Reiseführer Rom

Augustus

Auf Caesars Ermordung folgte ein neuer schwerer Bürgerkrieg. Er beschleunigte den Untergang der römischen Adelsrepublik, auf deren Trümmern die Karriere eines jungen Mannes begann, den Caesar testamentarisch zum Adoptivsohn und Erben bestimmt hatte. Gaius Octavius, geb. 63 v. Chr., hatte sich nach dem frühen Tod seines Vaters der strengen Erziehung seines Großonkels Caesar gefügt und ihm zu Ehren den Namen Gaius Iulius Caesar Octavianus angenommen. Jahre später, nach seinem Aufstieg an die Spitze des Römischen Reiches, verlieh ihm der Senat den Ehrennamen Augustus (der Erhabene). Als Alleinherrscher vermochte er für einen bemerkenswert langen Zeitraum den Frieden zu erhalten. Das Riesenreich auf drei Kontinenten war nach innen gefestigt, nach außen stark, Rom war der Mittelpunkt der Welt.

Kaiser Augustus

Er war gerade zwanzig Jahre alt, als er sich mit Marcus Antonius und Marcus Aemilius Lepidus, beide frühere Parteigänger Caesars, im 2. Triumvirat gegen die Mörder Caesars (Brutus und Cassius) verband. Kaum waren diese zur Strecke gebracht, führten die rivalisierenden Triumvirn Krieg gegeneinander, aus dem Octavianus 31 v. Chr. als Sieger hervorging. Er war jetzt Alleinherrscher und machte sich an den Umbau der Republik. Sein ehrgeiziges Ziel war eine umfassende Friedenssicherung und Wohlstand und Sicherheit für die Menschen in der römischen Welt und darüber hinaus. Dabei ging er behutsam zu Werke, nichts durfte überstürzt werden, es galt das republikanische Empfinden zu respektieren. Auf der anderen Seite hatte Octavianus erkannt, dass eine Neuordnung des Staates nach einer zentralen Lenkung und Koordinierung der Führungsaufgaben verlangte. So blieben zwar die Aufgaben des Senats und der Beamten äußerlich unangetastet, doch als Princeps, wie er sich nennen ließ (etwa „erster Bürger“), und Proconsul aller Provinzen, in denen Heere standen sowie Volkstribun auf Lebenszeit und oberste religiöse Autorität (Pontifex Maximus) vereinigte sich in seiner Person die Machtfülle eines unumschränkten Herrschers. Roms neues politisches System könnte man als Monarchie in republikanischem Gewand bezeichnen. Eingebürgert hat sich die Bezeichnung Prinzipat, abgeleitet von princeps.


Erneuerung des Staates

Augustus, so der vom Senat dem Princeps verliehene Ehrenname, war bei aller ihm zugefallenen Macht eingebunden in die weiter existierenden republikanischen Strukturen der Gesellschaft. Die plebs urbana, das stadtrömische Volk, aristokratische Senatoren und  die Soldaten, sie alle wollten mitreden und so tat er gut daran, fortwährend um ihr Vertrauen zu werben. Zum Beispiel durch die Stabilisierung der Rechts- und Eigentumsverhältnisse, was bei den Besitzenden gut ankam. Reichlich Ansehen gewinnen konnte er auch durch die Einführung einer Sozialgesetzgebung, die ihn in den Augen der armen Massen Roms vollends zum treu sorgenden pater patriae machte.
Die innere Kraft Roms nach Jahrzehnten der Bürgerkriege und des Chaos wieder zu beleben, lag ihm besonders am Herzen. So appellierte er an sein Volk, sich der alten Römertugenden zu erinnern – der Hingabe an den Staat, der Sittenstrenge und soldatischen Zucht. Auch den religiösen Kulten und Bauten sei neues Leben einzuhauchen.

Von Ruhm und Größe des frühen Römertums zeugen auch die Werke der bedeutendsten Dichter und Künstler, Historiker und Architekten seiner Zeit, die er an seinen Hof rief. Der größte römische Lyriker, Horaz, zählte zu diesem Zirkel und Vergil, der mit seiner „Aeneis“ das römische Nationalepos schuf. Properz und Tibull, Ovid, Livius und Vitruv waren weitere Berühmtheiten, die den Höhepunkt der augusteischen Klassik markierten. Wer aber allzu freizügig schrieb und sich nicht an die strengen Moralvorstellungen des Herrschers hielt, wurde, wie Ovid, ins Exil verbannt, ins ferne Tomis (heute: Constanta) am Schwarzen Meer, wo er in traurigen Versen der schönen Zeit in Rom gedachte.



