Silkeborg
Silkeborg Bad
Skulpturenpark dauerhaft
Amazing Nature bis 31.12.2023
Bereits die Pflasterung des Eingangsbereichs ist ein Kunstwerk und stammt von Jørn Larsen. „Zusammen und hinaus in die Welt“ ist die Arbeit aus Pflastersteinen betitelt und zeigt ein ähnliches Symbol wie das für das UNESCO-Welterbe. Ganz in Blau getaucht ist der „Wassermann“, der so dasteht, als wolle er gleich zum einem Kunstsprung ansetzen, derweil aus seinem Körper feine Wasserfontänen entweichen. Ob diese Arbeit von Oddvar I. N. Darren eine Hommage an einen Turmspringer ist oder aber einen Schwimmer am Startblock einfängt, mag der Betrachter für sich entscheiden. Nur Schritte entfernt und dicht am ehemaligen Kurhaus steht ein weiterer Mann, der „Handyman“. Sein Körper besteht aus rostigen Handyhüllen. Bewegt man sich auf die Skulptur zu, so erklingen verschiedene Klingeltöne, auch die eines konventionellen Wahlscheibentelefons. Torben Klostergaard hat diesen „Homo Tubus“ geschaffen, der da rostig und als Akt vor uns steht. Sein männliches Glied besteht im Übrigen aus einem Rohr-T-Stück!
Einen Fischadler mit einem Hecht in den Klauen entdecken wir nachfolgend. Mit Patina überzogen ist die auf einem Sockel stehende Bronze, ein Werk von Hugo Liisberg aus dem Jahr 1961. Einem Eckregal aus massivem Granit gleicht die Arbeit von Jørgen Haugen Sørensen namens „Drei von vielen“. Hm, der Titel lässt Kopfschütteln aufkommen. Drei Fächer sieht man gewiss, aber wieso gibt es den Zusatz „von vielen“. Ist da Serielles gemeint, das in dem Werk steckt? Von Sergei Sviatchenko zeigt man die Installation „You“ ( 2017), bestehend aus einer Stahlkonstruktion und einem UV-Druck auf Alu. Zu sehen ist ein Mann, der wohl durch ein Fernrohr schaut, derweil er von einer Baumgabelung verdeckt wird. Der Welt der Fabeln und Fantasie entsprungen ist „Vater und Kinder“. Zu sehen ist eine sitzender Fuchs (?). Ein Kind klettert auf der Schulter des Vaters herum, das andere lauscht vor dem Vater stehend dessen Worten. Pontus Kjerrman hatte die Idee zu dieser Bronze.
Mit einem Denkmal wird an den Anstaltsarzt Fr. E. Klee erinnert, der zwischen 1883 und 1906 in der Kureinrichtung tätig war. In der Nähe der Waldvilla findet sich ein Naturstein mit den Namen der Wohltäter, die sich um Silkeborg Bad verdient gemacht haben, so Valdemar Frænkel und Fylla Trier. Eine Sitzbank ist mit dem Namen Arne Faber versehen, der zwischen 1916 und 1933 in Silkeborg Bad als Oberarzt beschäftigt war.
Gemeinsam mit Kindern aus Silkeborg schuf Ragnhild Melbye die dreiteilige Arbeit „Insel der Wünsche“, die umgeben ist von innovativen und archaisch anmutenden Musikinstrumenten wie Schlitztrommeln und einem „Plastikrohrvibrafon“. Metall sowie grüne und gelbe Plastikscheiben sind die Materialien, aus denen die Arbeit besteht. Als käme sie gerade aus einer Abguss-Sammlung antiker Skulpturen, so erscheint Kai Nielsens „Aarhus-Mädchen“. Direkt vor dem Eingang der Waldvilla sehen wir eine figurative Arbeit von Jørgen Haugen Sørensen. Aus Travertin entstandene teilweise fließende Formen, die auf einem stelenhaften schmalen Sockel ruhen. Antikes in Nachbildung sieht man hinter der Villa stehen: den Sandalen bindenden Hermes, eine Arbeit ursprünglich aus dem klassischen Hellas.
