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Griechenlands Zentral-Psychiatrie

Leros, "die Insel der Verrückten"

Den Beinamen "Insel der Verrückten" erhielt Leros, nachdem dort ab 1957 infolge eines königlichen Dekretes eine "Landwirtschaftskolonie für geistig Behinderte" errichtet wurde. Der Grund waren die rund um die Bucht von Lakki herum leerstehenden früheren Kasernen Italiens. Nachdem zuerst 650 Kranke kamen, trafen immer weitere ein, da die Regierung die Zahl der Insassen in den psychiatrischen Krankenhäusern auf dem Festland verringern wollte. Ende der 70er Jahre lebten in den Gebäuden in Lakki und am Ende der Bucht von Lakki in Lepida fast 2700 Kranke.

Der Autor Klaus Hartung ("taz" vom 16.6.1989) über die Phase, als die psychisch Kranken nach Leros kamen (die Einheimischen waren nicht gefragt worden):

"Schiffe mit 600 bis 700 Personen kommen, lassen sie anonym, aber durchnummeriert auf der Mole von Leros zurück. Name und Herkunft waren den Deportierten auf die Anstaltskleidung geheftet. Viele Zettel sind verlorengegangen. So hatten viele bei der Deportation auch ihre Namen verloren. In den Krankenakten heißt es: "Wurde nach Leros geschickt/überstellt/überwiesen." Gründe: "keine Verwandtenbesuche in den letzten zwei Jahren", oder: "zeigt keine Besserung". Kurz: die Chronischen, die Häßlichen, die Alleinstehenden."

1981 machten zehn junge Ärzte die unhaltbaren Zustände in der Zentral-Psychatrie auf Leros öffentlich. So waren Patienten an Händen und Füßen angekettet, es gab Vergewaltigungen, 30 Prozent der Kranken erlitten durch Schläge Rippenbrüche. Auf 1000 psychisch Kranke kamen zwei Psychiater, nur wenige der 800 Pfleger und Wärter besaßen eine fachliche Ausbildung. Die Weltöffentlichkeit wurde daraufhin auf Leros aufmerksam, Griechenland setzte ein neues Psychiatrieprogramm um, die Zustände änderten sich u.a. dank der Hilfe der damaligen EG.

Für Leros bedeutete diese Änderung der Verhältnisse, sich von der "Ökonomie der Internierten" zu lösen. Noch 1989 lebten nach Angaben des Autoren Klaus Bötig (Kos, DuMont Reisetaschenbuch) 57 Prozent der erwerbstätigen Lerier von den Kliniken, 38 Prozent waren dort beschäftigt, 19 Prozent der Händler und Handwerker führten den Großteil ihres Umsatzes auf die Krankenhäuser zurück. Ökonomischer Wandel bedeutete neben der Förderung von Landwirtschaft und Fischerei auch, daß man sich stärker dem Tourismus zuwandte, um eine neue Einnahmequelle zu erschließen.

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