Des Königs neuer Hafen

Entdeckungen im schwedischen Karlskrona

Text und Fotos: Robert B. Fishman

Lange Zeit war Karlskrona schwedischer Kriegshafen und für Besucher „off limits“. Nun sind Hafen, Werften und Befestigungsanlagen der einst verbotenen Stadt von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden. Zu Recht, meint unser Autor.

Alte Werftanlagen

Magnus Broomé versucht das Unmögliche. "Karlskrona", weiß der junge Tourismuschef des 60.000 Einwohner-Städtchens, "wurde gebaut, um Leute abzuschrecken. Jetzt wollen wir, dass sie kommen." Eine auf den ersten Blick abweisende Ansammlung alter Kasernen, Hafenmauern, Forts, Werftgebäude und Schiffskais soll der neue Touristenmagnet im Süden Schwedens werden.

Schweden / Karlskrona / Gebäude

Leuchtend rote, hölzerne Admiralitätskirche

Eine Stadt vom Reißbrett

Vor drei Jahrhunderten, kurz bevor Zar Peter in Russland sich die neue Hauptstadt Sankt Petersburg bauen ließ, wollte König Karl XI. von Schweden seinen eisfreien Hafen. Vor allem um Südschweden vor den dänischen Angriffen zu schützen, suchte der König einen Platz für eine neue Marinebasis im Süden des Landes. Seine Wahl fiel auf eine kaum besiedelte, von zahlreichen Inseln geschützte Bucht in der Wald- und Gartenregion Blekinge. Auf dreiunddreißig Inseln ließ der König ab 1680 eine neue Stadt aus dem Boden stampfen.

Schweden / Karlkrona

Häuser und Befestigungsanlagen

Wer nicht freiwillig mithalf, wurde gezwungen. Soldaten zerstörten die Häuser der Bauern, die nicht in die neue Stadt ziehen wollten. Nirgendwo sonst entstand um 1700 eine ganze Stadt auf dem Reißbrett königlicher Planer um eine neue Marinebasis herum. Im achtzehnten Jahrhundert orientierten sich viele europäische Stadtplaner am Modell Karlskrona.

Schweden / Karlskrona / Marinemuseum

Heute erinnert das preisgekrönte Marinemuseum (Foto oben) mit Schiffsmodellen, detailgetreuen Nachbauten einer Zimmermannswerkstatt, eines Kanonendecks und Werften an die Zeit der großen schwedischen Schiffbauer in Karlskrona.

Schweden / Karlskrona / Museum

Nachbau eines Kanonendecks

Ein Besuchertunnel führt unter die Ostsee, wo noch Wrackteile aus dem achtzehnten Jahrhundert liegen. Ihre Umrisse kann man in der graubraunen Brühe durch große Scheiben erahnen. Für die Sammlung historischer Galionsfiguren hat das Museum eine eigene gläserne Galerie gebaut.

Schweden / Karlskrona / Galionsfiguren

Galionsfiguren in der gläsernen Galerie

Vor dem Marinemuseum liegen alte Schiffe wie das Minensuchboot Bremön, das kleinste Vollschiff der Welt und der originalgetreue Nachbau eines Postschiffs von 1692. Erhalten ist auch das erste nordische Trockendock von 1720 und die dreihundert Meter lange Reeperbahn. Hier wurden früher Seile und Taue (Reepe) hergestellt.

Gefängniszellen für Computerspezialisten

Erst nach dem Ende des Kalten Krieges öffnete die schwedische Marine ihre Stadt für Zivilisten. 1997 entdeckte die UNESCO die bis dato verbotene Stadt. Sie erklärte Karlskronas alten Hafen mit den Resten der königlichen Werften, Forts und anderen Befestigungsanlagen, den gelben Kasernen und der leuchtend roten, hölzernen Admiralitätskirche zum Weltkulturerbe.

Schweden / Karlskrona / Befestigungsanlagen

Befestigungsanlagen und Kasernen

Inzwischen kehrt neues Leben in die Quartiere der Soldaten und Offiziere. Im ehemaligen Militärgefängnis programmieren Studenten Internetseiten. "Die Gefängniszellen sind genau die richtigen Räume für Computerarbeitsplätze", erzählt der junge Tourismuschef Broomé lachend. Mit seinem alten Motorrad braust der selbst für schwedische Verhältnisse lockere Mann durch Karlskrona auf der Suche nach neuen Attraktionen für die Touristen, die die Stadt demnächst bevölkern sollen.

