Reiseführer Rom

Santa Pudenziana

Ihre Lage gut vier Meter unter dem heutigen Straßenniveau lässt auf ein hohes Alter schließen. Tatsächlich ist sie eine der ältesten Kirchen Roms. Sie entstand Ende des 4. Jahrhunderts auf den Überresten eines zweistöckigen antiken Hauses und den Mauern eines Nymphaeums (Brunnenhauses). Die Bauarbeiten fanden ihren Abschluss unter dem Pontifikat des Papstes Innozenz (402-417). Aus dieser frühen Zeit stammt das berühmte Mosaik in der Apsis der Kirche. Es ist eines der bedeutendsten Werke der spätantiken Mosaikkunst und zugleich das älteste erhaltene in Rom.

Rom: Santa Pudenziana

Das Grundstück, auf dem die Kirche errichtet wurde, gehörte einer in Rom bekannten Familie Pudens, die einen Senator hervorgebracht hatte. Dieser – und jetzt wird es legendenhaft – soll sich den frühen Christen angeschlossen und Petrus in seinem Haus Zuflucht gewährt haben. Nach dessen gewaltsamen Tod sollen sich seine Töchter Pudentiana und Praxedis selbstlos um verfolgte Christen gekümmert haben. Ihr Haus wurde zu einer Art „Hauskirche“, wie es viele gab in jener Zeit – unauffällig und von der Öffentlichkeit und misstrauischen Amtspersonen nicht ohne weiteres als Kultstätte zu identifizieren.

Ein Nachkomme der Familie Pudens wird das Grundstück gestiftet haben und als Bauträger konnten anhand einer Inschrift die Presbyter (Gemeindeältesten) Ilicius, Maximus und Leopardus ermittelt werden. Geweiht wurde die Kirche der Tochter Pudentiana.

Später drohte der Bau zu verfallen. Unter Papst Hadrian (772 – 795) wurde er restauriert und weitere Umbauten und Ergänzungen gab es im 11., 13., 16. und 19. Jahrhundert. Der romanische Campanile, der die Kirche flankiert, stammt vom Anfang des 13. Jahrhunderts. Besonders gravierend waren die Veränderungen, die Francesco da Volterra, Carlo Maderno u. a. Ende des 16. Jahrhunderts vornahmen. So erhielt die Kirche eine elliptische Kuppel, eine sog. „Stichkappentonne“, die erste überhaupt in Italien. Niccolò Pomarancio schmückte sie mit einem Paradiesfresko aus. Die Seitenschiffe wurden teilweise in Kapellen umgewandelt, von denen die Cappella Caetani dank ihrer Mosaiken und üppiger Stuck- und Marmorausstattung zu den am reichsten ausgeschmückten in Rom zählt. Auch der Maler Domenichino war am Werk: Ihm wird ein Fresko an der Decke der Sakristei zugeschrieben.

Besonders sehenswert ist das Portal, das von herrlichen römisch-antiken Säulen eingefasst wird. Auf dem Architrav ruht ein mit Reliefs besetzter Fries, eine kostbare Arbeit aus dem 11. Jahrhundert. Sie zeigt inmitten floraler Motive das Lamm Gottes als Symbol für Jesus Christus, seitlich davon die Schwestern Pudentiana und Praxedis sowie ihren Vater und den hlg. Pastor (=Hirte), womit wahrscheinlich Petrus gemeint ist.

Rom: Santa Pudenziana

Der lehrende Christus ist das beherrschende Thema des berühmten Apsismosaiks, das trotz störender Eingriffe durch Restauratoren im 19. Jahrhundert die Betrachter in seinen Bann zieht. Das noch ganz am Naturalismus der Spätantike ausgerichtete Mosaik zeigt ein Lehrgespräch des thronenden Christus im goldenen Gewand mit den Aposteln zur Linken und zur Rechten – etwas erhöht dargestellt sind Petrus und Paulus. Die beiden weiblichen Gestalten symbolisieren die Judenchristen (zum Christentum konvertierte Juden) und die Heidenchristen (Heiden, die zu Christen wurden). Die Vertreterin der Judenchristen krönt Petrus, die der Heidenchristen Paulus, der ja in der christlichen Überlieferung als „Apostel der Heiden“ zitiert wird. Am Himmel über den Mauern Jerusalems erscheint das Kreuz, umgeben von geflügelten Wesen, den Evangelistensymbolen: Mensch = Matthäus, Löwe = Markus, Stier = Lukas, Adler = Johannes. Nach heutigem Wissensstand handelt es sich bei den Evangelistensymbolen in der Santa Pudenziana um die älteste bekannte Darstellung dieser Symbole auf einem Mosaik und wie der Stadtchronist Mauro Lucentini herausgefunden hat, ist die um Christus versammelte Personengruppe die älteste erhaltene realistische Darstellung lebensgroßer menschlicher Gestalten in einer römischen Kirche.

(Via Urbana 160)





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