Der Griff zur Wasserflasche - eine Notwendigkeit
Jeden
Tag aufs neue sollten uns die sich ständig verändernden
Ausblicke am meisten gefangen nehmen. Da die Wanderungen oft in
Kammnähe stattfinden, wechselt der Blick mehrmals am Tag von
der vielfältigen Küstenlinie und der reichhaltigen Vegetation
im Norden zur weiten Mesarya-Ebene im Süden, die in ihrem
Flickenteppich aus Ocker- und Brauntönen etwas von der sommerlichen
Hitze und Trockenheit erahnen lässt.
Ein Parkplatz auf der Passhöhe des Besparmak-Gebirges bildet
den Ausgangspunkt des zweiten Tages. Im Rücken eine markante
Felsformation, die mit ein wenig Fantasie an einen schlafenden
Drachen aus der Märchenwelt erinnert, müssen sieben Kilometer
an der Südseite des Kammes zurückgelegt werden, bis
wir unser erstes Ziel erreicht haben, die Reste der mittelalterlichen
Festungsanlage Buffavento.
Die Annäherung an die “dem Wind trotzende” Burg erfolgt behutsam, wie an allen Tagen sind nur geringe Steigungen zu überwinden, trotzdem lässt uns die kräftige Sonne, die nur manchmal von lichten Pinienwäldern abgehalten wird, des Öfteren zur Wasserflasche greifen. Bei Wanderungen in den Bergen Nordzyperns sollte man immer ein wenig Proviant und vor allem ausreichend Wasser dabei haben, denn viele Wanderstrecken führen durch einsames Gelände ohne Einkehrmöglichkeit. Das wird mancher Wanderer zu schätzen wissen, der fern jeder Betriebsamkeit mit sich und der Natur allein sein will.
Nachdenken über mittelalterliches Leben
Vorbei an Johannisbrot-, Lorbeer- und Pistazienbäumen, unterbrochen von steinhart gebrannten Flächen voller Myrte, Thymian und Zistrosen, erschließt sich die Anlage der mit 954 m höchstgelegenen Burg Zyperns erst langsam. Über ihre Entstehungsgeschichte ist nur wenig bekannt. Sie wurde erbaut, als die Insel eine Provinz des Byzantinischen Reiches war und erweitert im dreizehnten Jahrhundert von den Lusignans. König Richard Löwenherz hatte 1191 an der Spitze des Dritten Kreuzzuges Zypern seinem Machtbereich einverleibt und mit einem Vasallen des Königs, Guy de Lusignan, begann die 300-jährige Herrschaft der Franken über die Insel. König Richard war es auch, der Buffavento eroberte, diese bis dahin als uneinnehmbar geltende Festung. Heute ist sie nur mehr Ruine, wenngleich für uns die markanteste der Insel.
Wunderbarer Blick von der Festung Buffavento
Nicht nur allein wegen ihrer Lage - an die Felsen geschmiegt und einen wunderbaren Blick nach allen Seiten über die Insel eröffnend - sondern weil sie in ihrer Abgeschiedenheit und Verfallenheit Raum lässt für ein Spiel der Fantasie, für das Nachdenken über mittelalterliches Leben. Wie muss es geprägt gewesen sein von dem Gefühl der Bedrohung, von Anstrengung und Einsamkeit, von den alltäglichen Mühen der Versorgung.