Kohlehafen adé

Die walisische Hauptstadt Cardiff ist im 21. Jahrhundert angekommen

Text und Fotos: Karsten-Thilo Raab

Augenfälliger können die Gegensätze nicht sein. Wenige hundert Meter Luftlinie und fast 2000 Jahre Geschichte trennen zwei der markantesten Blickfänge in Cardiff. Gleichzeitig spiegeln die beiden Prachtbauten ebenso wie die beeindruckende Cardiff Bay den Wandel der walisischen Kapitale von einem der größten Kohleumschlagplätze der Welt zu einer pulsierenden und aufstrebenden Hauptstadt wider.

Cardiff Castle

Cardiff Castle

Da ist zum einen das imposante Cardiff Castle im Herzen in der Stadt. Kennzeichen der Burg sind ihre drei Gesichter aus drei Epochen. Die einzelnen Gebäudeteile stehen für eine lange, bewegte Vergangenheit. Teile des Fundaments gehen auf ein römisches Fort zurück, das die Eroberer am Ufer des Flusses errichteten. Die Römer kamen 75 nach Christus in diesen Teil von Wales und verliehen der Stadt ihren Namen: Caerdydd. Im Walisischen steht „Caer“ für das Fort und „dydd“ ist der Name des River Taff. Somit bedeutet Cardiff „Fort am Taff“.

Cardiff Bay

Cardiff Bay: Die Stadt schaut nach vorn und zurück

Von den Normannen zum Rugby-Tempel

Den Römern folgten die Normannen, die eine typische Festung im Burgfried des heutigen Schlosses hinterließen. Im achtzehnten Jahrhundert erlebte die Burg ihre Renaissance, als Architekt William Burges im Auftrag des dritten Marquis von Bute (1847-1900) dem Gemäuer ein neues, besonders im Inneren verspieltes Antlitz verlieh und die mittelalterliche Burg zu einem viktorianischen Fantasieschloss umbaute.

Und während die großzügige Residenz durch ihre liebevoll verzierten Räume wie die Banketthalle oder den arabischen Raum begeistert, schlägt seit 1999 in unmittelbarer Nachbarschaft eine gigantische Sportstätte die Brücke von der Historie zur Moderne: das Millennium Stadium.

Cardiff Kohlehafen

Kontraste im einstigen Kohlehafen

Den hypermodernen Fußball- und Rugby-Tempel mit einem Fassungsvermögen von mehr als 70.000 Zuschauern ließen sich die Waliser stolze 170 Millionen Euro kosten. Dank seines beweglichen Dachs dient der heilige Rasen der sportverrückten Hauptstädter längst auch als Konzertbühne für Robbie Williams & Co.

Tausend Kohlefrachter pro Woche

Kaum minder beeindruckend ist der massive Wandel der Cardiff Bay. Die weitgestreckte Bucht war über viele Jahrzehnte weltweit einer der bedeutendsten Umschlagplätze für Kohle und Stahl. Der Höhepunkt war 1913 erreicht, als allein dreizehn Millionen Tonnen Kohle verschifft wurden. Bis zu tausend Schiffe warteten pro Woche darauf, mit dem schwarzen Gold aus den nahegelegenen Bergwerken von Südwales beladen zu werden. Doch mit der Entdeckung von Kohlevorkommen in Afrika und der zunehmenden Versorgung mit Erdöl verlor der Hafen an Bedeutung.

Wales -Cardiff: Museum of Welsh Life

Erinnerung an die Vergangenheit: Museum of Welsh Life

1965 legte das letzte Kohleschiff ab. Die Docks verödeten, der Hafen war sprichwörtlich von allen guten Industriegeistern verlassen. Die Werften machten reihenweise die Schotten dicht, an den Docks und Lagerhallen nagte unaufhörlich der Zahn der Zeit. Die Hafenregion drohte zum Armenhaus zu verkommen.

Cardiff Kathedrale

Traditionelles im modernen Stadtbild: Lllandaff Cathedral

Doch rechtzeitig vor der Jahrhundertwende zogen die Waliser die Reißleine. Dank der Unterstützung von finanzkräftigen Investoren begann die komplette Umgestaltung der Bucht, die sich heute mit glas- und stahlarchitektonischen Bauten als moderner Stadtteil entpuppt. Die alten Docks mussten schicken Einkaufspassagen, modernen Wohnkomplexen, unzähligen Restaurants und Bürogebäuden Platz machen. Mit Hilfe eines mächtigen Schutzwalls wurde sogar dem starken Tidenhub ein Schnippchen geschlagen. Bereichert wird die attraktive Uferzone zwischen Mermaid Quay und dem historischen Pierhead durch das Millennium Centre mit der grandiosen staatlichen Oper (Einweihung im November 2005), den neuen Sitz des 1999 erstmals konstituierten Parlaments von Wales, der Welsh Assembly, und nicht zu vergessen, das St. David´s, eines der schönsten Luxushotels der britischen Inseln.

Cardiff Bay Visitor Centre

Futuristisches Cardiff

Futuristisches in der Aluminiumröhre

Futuristisch mutet auch die Aluminiumröhre an, in der das Cardiff Bay Visitor Centre untergebracht ist. In einer kurzweiligen Ausstellung wird hier die Geschichte und die Sanierung der Cardiff Bay aufgearbeitet. In unmittelbarer Nachbarschaft fällt die schneeweiße norwegische Kirche ins Auge. Das hölzerne Gotteshaus aus dem Jahre 1868, in dem der Schriftsteller Roald Dahl getauft wurde, ist ein Symbol für die multikulturelle Gesellschaft der walisischen Hauptstadt. Nicht weniger als fünfzig verschiedene Sprachen werden in Cardiff gesprochen.

Um das Zentrum der alten Römerstadt mit seinem Außenposten am Meer zu verbinden, wurden einige der alten Docks zugeschüttet. Sie machten Platz für neue Straßen. Entlang der Bute Street und der Collingdon Road entstand ganz nebenbei eines der attraktivsten Wohngebiete der Hauptstadt.

Cardiff City Hall

City Hall

Nur die Blicke allein auf die Cardiff Bay zu richten, würde dem charmanten Stadtbild keinesfalls gerecht. Im Dreieck zwischen dem Millennium Stadium, dem Castle sowie dem pittoresken Häuserensemble bestehend aus den Law Courts, der City Hall und dem National Museum nesteln viktorianische Einkaufspassagen zwischen modernen überdachten Shoppingzentren und der historischen Markthalle. Und auch hier wird deutlich, dass Cardiff eine pulsierende Metropole zwischen Gestern und Morgen ist; eine Kapitale, die sich nicht nur dank des extensiven Nachtlebens entlang der Mercer und St. Mary´s Street aufschwingt, dem Ruf als jüngste Hauptstadt Europas in jeder Beziehung gerecht zu werden.

Cardiff Castle

Cardiff Castle

 

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