Lene Elsner ist eine zweiteilige Arbeit zu verdanken, die schlicht mit Opus I und Opus II betitelt ist. Auffaltungen von Landschaften oder Personen im Zerrspiegel als Vorlage – das ist beim Betrachten des Werks die Frage. Ein Steinrelief mit Zeichen und Glyphen trägt den Titel „Beidseitige Geschichte“, geschaffen von Frede Troelesen. Doch welche Geschichte wird hier eigentlich erzählt? Eine Dechiffrierung der Zeichen sucht man nämlich vergebens. Was treiben da eigentlich die beiden auf dem Rücken Liegenden? Gymnastik? Freikörperkulturübungen. Man müsste mal die aus Deutschland stammende Anka Landtau fragen, die das „turnende Paar“ geschaffen hat.
Fünf Stühle des Modells Ivar von Ikea stehen vor einer Buschreihe, vier sind verwittert, einer erscheint neu. Doch der Titel sagt „One and Ten Chairs“. Fehlen da noch Stühle, die uns der Künstler Jacob Juhl bisher vorenthalten hat? Und warum? Etwas abseits sehen wir drei kleine Hütten, aus denen Beton quillt. „Kein Platz – drei Häuser“ betitelte Gerda Thune Andersen die Installation. Worauf, so fragt sich der Betrachter, nimmt die Künstlerin eigentlich Bezug? Der aus Nigeria gebürtige Lawson O. Oyekan schuf aus Quarz und Granit eine amorphe Form, die er als “Fledgling“ benannte. „Passage“ ist Jean Clareboudt zu verdanken, zwei riesige Roststahlgebilde auf einer Scheibe auf einem Rohr. Was ein gespaltener Riesenschädel eigentlich mit „Subterranean“ zu tun hat, das kann nur Carl Krull wirklich beantworten. Er hat schließlich diese Zementform geschaffen. Aus rostfreiem Stahl besteht die Skulptur „Feder“, eine Idee von Erik Heide.
Treibholz ist das Material für den Riesenkreisel, der auf einer der Rasenflächen zu finden ist: Jens Chr. Jensen gestaltete „Snurretop (Spinning top)“. Dichtbei finden wir Erland Knudssøn Madsens „Skymåler - det perfekte instrument“, eine Art Torbau aus Granit. Vibeke Nørgaard Rønsbo hinterließ nicht nur einen, sondern mehrere Koffer vor dem Kurhaus: „Bag-age“. Und wer noch nicht genug Kunst im öffentlichen Raum gesehen hat, der möge auf weitere Touren durch den Skulpturenpark gehen. Es gibt viel zu entdecken, zumal die Sammlung erweitert oder durch Sonderausstellungen ergänzt wird,
© fotos und text ferdinand dupuis-panther 2023
Info
Art Centre Silkeborg Bad
https://www.silkeborgbad.dk
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In der nachstehenden Ausstellungsberichterstattung liegt die Beschränkung auf den Arbeiten, die im Skulpturengarten zu sehen sind. Dabei lassen sich dann die Kunstwerke, die dauerhaft im Skulpturenpark zu sehen sind, mit denen verbinden, die nur auf Zeit dort vorzufinden sind. Das ist aber dem Besucher gewiss selbst überlassen. Nein, der aus Polyester geschaffene „Wassermann“, aus dessen „Körperporen“ feinste Wasserstrahlen austreten, ist nicht Teil der „Naturbewunderung“. Doch diese Arbeit von Oddvar I. N. Darren fügt sich eigentlich gut in das Ausstellungsthema ein. Zudem bewegt man sich im Skulpturengarten in der Natur, stößt auf eine weißstämmige Himalaya-Birke ebenso wie auf eine Schmalblättrige Linde oder eine Hybridlärche und einen Eingriffeligen Weißdorn. Auch auf die Alpenjohannisbeere, Schneebeeren und in Zartlila blühenden Rhododendron treffen wir bei unserem Rundgang.