Eine bis dahin beispiellose Bautätigkeit setzte ein. Straßen, Kanalisation und Wasserversorgung wurden modernisiert. Die frühere Ziegelstadt in eine Marmorstadt verwandelnde Prachtbauten veränderten das Stadtbild Roms dramatisch. Ein Ensemble von Bauten auf dem Marsfeld (campus martius), dem Areal zwischen Villa Borghese und dem  Tiberbogen, diente nur dem einen Zweck, den Ruhm des „ersten Bürgers“ in aller Ewigkeit glänzen zu lassen. Es waren der heute rekonstruierte und hinter viel Glas aufgerichtete Friedensaltar (ara pacis) und der bereits 29 v. Chr. aufgeführte Rundbau des Augustus-Mausoleums, letzte Ruhestätte des Princeps und der Generäle Agrippa und Germanicus sowie der Kaiser Tiberius, Caligula und Claudius, alle aus iulisch-claudischem Geschlecht. Auch ein gewisser Benito Mussolini hätte sich hier gerne mit einer prunkvollen Grabkammer verewigt. Und dann war da noch der gewaltige Obelisk – heute steht er auf der Piazza Montecitorio vor dem Parlament – den Pharao Psammetich II. im 6. vorchristlichen Jahrhundert im ägyptischen Heliopolis anfertigen ließ. Auf Geheiß des  Augustus nach Rom transportiert, sollte er nicht nur an den Sieg über Antonius und Kleopatra erinnern, sondern auch als Zeiger der riesigen Sonnenuhr des Princeps einen besonderen Zweck erfüllen. 
Im Jahre 8 vor der Zeitenwende wurde der Monat Sextilis auf Veranlassung des Senats in Augustus umbenannt. Wenige Jahre später, etwa zur Zeit der Geburt des Jesus von Nazareth in der römischen Provinz Galiläa, ließ Augustus eine Volkszählung durchführen. Danach lebten 4.233.000 römische Bürger im Reich.


Grenzen und Eroberungen

Außenpolitisch agierte der Herrscher oft zurückhaltend, aber nicht so friedfertig, wie die römische Propaganda es gerne hinstellte. Wichtig war ihm die Sicherung der Grenzen und die eine oder andere Abrundung früherer Eroberungen, was nur selten friedlich vonstatten ging. Mit dem iranischen Reitervolk der Parther, dem mächtigsten Gegner an der weit in die Wüste vorgeschobenen Ostgrenze des Reichs, kam es nur vorübergehend zu einem Waffenstillstand. Armenien, das heutige Marokko und das anatolische Kappadokien wurden abhängige Klientelstaaten. Im zähen Kantabrischen Krieg um die Biskaya-Provinzen des heutigen Spanien floss viel Blut und auch die Errichtung neuer Provinzen im Donauraum forderte viele Opfer. Die Provinz Rätien wurde etabliert mit der Hauptstadt Augusta Vindelicorum (d. i. Augsburg), der einzigen deutschen Stadt, die noch heute den römischen Kaisernamen trägt. Eine weitere neue Provinz war Noricum im heutigen Österreich und in Teilen Bayerns und Sloweniens, dazu kamen Pannonia im westlichen Ungarn und Teilen Österreichs, Illyricum auf der nördlichen und Moesia auf der südöstlichen Balkanhalbinsel.

Für den Vorstoß ins freie Germanien zwischen Rhein und Elbe schickte Augustus seinen Stiefsohn Nero Claudius Drusus ins Feld. Alles schien gut zu laufen, bis in das Gebiet der Cherusker an der Elbe konnte er vordringen, doch auf dem Rückmarsch stürzte er vom Pferd und starb und damit war auch die Absicht, die Grenze weit in das germanische Kernland zu verschieben, hinfällig. Später dann waren es die vereinigten Cherusker-Stämme, die unter Arminius den Römern am Teutoburger Wald im Jahre 9 n. Chr. eine der folgenreichsten Niederlagen beibrachten. Die verlorene Schlacht des Varus, Roms Statthalter in Germanien, warf die Römer auf die Rheingrenze zurück und am Tiber rief Augustus verzweifelt: „Varus, gib mir die Legionen zurück!“





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