Reiseführer Andalusien: Flamenco - Ausdruck eines Lebensgefühls


Flamenco

Breite Schichten erreicht bei uns die Kunst des Flamenco durch berühmte Interpreten: die ein Millionenpublikum begeisternden Tanzaufführungen eines Joaquín Cortés, die Gitarrenorgien eines Paco de Lucia oder die Verfilmung von Carmen durch Carlos Saura. Während sie den Flamenco bei uns hoffähig machten, wenden sich Puristen unter den Flamenco-Liebhabern dabei häufig ab, hat ihrer Meinung nach doch die millionenfache Vermarktung des Flamenco, wie z.B. bei den zahlreichen Flamencodarbietungen in den Hochburgen des Tourismus, zu einer Verflachung und Verfälschung dieser typisch andalusischen Kultur geführt. Was ist also unter Flamenco in seiner ursprünglichen Form zu verstehen ?

Will man den Flamenco verstehen, muß man etwas über das Leben der Gitanos (Zigeuner) wissen, die Ende des 15. Jahrhunderts in Spanien einwanderten und natürlich auch ihre eigene Musik aus dem indischen und arabischen Kulturkreis mitbrachten. In Verbindung mit der Musik Spaniens, die u.a. maurische und hebräische Elemente enthielt, entwickelte sich der Flamenco Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts. Er war von Anfang an Ausdruck der Lebenssituation und des Lebensgefühls dieser in Spanien, wie überall auf der Welt, diskriminierten Volkes und ganz und gar nicht für ein großes Publikum gedacht. Er hatte seinen Platz ausschließlich in der gitano-andalusischen Gesellschaft. Erst Mitte des letzten Jahrhunderts trat der Flamenco an die „weiße“ Öffentlichkeit, wurde aus seiner natürlichen Umgebung gerissen und wanderte auf die Bühnen von Theatern und Cafes.

Flamenco

Flamenco in Jerez de la Frontera

Ursprünglich war der Flamenco nur cante jondo, ein nicht zufällig meist trauriger, tief emotionaler Gesang, improvisiert vorgetragen, ohne Instrumentalbegleitung und Tanz. Lediglich Händeklatschen oder rhythmisches Klopfen mit den Fingerknöcheln stellten die Begleitung dar. Gitarre und Tanz, die heute meist als Synonym für den Flamenco schlechthin gelten, dienen auch heute noch beim traditionellen Flamenco nur der Interpretation des Sängers, stellen eine Umsetzung des cante dar. Auch wenn der Flamenco als genuiner Ausdruck einer Lebensform also zunehmend verloren geht, sein in die moderne Musik- und Tanzkultur eingegangenes Erbe zeigt sich umso bereichernder für unsere Musikkultur.


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