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Ägypten - Kairo

Bukra ist schlimmer als mañana

Text und Fotos: Judith Weibrecht

Ägypten / Kairo von oben

Bukra heißt morgen. Und bukra ist schlimmer als mañana. Viel schlimmer. Bukra kann eine Ewigkeit dauern. Es sitzt bequem auf den Stühlen, tropft von den Wänden und wohnt in Kairo, der größten Stadt Afrikas, der „Mutter aller Städte“. In Kairo wohnen 18 Millionen, 19 Millionen, 20 Millionen Menschen? Wer weiß das so genau? In Kairo wohnt Bukra, viele schöne Monumente, das Chaos und der Lärm und Ali - von Judith Weibrecht aufgespürt.


Am Rand des Nordfriedhofs

Bukra wohnt auch bei Ali, der morgen eine neue Wohnung bekommen soll. Morgen, immer morgen. Das kann dauern - bis ans Lebensende. Ägyten NordfriedhofDas Lebensende wohnt übrigens auch hier, denn Ali haust auf einem Grab im Nordfriedhof, einer der drei Totenstädte Kairos. Was in den zwanziger Jahren als illegale Besetzung begann, ist heute längst Normalität, angeschlossen an die Wasser- und Stromversorgung.

Ali hat einen kleinen Laden, wo ich eine Cola trinke, aber hier gibt es auch einen Supermarkt, eine Post und sogar eine Polizeistation. Zwischen, in oder auf den Gräbern hausen Menschen wie du und ich, und Ali mit seiner Familie. Hühner gackern, eine Ziege streift unbeirrt zwischen berühmten Mausoleen umher, darunter liegen wichtige Tote, auf denen man wohnt, lebt, isst und stirbt (Foto: Nordfriedhof, Komplex von Sultan Ashraf Barsbey). Eine Wäscheleine wird gespannt. Der Friedhof als solcher ist eigentlich kaum zu erkennen. Doch friedlich ist es hier. Ein friedliches Dorf. Drei Schulkinder rennen in ihren hellblauen Uniform mit einem Drachen vor mir her.

Meine Cola ist leer. „Wann kommst du wieder?“, will Ali wissen und lächelt mit blitzenden, schwarzen Augen. „Bukra!“, sage ich, und Ali lächelt wissend.


 

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