas aus Schweden mitgebracht, wo Kanumarathons bereits Tradition haben. Bei der Tour geht es vor allem um das Naturerlebnis, nicht um Leistung, weshalb neben einer 42 Kilometer langen Strecke, die über verschiedene Seen führt, auch ein Familientriathlon und ein gut zwanzig Kilometer langer Rundkurs angeboten werden.

Mecklenburg - Seen - Diemitzer Schleuse

Diemitzer Schleuse

Die Diemitzer Schleuse, die bei dem Kajakmarathon passiert wird, ist mittlerweile jedoch nicht nur ein Symbol für Ruhe und Erholung, sondern auch ein Stelle, an der sich der aufkommende Massentourismus zuweilen bemerkbar macht. Vor allem freitags, wenn die gecharterten Hausboote zurückgegeben werden müssen, kommt es an der Schleuse häufig zu Staus, die dazu führen, dass bei dem einen oder anderen Familienvater schon einmal die Nerven blank liegen. Hausbootkapitäne außer Rand und Band, so war der Tenor einer reißerischen Reportage eines Privatsenders, die in einem der letzten Jahre die Gemüter erregte.

Hintergrund der Debatte: Seit etlichen Jahren ist es möglich, in Mecklenburg-Vorpommern ein Hausboot nach einer ausführlichen Einweisung zu chartern, ohne einen Bootsführerschein vorweisen zu müssen. Ein Angebot, das zwiespältige Reaktionen hervorgerufen hat, jedoch von den meisten begrüßt wird. „Die Möglichkeit, so ein Boot wirklich richtig zu Schrott zu fahren oder damit die Leute zu gefährden, ist relativ gering“, versichert ein Experte aus dem Schweriner Segelverein. Schließlich ist ein Hausboot, das mit maximal 12 Stundenkilometern über einen Kanal oder einen See tuckert, ein eher langsames Gefährt. Und wenn es stürmisch wird, müssen die Freizeitkapitäne ohnehin an Land bleiben – und zwar, sobald Windstärke 4 überschritten ist. „In der Masse“, so weiß Rüdiger Delmas, der nicht weit von der Diemitzer Schleuse entfernt lebt, „verhalten sich gerade die Leute ohne Führerschein sehr vorsichtig.“

Mecklenburg - Müritz - Segelboot

Segelboot auf der Müritz

Während die Seenlandschaft rund um Mirow eher kleinteilig strukturiert ist, fühlt man sich an der Müritz fast wie am Meer. Und der Name Müritz stammt auch tatsächlich vom slawischen Wort „morcze“, was so viel bedeutet wie „kleines Meer“. Die Müritz ist der zweitgrößte See Deutschlands – nach dem noch deutlich größeren Bodensee - und ein ideales Revier für die verschiedensten Formen des Wassersports, sei es die Fahrt mit Schlauchboot oder mit dem Katamaran, dem Segelboot oder dem spritzigen knallgelben Motorboot. Wer hier als Hobbykapitän in See stechen will, ist gut beraten, sich vorher die aktuellen Wetterprognosen zu Gemüte zu führen. Denn bei Sturm und Wind entfaltet das bei Sonnenschein und leichter Brise so lieblich anmutende Gewässer ungeahnte Kräfte.

Mecklenburg - Müritz - Motorboot

Mit dem Motorboot auf der Müritz

Eines der schönsten Hotels an den Mecklenburgischen Seen ist das Romantik- und Familienhotel „Borchard’s Rookhus“, das nicht nur ausgesprochen kinderfreundlich ist, sondern wo man sich auch einen ganz besonderen Service ausgedacht hat: Wellnessangebote wie Rücken- oder Teilmassagen können hier nicht nur an Land genossen werden, sondern auch auf dem Wasser. Auf einem eigenen Wellness-Floß sorgen fachkundige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Entspannung auf dem Großen Labussee. Etwas adrenalinlastiger ist da schon die Möglichkeit, sich an einem Wasserskilift mit 30 Kilometern pro Stunde auf einem 800 Meter langen Rundkurs über den Zachuner See ziehen zu lassen. „Einfach nach hinten lehnen und wenn die Seilspannung kurzzeitig nachlässt, auf den dann folgenden Ruck Acht geben – so lautet die Kurzanweisung. Dennoch muss bei den ersten Übungsrunden das eine oder andere unfreiwillige Bad einkalkuliert werden. Gut, dass der Neoprenanzug vor Temperaturschwankungen schützt und die Schwimmweste das Sinken verhindert.

Mecklenburg - Seen - Kanuten

Paddeltour mit Kajak

Wasserski und Wellness-Floß, Hausboot und Kanu, Motoryacht und Katamaran – damit, so dachte ich, bin ich mit den Wassersport-Möglichkeiten in Mecklenburg ausgiebigst vertraut. Doch dann begegnete ich Wolfgang Alinsky, der zum Ufer des Schweriner Sees gekommen ist und ein paar Schwimmschuhe mitgebracht hat. Wo er die ulkigen Dinger wohl her hat? 2003, so berichtet Alinsky, wären die Plastikteile, die einst von DDR Kombinat VEB Wiking unter strenger Geheimhaltung für Kunden aus den USA gefertigt wurden, zufällig in einer alten Scheune entdeckt worden. In der DDR selbst waren die Schwimmschuhe nie erhältlich. Vielleicht, weil die Regierung Angst hatte, ihr Volk würde sonst einfach über die Ostsee von dannen marschieren? „Dass es deshalb war, glaube ich nicht“, beteuert Alinsky, „denn dann hätte man ja auch Luftmatratzen verbieten müssen.“

Mecklenburg - Seen - Mit Schwimmschuhen unterwegs

Mit Schwimmschuhen unterwegs

Die Idee zu den Schwimmschuhen ist schon rund 500 Jahre alt – und auf Skizzen des italienischen Universalgenies Leonardo da Vinci festgehalten. Ob sich das Water-Walking als Alternative zum Nordic Walking durchsetzen wird, darf bezweifelt werden – doch Spaß macht der Balanceakt auf den 2,3 Meter langen Schuhen aus Polyethylen allemal. Wem die Angelegenheit zu wacklig ist, dem kann Wolfgang Alinsky auch noch den Twikker anbieten. Was das ist? Wolfgang Alinsky hat kurzerhand ein paar Wasserschuhe genommen und eine Verbindungsplattform aus Polyethylen eingefügt. Das so entstanden Mini-Boot hat er mit einem 7-Gang-Steuersystem , einem 12-Volt-Motor und einer Autobatterie bestückt – und fertig war ein unsinkbares und kinderleicht zu bedienendes Wasserfahrzeug, das nahezu geräuschlos vor sich hin tuckert, und mit dem Angler und Naturfotografen, aber auch Romantiker und Picknick-Freunde viel Freude haben.

 

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