Zudem passt der Fischadler mit einem Hecht in den Klauen zum Thema der Sonderausstellung. Mit Patina überzogen ist die auf einem Sockel stehende Bronze, ein Werk von Hugo Liisberg aus dem Jahr 1961. Dabei steht diese Skulptur in der Tradition der Tierplastiken wie wir sie vor allem aus dem Ende des 19. und dem Beginn des 20. Jahrhunderts kennen. Nur Schritte davon entfernt entdecken wir eine „Sitzbank“ in Gestalt eines Bananenblattes, erdacht von Lilibeth Cuenca Rasmussen und Teil der Sonderausstellung. Ob das auf vier Beinen ausgebreitete, wellige Blatt wirklich eine bequeme Sitzfläche darstellt, darf bezweifelt werden. Verwundert ist man gewiss darüber, dass hier ein Sitzmöbel geschaffen wurde und keine Bodenplastik, die in die Rasenfläche eingelassen ist. Pontus Kjerman zeigt uns eine Familienszene ganz eigener Natur. Die Bronze „Vater mit Kindern“ scheint aus einer Märchen- oder Fabelwelt zu entstammen. Ist es Reinecke Fuchs mit seinem Nachwuchs? Angesichts der Kopfausformungen könnte man es annehmen.
Zerstörungen trifft nicht nur die Natur, die durch menschliche Eingriffe moduliert und dezimiert wird, sondern auch Kunstwerke. So ist von der Skulptur, die Roel D'Haese geschaffen hat, nur ein „Torso“ und eine fotografische Abbildung vorhanden, nachdem Vandalen und Diebe versucht haben, die Skulptur auf dem Altmetallmarkt zu verkaufen. Teile konnten gerettet werden und sind nun ein Mahnmal für die Kunstzerstörung. So ist die Präsentation zu verstehen, oder?
Vor der „Waldvilla“ entdecken wir eine gigantische Arbeit, die wie ein riesiges Horn eines Narwals ausschaut, das sich ins Gebälk der Villa bohrt und aus einem toten Baumstamm „gedrechselt“ wurde. Betitelt aber ist das Kunstwerk mit „Hauer“ bzw. „Zähne“. Urheber der riesigen „Holzskulptur“ ist Jørn Rønnau. Im Schatten der Bäume des Parks, gleichsam in einer Nische, hat „Bronze Pour“ einen Platz gefunden. Fürwahr sieht diese Skulptur wie eine in bizarren Formen erkaltete Lavaformation aus, tropfenförmig und organisch. A. Kassen ist ein Kopenhagener Kunstkollektiv, dem wir dieses Objekt in der Natur verdanken. Ein Hingucker auf dem Rundgang von Skulptur zu Skulptur ist auch eine riesige Edelzypresse mit ihrem ausladenden fächerförmig gestaltetem sowie schuppigem Blätterwerk. Außerdem gedeihen auch Traubeneichen im Park der ehemaligen Kurheilanstalt, die 1883 eröffnet wurde und deren Kurhaus nunmehr Kunstausstellungen beherbergt.
Teil der Sonderausstellung ist auch Karin Lorentzens „Gartenanlage“, die den Titel „Losing Civilisation“ trägt. Aus Bewährungsstahl besteht die Einzäunung des Grüns. Dabei stand auch die Fassade der „Waldvilla“ mit ihrem „Fachwerk“ Pate. Neben Beeren ist auch anderes Obstgewächs in diesem kleinen „Gartenparadies“ zu finden. Und was ist eigentlich mit den Holzstühlen, die am Rande einer Rasenfläche in Reih und Glied stehen? Sie sind Modelle von IKEA namens „Ivar“. Ist dieses Kunstwerk nicht auch dem Thema „Erstaunliche Natur“ zuzuordnen? Es ist umgestaltete Natur durch Menschenhand. Warum allerdings Jacob Juhl seine Installation „One and Ten Chairs“ nennt, bleibt ein Rätsel. Zu sehen sind ja nur fünf Stühle, vier verwitterte und ein ganz neuer – so zumindest Ende Juni 2023.
