Buchbespechung

Alleskönner Wald

Klassische Ausstellungskataloge enthalten üppige Abbildungen der ausgestellten Kunstwerke und meist kopflastige Essays. Von dieser Art der Publikation setzt sich die vorliegende ab, die von ihren Themen her auch ganz unabhängig von der Jahresausstellung im LWL Museum für Naturkunde zu nutzen ist. Neben den großen Themenblöcken wie „Wald voller Bäume“, „Lebensraum und Lebensgrundlage“ oder „Ort der Erholung“ öffnen sich beim Blättern Kapitel wie „Der Wald hat viele Gesichter“ und „Im Angesicht des Klimawandels“. Mittels der vorliegenden Publikation lässt sich der Ausstellungsbesuch sehr gut nachbereiten und vertiefen. So kann man zum Beispiel nachlesen, dass ein Drittel der Fläche Deutschlands aus Wald besteht, dass die Hälfte des deutschen Waldbestandes in Privathand liegt, dass der sogenannte Brotbaum der Fortwirtschaft die Fichte und der häufigste Laubbaum in deutschen Wäldern die Rotbuche ist. Übrigens, ohne Buchen und Bucheckern gibt es keinen Buchenwickler, ohne am Boden liegende Eicheln keine Nylanders Schmalbrustameise. Der Stofftransport und Stoffwechsel eines Baumes wird ebenso behandelt wie die Photosynthese.

Alleskönner Wald, LWL-Museum für Naturkunde

In Zeiten von Höher, Weiter, Schneller darf auch der höchste Baum der Erde, ein Küstenmammutbaum namens Hyperion im vorliegenden Buch über den Wald ebenso wenig fehlen wie der Hinweis auf den 45 m hohen Dortmunder Weihnachtsbaum. Dass wir mehr Jahreszeiten als nur vier haben, erläutert die Autorin ausführlich und zeigt, welche typischen Pflanzen unter anderem im Vorfrühling oder im Vollherbst charakteristisch sind, ob Hasel oder Stieleiche. Dass die Erdgeschichte mit der Waldentstehung zu tun hat, wird in einem gesonderten Kapitel beschrieben. Dabei wird auch die Abbildung eines fossilen Schuppenbaums präsentiert. Dass auch die Tierwelt des Waldes im Wandel ist, zeigt sich am Vordringen von Wolf und Luchs, teilweise durch Wanderbewegung und Bejagungsverbot, teilweise auch durch Auswilderungsprogramme. Die ökologische Bedeutung des Waldes ist keine Frage, Bäume binden Kohlendioxid und schützen als Bergwald vor Lawinen. Nur die wenigsten wissen, dass eine Buche im Laufe eines Tages 500 Liter Wasser über ihre Blätter als Wasserdampf abgeben kann und so ganz wesentlich zu-klimatischen Regulierungen beiträgt. Schließlich werden auch Bodenorganismen des Waldes unter die Lupe genommen und die Funktion von Totholz eingehend betrachtet. Der Wald ist auch ein Wirtschaftsfaktor, sodass die Autorin sich notwendigerweise mit dem Thema Fortwirtschaft sowie dem Einsatz von Vollerntern und Rückepferden auseinandersetzt. Zum Schluss widmet sich das Buch dem Wald als Erholungsort. Dass dies für den Wald auch Stress bedeutet, wird dabei nicht nur am Rande angesprochen.

© ferdinand dupuis-panther

 

Radionows, Nadine (Autorin) und Dr. Jan Ole Kriegs (Hrsg., 2020): Alleskönner Wald, LWL-Museum für Naturkunde, 100 Seiten, ISBN 978-3-940726-71-1, Preis: 14,80 Euro

 

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