Tagsüber büffeln, abends feiern

Spanisch lernen in Salamanca

Text und Fotos: Beate Schümann

Der Frosch stammt aus Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat. So heißt es im Märchen, an dessen Ende ein süßer Zauber steht. Doch das Frosch-Prinzip wirkt auch im richtigen Leben. Jedenfalls in Salamanca.
Jeder, der in die Hauptstadt von Kastilien-León kommt, geht zum Patio de Escuelas Menores, um nach einer versteinerten Kröte zu suchen. Ein Steinmetz hat die kleine Skulptur vor gut 500 Jahren in der Sandsteinfassade der Alten Universität versteckt. Warum der Frosch da wohl hockt? Auch die Salamantinerin Maria Isabel hat keine stichfeste Antwort. Wer ihn auf Anhieb und ohne Hilfe findet, wird ewig Glück haben, sagen einige. Andere meinen, vor allem Studenten, dass der im plateresken Puzzle der Ornamente gesichtete Grashüpfer bei Prüfungen nützt. Bleibt er unentdeckt, kann man ihn als Talisman immer noch in jedem zweiten Geschäft erwerben. Der Frosch ist das Maskottchen der Stadt.

Spanien - Salamanca - Frösche als Souvenirs

Frösche als Souvenirs

Lernen seit dem Mittelalter

„El que quiera saber que vaya a Salamanca“: Wer Wissen erlangen will, der gehe nach Salamanca. Das galt früher, und es gilt bis heute. Maria Isabel, genannt Mabel, ist Stadtführerin und stolz auf die Vergangenheit. Salamanca ist schließlich eine der ältesten und bedeutendsten Universitätsstädte Europas. Viele Dichter und Denker erhielten hier ihren Doktorhut. Kolumbus musste den königlichen Gelehrtenausschuss in Salamanca von seiner Theorie überzeugen, dass Indien im Westen liege. Und der Dominikanerpater Francisco de Victoria formulierte bereits 1540 hier die Grundlagen des Völkerrechts. Der berühmteste Uni-Rektor war der Schriftsteller Miguel de Unamuno.

Spanien - Salamanca - Universität

Die Universität von Salamanca

In der Glanzzeit im 16. Jahrhundert standen in den Matrikellisten der Universität 8.000 Studenten. Heute ist die Zahl auf fast 40.000 angewachsen. Die Stadt am Tormes ist für akzentfreies Hochspanisch berühmt. Deshalb kommen Studenten und Sprachschüler von weit her, auch Imke, Nadine und Markus aus Deutschland. Der 31-jährige Markus will danach für seine Firma nach Lateinamerika, Nadine braucht es für ihr Studium, Imke macht es aus Spaß. Für ein paar Wochen bis zu einem ganzen Jahr, an der Universität oder in Privatinstituten - das Kursangebot ist vielfältig. Alle Drei leben in Familien, lieben die intakte Altstadt, die Atmosphäre und Vitalität. Die 60.000-Einwohner-Metropole, die zwischen Madrid und der Grenze zu Portugal liegt, hat sich ihren Studenten verschrieben, die ihren Lebensrhythmus prägt.

Da es für die Lehranstalt 1218 noch kein eigenes Gebäude gab, fand der Unterricht in der Alten Kathedrale statt. Bildung war damals Sache der Kirche. Außer Theologie wurden Philosophie, Recht und Medizin gelehrt. Erst Anfang des 16. Jahrhunderts errichteten die Katholischen Könige das architektonische Meisterwerk. Über den beiden Toren prangen die kunstvollen Reliefs mit dem Medaillon der Bauherren Isabella und Ferdinand, darüber das Wappen Karls V. und ganz oben der Papst mit seinen Kardinälen.

Spanien - Staue von Miguel de Unamuno, Schriftsteller, Philosoph und berühmter Rektor der Universität Anfang des 20. Jahrhunderts

Staue von Miguel de Unamuno, Schriftsteller, Philosoph und berühmter Rektor der Universität Anfang des 20. Jahrhunderts

Im Inneren gleicht der Grundriss dem eines Klosters. Die Hörsäle waren um den Kreuzgang herum angeordnet, auch die Aula und die prächtige Bibliothek mit 40.000 Bänden. Der Hörsaal von Frater Luís de León ist der einzige original erhaltene. Die Lesung hielt der Professor von der Lehrkanzel, und zwar auf Lateinisch. Das änderte sich mit Antonio de Nebrija, der 1492 die erste spanische Grammatik schrieb. Unter dem Pult saßen die Adelssprösslinge auf Holzbänken. Die anderen hockten am Boden. Mitschreiben war undenkbar; sie mussten hören und repetieren. Wenn der Frosch ein gutes Examen bescherte, malte der Doktorand ein blutrotes V mit seinem Namen auf die Wände. V steht für Vitoria – Sieg.

