Baku – pulsierende Metropole am Kaspischen Meer

Ein Stück Aserbaidschan zwischen vorgestern und übermorgen

Text und Fotos: Karsten-Thilo Raab

 

Aserbaidschans Hauptstadt Baku ist eine der modernsten und geschichtsträchtigsten Metropolen Asiens und war Mitte Juni 2015 Gastgeber der ersten Europaspiele.

Aserbaidschan - Terminal-Geäude dses Heydar Aliyev Flughafens in Baku

Terminal-Geäude dses Heydar Aliyev Flughafens

Die Chinesische Mauer lässt grüßen. Kilometerlang geht es auf dem Weg vom Heydar Aliyev International Airport in die Innenstadt von Baku, der pulsierenden Hauptstadt der Kaukasusrepublik Aserbaidschan, an hohen Mauern vorbei. Dahinter ducken sich moderne Häuser aller Größen und Formen. Die Vorliebe von Mauern rund um die Behausungen zeugt aus der Zeit, als hier noch alle Frauen Kopftücher trugen. Hinter dem gemauerten Sichtschutz durften die holden Schönheiten dann auch mal die Haare ein wenig im Wind wehen lassen, ohne Gefahr zu laufen, dass jemand dies sehen konnte. Heute tragen nur wenige Frauen in Baku noch ein Kopftuch. Geblieben ist die Vorliebe für die Mauern. Diese garantieren ein Stück Privatsphäre inmitten der rasant wachsenden Millionenmetropole. Gleichzeitig dienen sie natürlich auch als Lärmschutz. Denn auf den Hauptverbindungsachsen rollt der Verkehr auf mindestens vier Spuren in alle Richtungen.

Aserbaidschan - Blick aus den Flame Towers in Baku

Blick aus den Flame Towers

Und fast jeder scheint hier mit einem SUV unterwegs. Obschon die Sport Utility Vehicles, wie die Geländelimousinen offiziell heißen, gerne mal den einen oder anderen Liter Sprit mehr verbrauchen, verfügt Baku über die gefühlt größte Dichte an SUVs weltweit. Kein Wunder, bei Dieselpreisen von umgerechnet 60 Cent und Benzinpreisen von knapp 70 Cent. Aber nicht nur wegen der großen Karren erliegen die Straßen chronisch dem Verkehrsinfarkt. Dafür ist ein nicht enden wollendes Hupenkonzert zu vernehmen. Irgendwie müssen sich die Fahrer ja im Schneckentempo die Zeit vertreiben. Denn in die U-Bahn will hier kaum jemand freiwillig umsteigen – und dies obwohl die Tickets umgerechnet gerade einmal 20 Cent kosten.

Aserbaidschan - Teppichmuseum in Baku aus der Vogelperspektive

Teppichmuseum aus der Vogelperspektive

Überall ragen am Horizont Baukräne hoch auf und symbolisieren die allgegenwärtige Aufbruch-Stimmung im Lande. In einigen Teilen des Stadtgebiets herrscht ein Bauboom, wie man ihn sonst nur aus den Arabischen Emiraten kennt. Längst finden sich in der Kapitale einige moderne architektonische Landmarken wie das 2014 eröffnete Teppichmuseum, dessen Äußeres an einen riesigen, zusammengerollten Teppich erinnert. Oder das ganz in weiß gehaltene Heydar Aliyev Museum.

Aserbaidschan - Heydar Aliyev Museum in Baku

Heydar Aliyev Museum

In dem von der iranisch-britischen Star-Architektin Zaha Hadid entworfenen Vorzeigebau nimmt der Personenkult um den im Jahre 2003 verstorbenen Ex-Präsidenten, der noch immer überall im Land auf riesigen Plakatwänden allgegenwärtig ist, fast schon skurrile Züge an. Neben dem Fuhrpark, dem Schreibtisch, den Armeeuniformen und Orden des noch immer hoch verehrten KPD-Parteisoldaten, der unter anderem lange Jahre als Erster Stellvertretender Ministerpräsident der Sowjetunion fungierte, sind so Dinge wie die Öllampe, die er Ende der 1990er Jahre für drei Jahre nutzte, zu sehen. Spötter sagen, nur eine Haarschuppe und der erste Kaugummi des vermeintlichen Übervaters der Nation würden noch in der Sammlung fehlen.

