REIHE UNTERWEGS

Wenn es Herbst wird in Bühlertal

Text und Fotos: Dagmar Krappe

Sie hat es in sich, die knapp acht Kilometer lange Route, die entlang grün-gelber und rot belaubter Weinstöcke rund um Bühlertal in der Ortenau führt. Nicht wegen ihrer Länge, auch nicht wegen ihrer Steigungen, sondern wegen der kulinarischen Zwischenstopps, die es einzulegen gilt. An fünf Stationen werden die zahlreichen Wanderer, die sich an diesem Tag auf den Weg machen, von Bühlertaler Gastronomen mit badischen Speisen und Weinen verwöhnt.

Bühlertal - Aufstieg zur Emil-Kern-Hütte

Aufstieg zur Emil-Kern-Hütte

Nach dem einzigen steilen und etwas schweißtreibenden Anstieg gibt es an der Emil-Kern-Hütte auf 375 Metern erste Schlemmerhighlights in Form von Steinpilz-Pfifferling-Suppe, Carpaccio vom Schwarzwälder Rinderfilet und Kürbis-Trüffelmaultaschen mit Federweißer und Panoramablick ins Rheintal. Bei klarem Wetter soll die Spitze des Straßburger Münsters zu erkennen sein. Dass sie heute nicht auszumachen ist, liegt nicht am badischen Wein zu früher Stunde, sondern am noch wolkenverhangenen Himmel. Durch schattigen Kastanienwald folgt der Pfad zur Lourdes-Grotte. Bald darauf erfüllt oberhalb des Liebenbachtals ein Duft von frischem Zwiebelkuchen die Luft. Danach geht es auf dem Weinlehrpfad hinein in die Reben. Pralle blaue und weiße Trauben leuchten im herbstlichen Sonnenlicht an den Hängen. Warten darauf, in den nächsten Tagen gelesen zu werden. Schon ist die nächste kulinarische Station erreicht. Im Winzerpavillon geht es deftiger zu – mit Frischlingsragout, Zwiebelfleisch und Spätzle.

Bühlertal

Das Bühlertal und seine vielen Nebentäler sowie der gleichnamige Ort mit 8.000 Einwohnern liegen 15 Kilometer südlich von Baden-Baden - am Fuß des nördlichen Schwarzwalds. Die Ortenau gehört zur Weinregion Baden, die in neun Bereiche unterteilt ist. Sie umfasst 16.000 Hektar, ist 400 Kilometer lang, die sich von Tauberfranken bis zum Bodensee erstrecken. Baden ist das drittgrößte und südlichste deutsche Weinanbaugebiet. „Die Ortenau steht für Riesling und Blauen Spätburgunder, die auf Granitverwitterungsböden, die gute Wärmespeicher sind, an Steilhängen gedeihen“, erklärt Oenologe Volker Maier: „Auch Traminer und Müller-Thurgau sind beliebte Trauben in der Region. Zu 70 Prozent werden in der Ortenau Weißweine angebaut. In Bühlertal ist es allerdings anders, dort macht der badische Rotwein 80 Prozent aus.“

Bühlertal - Riesling Trauben

Riesling-Trauben

Die meisten Betriebe sind in Vereinigungen wie der Baden-Badener oder der bereits 1908 gegründeten Affentaler Winzergenossenschaft organisiert. Es sind hauptsächlich Nebenerwerbswinzer, die auf einem halben bis einem Hektar Wein anpflanzen. Volker Maier hingegen bietet seine Erzeugnisse nur im Direktverkauf an. Er studierte Weinbau und Kellerwirtschaft an der Hochschule Geisenheim und übernahm das Weingut seines Vaters in der 5. Generation. Neben den eigenen und gepachteten Flächen, die er bewirtschafte, sei er auch in Lohnarbeit für kleine Winzer tätig, sagt der 38-Jährige. Im Kurort Baden-Baden betreibe er noch eine Straußwirtschaft.

So wie Bernhard Falk seine Schänke „Falkenhorst“ seit fast 20 Jahren vier Monate im Jahr in Bühlertal öffnet. „Ich habe zwei Monate im Frühjahr, wenn der neue Wein trinkbar ist, und zwei im Herbst zur Federweißenzeit den Reisigbesen an der Tür hängen“, erzählt der Winzermeister: „Er zeigt Gästen, dass wir geöffnet haben. Maximal 42 Plätze darf das Lokal haben, und die Speisen sollten nur kalt oder gekocht, aber nicht gebraten sein, um Gasthäusern keine Konkurrenz zu machen.“ Schlachtplatte, Wurstsalat, Zwiebelkuchen oder Schäufele - gekochtes Schweinefleisch mit Sauerkraut und Kartoffelpüree - sind hier der Renner.