Julia Adzuki und Katrine Faber schufen 2023 anlässlich der Sonderausstellung das Werk „Earth Nest“ bestehend aus ausgelegten Riedbündeln, so hat es den Anschein. Maria Elizabeth hingegen gestaltete für die Ausstellung eine Klanginstallation. Über die Arbeit lesen wir auf der Homepage der Künstlerin Folgendes: „Die runde Form des Baumstamms ist für Maria Elizabeth ein Symbol für die Kreisbewegung der Natur. Die Drehung der Erde, der Wechsel der Jahreszeiten, der Tagesrhythmus, das wechselnde Licht usw. All dies sind Bedingungen, von denen sich der moderne Mensch entfernt hat. BREATHE wurde im Schloss Frederiksdal von der renommierten Athelas Sinfonietta Copenhagen zusammen mit dem Gitarristen Allan Sjølin unter der Leitung von James Sherlock aufgenommen. Mit der Komposition von BREATHE knüpft Maria Elizabeth wieder an ihre Ausbildung in klassischer Musik an der Königlichen Musikakademie in Dänemark und der Manhattan School of Music in New York an.“
Das Studio ThinkingHand wiederum konfrontiert uns mit einer Collage, die sich dem Metabolismus als Thema widmet. Hanne Keis mit ihrem über eine „Treppe“ fließendem Wasser ist irgendwie auch in den Kontext von „Amazing Nature“ einzubinden, oder? Und wie ist es um die „Unbeschriebenen Blätter“, eine Bodenskulptur, bestellt, die Lars Waldemar erdacht hat? Zu sehen sind zwei riesige rostige Blätter, die von Gras umgeben sind. Man sieht die Blattadern, sonst aber nichts … Das Spiel mit der Doppelsinnigkeit der Begriffs „unbeschriebenes Blatt“ im Sinne von unschuldig, unbekannt, ohne Makel scheint gewollt zu sein.
Erwähnt sei schließlich noch Herb Parkers Archiskulptur, gearbeitet aus Stahl, Weidenruten, Gras und Fischernetz. Es ist eine Art Behausung, ein Rückzugsort, den der Künstler mit „Ouroboros – Ort der Reflexion“ betitelt hat. Die Projektgruppe Bureau Detours schuf für das Projekt der Ausstellung eine Art Vorgarten und Foyer unter freiem Himmel für das Kurhaus. Sand, riesige Felssteine und auch eine Sitzbank sind Teil der „Naturinszenierung“.
Die in der Sonderausstellung vertetenen Künstler sind:
A Kassen (DK), Agnes Meyer-Brandis (DE), Anƫ Laionen (FI), Berit Nørgaard (DK), Bo Jessen Fogh Laursen (DK), Camilla Berner (DK), Cecilia Westerberg (DK), C. Partos (SE), Chris Watson (UK),Espen Tollefsen (NO), Filippa Berglund (SE/DK), Francesca Virginia Coppola (IT), Henrique Oliveira (UK/BR), Herb Parker (US), Jakob Kudsk Steensen (DK), Jens Gregersen (DK), Joan Hall (US), Julia Adzuki (AUS) & Katrine Faber (DK), Jørn Rønnau (DK), KarinLorentzen (DK), Karina Chechik (ARG), Karoline Hjorth (NO) & RiisaIkonen (FI), KrisƟna Kvalvik (NO), Lene Vidding (DK), Lilibeth Cuenca Rasmussen (PH/DK), Lærke Lauta (DK), Magnus Fisker (DK), Maja Ingerslev (DK), Noelia Mora Solvez (ES/DK), Oddvar I. N. Darren (NO), Roland Persson (SE), Signe Parkins (DK), Studio Thinking Hand (AUS& DK), Volodymyr Podlevsky (UKR).
© fotos und text ferdinand dupuis-panther 2023
Info
Art Centre Silkeborg Bad
https://www.silkeborgbad.dk