Weltkulturerbe der Unesco

Die Altstadt ist fußläufig zu erobern. Mindestens 26 Kirchen und Klöster, acht Paläste und einige Museen warten. Grund genug für die Unesco, die Altstadt 1988 ins Welterbe aufzunehmen. Wer alle Gebäude sehen will, kann sich getrost auf eine Conquista einstellen. „Du brauchst dafür drei Tage“, meint Mabel.

Spanien - Alte und Neue Kathedrale über den Dächern von Salamanca

Alte und Neue Kathedrale über den Dächern von Salamanca

An der Plaza de Anaya liegt der Eingang zur neuen Kathedrale. Sie entstand, weil der amtierende König die alte aus dem 12. Jahrhundert plötzlich zu klein, zu niedrig und zu dunkel fand. Im Jahr 1513 ließ er einfach eine zweite anbauen – Wand an Wand. Ein gigantischer Komplex, der alle Dächer der Stadt überragt.An Kreuzgewölben, Säulen, Verzierungen, Fenstern und Fresken wurde in beiden nicht gespart. Nach Altarraum, Chorgewölbe und Kapellen freut Mabel sich auf die Capilla de Santa Barbara, die Lieblingskapelle der Studenten, und sie demonstriert auch warum. Sie setzt sich auf den Stuhl vor dem Sarkophag von Bischof Juan Lucero, Fuß an Fuß mit dem toten Geistlichen. „So verbrachten die Studenten die Nacht vor den Prüfungen“, sagt Mable. „Damit die Weisheit des Gelehrten auf sie übergehe.“ Was man nicht im Kopf hat, hat man in den Beinen.

Spanien - Capilla de Santa Bárbara, Guide Mabel zieht Weisheit aus den Füßen des Bischofs

Capilla de Santa Bárbara, Guide Mabel zieht Weisheit aus den Füßen des Bischofs

Durch die Altstadt

Beim Schlendern durch die alten Gassen und Plätze der verkehrsberuhigten Altstadt gerät man leicht ins Träumen und vergisst die Zeit. Morgens und abends ist das am Schönsten. Dann legt das Licht einen samtigen Granatglanz auf Kirchen, Klöster und die Universität. Deshalb führt Salamanca den Beinamen „Goldene Stadt“. Buchläden, Boutiquen und Spezialitätengeschäfte sind bis 22 Uhr geöffnet. Erst dann denken die Spanier ans Restaurant. Schick wie für die Oper schlendern die Salamantiner über die Flaniermeilen, begutachten die Auslagen, halten Ausschau nach Bekannten und dem richtigen Plätzchen für den Abend. Bars und Cafés gibt es genug.

Bis spät in die Nacht bevölkern die Salamantinos, Studenten und Touristen, Jung und Alt, unermüdlich die Plaza Mayor. Der Platz ist das barocke Herzstück, einer der schönsten in Spanien. Unter den langen Arkadengängen des großen Karrees ist in den Cafés bis Mitternacht kaum ein freier Platz zu finden. Irgendeine Fiesta findet immer statt oder auf der Bühne vor dem Rathaus ein Konzert – mal Pop, Rock, Klassik, mal völlig ausgeflippt. Um zwei Uhr ist Schluss. Doch dann stehen ja immer noch die zahlreichen Bars offen. Oder vielleicht das Stadtpalais, der Casa de las Conchas, dessen Fassade angeblich 300 Muscheln schmücken, die die Pilger auf dem Jacobsweg hierher führen. „Salamanca ist Party“, sagen die Studenten. Auch das ist ein Grund, warum sie kommen. Tagsüber büffeln, abends feiern.

Spanien - Salamanca - Plaza Mayor

Auf der Plaza Mayor

In den frühen Morgenstunden, wenn es noch herrlich kühl ist und Ruhe herrscht, eilen wenige Menschen durch die Straßen. Trotz der langen Nächte sind auch Studenten schon wieder darunter. Sogar am Sonntag, denn die Bibliothek ist bereits geöffnet. Manche sagen ja, dass der Frosch an der Universität die Studenten vor dem ausschweifenden Lebenswandel warnen solle. Vielleicht ist es aber auch so, wie Mabel meint: „Wer an den Frosch glaubt, kommt eines Tages wieder zurück nach Salamanca.“

 

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