Aserbaidschan - Flame Towers in Baku

Flame Towers

Und dann sind da noch die famosen Flame Towers, die ebenfalls von fast überall im Stadtgebiet zu sehen sind. Die drei Türme des 350-Millionen-Dollar-Vorzeigeobjektes, das optisch an riesige Flammen erinnert, ragen zwischen 140 und 190 Meter hoch in den Himmel. 10.000 LED-Lampen illuminieren allabendlich die 2013 eingeweihten Flammentürme, die längst zum Wahrzeichen für ein aufstrebendes Land geworden sind, das Feuer und Flamme für mehr europäische Nähe ist.

Eigens für die ersten Europäischen Spiele, die vom 12. bis 28. Juni 2015 in Baku ausgetragen wurden, entstanden ein neues olympisches Dorf und ein neues Olympiastadion. Über 6.000 Sportler aus 49 Nationen maßen in 19 olympischen wie auch nicht-olympischen Disziplinen ihre Kräfte. Neben Judo, Fechten und Schwimmen kämpften die Athleten auch beim Strandfußball und Kanu um Medaillen . Und wie schon beim Eurovision Song Contest 2012 wollte sich Aserbaidschan hier als perfekter Gastgeber erweisen, darum wurde hier auch nicht gekleckert, sondern geklotzt.

Aserbaidschan - Historische Stadtmauer in Baku

Historische Stadtmauer

Herausgeputzt glänzt schon lange die historische Altstadt, „Icheri Seher“ genannt, deren Stadtmauer auf das 12. Jahrhundert zurückdatiert wird. Dieser Kontrast zwischen jahrhundertealten Bauwerken und der Moderne des 21. Jahrhunderts gepaart mit einem Rest von Sowjetcharme ist es, der den Reiz der Metropole am Kaspischen Meer ausmacht.

Aserbaidschan - Jungfrauenturm in Baku

Jungfrauenturm

Nicht von ungefähr steht die Altstadt als Weltkulturerbe komplett unter dem Schutz der UNESCO. Markanteste Bauwerke sind hier neben dem Palast der Khane von Schirwan die Lesgische Moschee (Lezgi Miski) sowie der eigenwillig geformte Jungfrauenturm (Qız Qalası), während sich rund um den Fountain Square mit seinen vielen Brunnen moderne Einkaufsstraßen mit ihren vielen, vielen Designerläden gruppieren.

Aserbaidschan - Fopuntain Square, der zentrale Platz in Baku

Fopuntain Square, der zentrale Platz in Baku

Nur einen Steinwurf vom Jungfrauenturm und dem Einkaufsviertel entfernt, liegt das Kaspische Meer. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts entstand jenseits der Uferstraße eine parkähnliche Anlage zum Flanieren. Heute erwacht der prächtige „Baku Bulvar“ vor allem in den Abendstunden zum Leben. Auf der beliebten Flaniermeile, die eine Gesamtlänge von 26 Kilometern misst, befinden sich Cafés, Einkaufzentren und kleine Vergnügungsparks. Und wie überall in Baku treffen hier alte persische Traditionen, islamische Gepflogenheiten, sieben Jahrzehnte Sozialismus und der neu gewonnene Reichtum nach der Entdeckung des Erdöls im Kaspischen Meer gut sichtbar aufeinander.

Aserbaidschan - Sonnenaufgang über dem Kaspischen Meer in Baku

Sonnenaufgang über dem Kaspischen Meer

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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