Bühlertal - Winzer Volker Maier bei der Müller-Thurgau-Lese

Winzer Volker Maier bei der Müller-Thurgau-Lese

Am Tag nach der kulinarischen Weinwanderung stehen Volker Maiers „Herbster“ oder Erntehelfer bereits wieder zwischen den Rebstöcken. Die weiße Müller-Thurgau-Traube möchte „geherbstet“ werden, wie die Weinlese im Badischen heißt. Da der Hang nicht so steil ist, lässt es sich gut zwischen den Weinstöcken entlang gehen. „Von der Blüte bis zur Lese dauert die Vegetationsperiode 100 Tage“, berichtet Maier: „Bei einer späten Blüte, wie es 2013 der Fall war, verschiebt sich auch die Ernte nach hinten. Im Juli findet die Grünlese statt. Unreife Trauben werden herausgeschnitten, so dass sich die verbleibenden gut entwickeln können. Die letzte Pflanzenschutzbehandlung muss spätestens 30 Tage vor der Ernte erfolgen.“

Um die 20 „Herbster“ beschäftigt der Weinbauer zur Saison. Viele kommen schon seit Jahren aus Rumänien. Mit einer Hand packen sie die Dolde und kappen sie mit einer Ernteschere vom Stängel. Faule Trauben schneiden sie heraus, die guten kommen in eine Kiste, die sich schnell füllt. Diese Behälter werden in runde Bottiche, die 400 Kilo fassen können, umgeschüttet, die Volker Maier per Traktor ins Weingut, das sich mitten in Bühlertal befindet, transportiert.

Bühlertal - Faule Trauben werden aus der Dolde herausgeschnitten

Faule Trauben werden aus der Dolde herausgeschnitten

Am Ende des Tages landen fünf Tonnen Müller-Thurgau in der Entrappungsanlage, in der die Trauben von den Stielen befreit werden. Danach kommen sie in eine Weinmembranpresse. Der ausgepresste Saft wird in Edelstahltanks geleitet. Dort ruht er drei bis vier Tage, wird dann in einen Gärtank umgefüllt und mit Hefe versetzt. Das Ergebnis ist leider erst im nächsten Frühjahr verkostungsreif. „Eine eigene Abfüllanlage rentiert sich nicht“, sagt Maier: „Es gibt Unternehmen, die mit einer mobilen Füllstraße in die Keller kommen. Innerhalb weniger Tage befüllen und etikettieren sie unsere Flaschen.“

Bühlertal - Jakob Duijn produziert Spätburgunder auf biodynamische Weise

Jakob Duijn produziert Spätburgunder auf biodynamische Weise

Weinbau auf kleine, aber biologisch-dynamische Art betreibt Jakob Duijn. Spätburgunder ist die große Leidenschaft des Holländers. Vor 20 Jahren kam der gelernte Koch und Sommelier mit Bühlertaler Weinexperten ins Gespräch und wurde selbst zum Winzer. Von seinen fünf Hektar eigenen Hängen produziert er nur drei Spätburgunder. Zwei davon werden im offenen Holzbottich ohne Fremdhefezusatz vergoren. Danach reifen sie bis zu 24 Monate im Barrique-Fass. „Wein muss nicht von Holz geschlagen, sondern geküsst werden“, lautet Jakob Duijns Devise.

Blauer Spätburgunder, die Hauptsorte in Bühlertal

Blauer Spätburgunder, die Hauptsorte in Bühlertal

In noch kleinerem, aber umso süßerem Stil hat sich Konditor Rudolf Müller dem Thema Wein genähert. Er spezialisierte sich auf Trüffel mit Rebensaft aus der Region. 6.000 Stück stellt er in der Herbst- und Wintersaison her: Burgunder in Krokantgrieß, Spätburgunder in Johannisbeerdunst- und Riesling-Sekt in Staubzuckerhülle, Eiswein in Vollmilchschokolade und Traminer in Kakao gerollt.

Bühlertal - Konditor Rudolf Müller befüllt Trüffel mit badischen Weinen

Konditor Rudolf Müller befüllt Trüffel mit badischen Weinen

Wie gut, dass man rund um Bühlertal nicht nur am Weinwandertag wandern kann.

 

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