Im Sommer lockt Karlskrona mit immer neuen Events Besucher an: Eine Segelregatta, ein Filmfestival in einem Leuchtturm, Open-Air-Opern, Angelwettbewerbe und ein Zirkusfestival organisiert die Stadt für Einheimische und Touristen. Die können inzwischen sogar mit Fahrraddraisinen durch den ehemaligen Militärbezirk auf der Hauptinsel Stumholmen fahren.

Schweden / Karlskrona / Verkaufsstände

Stände laden zum Bummeln ein

Erkundungen per Schiff

Die schönsten Winkel Karlskronas liegen versteckt in den Vororten. Jede der dreiunddreißig Inseln hat ihr eigenes Gesicht. Die schmucken roten und gelben Häuschen auf Ekholmen direkt am Hafen haben sich die Reicheren der Region gesichert. Unter dreihunderttausend Euro ist keine der meist mehr als hundert Jahre alten Stadtvillen mit ihren blühenden Gärten zu haben. Ein paar Inselchen weiter nördlich, auf Björkholmen, ducken sich die kleinen, flachen Holzhäuschen der Dockarbeiter an den Hügel. Viele Hütten haben, wie die von Wind und Wetter holperig gewordenen Kopfsteinpflastergassen, mehr als dreihundert Jahre auf dem krummen Buckel.

Schweden / Torhamn / Hafenamt

"Hafenamt" verkündet ein großspurig in drei Sprachen handgeschriebenes Schild an einem roten Holzhäuschen an der Bootsanlegestelle von Torhamn, einem abgelegenen Außenposten der Stadt Karlskrona (Foto oben). Drinnen wartet ein liebevoll mit blaugrau lasierten Holzmöbeln eingerichtetes Café auf Gäste. Der Wirt verkauft in seinem winzigen Krämerladen Eis und den leckeren schwedischen Kuchen. Dahinter beginnt der Strand mit Blick auf hunderte kleiner Inselchen, die die Eiszeit vor Jahrtausenden hier in der Ostsee hinterlassen hat.

Schweden / Torhamn / Krämerladen

Krämerladen in Torhamn

In Torhamn legen die Ausflugsboote in die weitläufige, stille Welt der Blekinger Schären ab. Die letzte Sensation geschah hier 1982. Ein sowjetisches U-Boot, dessen Besatzung wohl die Marinebasis Karlskrona ausspionieren sollte, strandete zwischen den flachen, bewaldeten Schäreninseln.

Zeit im Überfluss

Schweden / Karlskrona / Fährboot

Fährboot

Ein knappe Stunde lang - Zeit genug für ein leckeres Lachs-, Herings- und Kartoffelsalat-Büffet an Bord - tuckert das Boot zwischen den vielen Inseln hindurch nach Stenshamn: Eine Hand voll leuchtend rot, gelb oder hellblau gestrichener Sommerhäuser inmitten weiß, gelb, lila und rot blühender Gärten. Der im Abendlicht rosa schimmernde Himmel mit seinen weißen Wölkchen spiegelt sich in der glatten Wasserfläche der Ostsee.

Schweden / Karlskrona / rotes Haus im Blumengarten

Rotes Sommerhaus mit blühendem Garten

Wer zuhause ist, hängt die blaugelbe schwedische Fahne an die Hauswand oder zieht sie am Mast im Garten auf. Einbrecher muss hier niemand fürchten. Aufs Festland gelangt man nur mit einem der blauen, roten und gelben Boote die im Minihafen von Stenshamn (Steinhafen) vertäut liegen.

Schweden / Karlskrona / Hafen

Kleine Boote auf dem Trockenen am Hafen

Zeit scheint es hier im Überfluss zu geben. So setzt man sich einfach ans Wasser und schaut der untergehenden Sonne zu, angelt einen der zahlreichen Fische oder wandert über den aus Bruchsteinen gemauerten Deich hinüber auf die Nachbarinsel Utlängan, der östlichsten des Archipels. Ihre Spitze ziert ein schöner alter Leuchtturm. Werktags ist man hier auch im Juni, Juli und August, wenn ganz Schweden in die Sommerhäuser strömt, ganz allein.

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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