Die Seele eines Landes offenbart sich in der Musik
Musik aus aller Welt
präsentiert die
schwarzaufweiss-CD
des Monats
Alle bisherigen CD- und DVD-Empfehlungen von Winfried Dulisch sind nachzulesen unter Musik aus aller Welt.
USA
Verschiedene Künstler:
“A Nod to Bob 2 – An Artists’ Tribute To Bob Dylan On His 70th Birthday”
CD: Red House RHR CD 246 / in-akustik
Als Bob Dylan 2001 seinen 60. Geburtstag feierte, brachten einige Vertragskünstler des US-Plattenlabels „Red House“ ihm ein Ständchen auf dem Album „A Nod To Bob 1“. Diese CD markiert immer noch den größten kommerziellen Erfolg des 2006 verstorbenen „Red House“-Gründers und Plattenproduzenten Bob Feldman aus Saint Paul, Minnesota. Bei diesem ersten Geburtstagsgruß an den Godfather der heutigen Singer-Songwriter-Elite verwendeten die beteiligten Sänger und Musiker vor allem das Repertoire aus den späten 1960er Jahren, damals hatte Bob Dylan sich vom Folk-Sänger zum Rock’n’Roll-Poeten gewandelt.
Bei der nun vorliegenden zweiten „Red House“-Bestandsaufnahme des Dylan-Songbooks wird „His Bobness“ vor allem auch als Autor von zeitgemäßen Gospel-Songs gewürdigt. Lucy Kaplanky erzeugt mit ihrer – sparsam von einem Klavier und einem Schlagzeug begleiteten – Interpretation von „Every Grain Of Sand“ sogar beim ungläubigsten CD-Hörer echtes Gänsehaut-Feeling. Und das von Bob Dylan im Jahr 1962 renovierte „House Of The Rising Sun“ wird aus dem Munde von Guy Davis hier wieder zu dem, was es ursprünglich einmal war: Die Blues-Klage einer armen Sünderin aus dem Rotlicht-Milieu von New Orleans.
Bob Dylan hatte also vollkommen Recht, als er 1963 diese Erkenntnis verbreitete: The Times They Are A-Changin’. Und die Zeiten entwickeln sich nicht immer nur vorwärts, sondern auch zurück. Positive Beispiele für solch eine Art von Rückbesinnung liefern auf der vorliegenden CD die Neuausdeutungen von zwei Blues-Rock-Klassikern, die erstmals 1965 auf dem Dylan-Album „Highway 61 Revisited“ zu hören waren. Bei „Just Like Tom Thumb’s Blues“ wird die ehemals aggressive E-Gitarre nun durch seidig zartes Mandolinen-Geklimper ersetzt; der Text klingt heute aus dem Munde von Cliff Eberhardt wie die tagesaktuelle Selbstdiagnose eines Weltschmerzkranken, dem auch der beste Arzt keine Pille gegen den abgrundtiefen Großstadt-Blues verschreiben kann. Und wenn Ray Bonnevielle im Stile einer One-Man-Band „It Takes A Lot To Laugh, It Takes A Train To Cry“ rausschnauzt, dann stellen seine kraftstrotzende Stimme und seine durchdringend klingende Schepper-Gitarre unter Beweis, dass er mit diesem Song bereits in Paris und New York dem Straßenverkehrslärm getrotzt hatte.