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Dänemarks Aufbruch in die Moderne, 176 Seiten, , 140 farb. Abb., Dölling und Galitz Verlag Hamburg/München 2013, ISBN-13: 978-3862180561, Preis 24,90 €
Der vorliegende Begleitband geht ausführlich auf den Ursprung der Sammlung Hirschhorn ein und beleuchtet die Biografie des Ehepaars Heinrich und Pauline Hirschsprung. Pauline entstammte einer begüterten jüdischen Familie. Heinrich war erfolgreicher Tabakfabrikant und Kunstliebhaber, der 1866 sein erstes Gemälde erwarb, Beginn einer andauernden Sammelleidenschaft. Zunächst waren die Gemälde der Öffentlichkeit nicht zugänglich, sondern schmückten das Haus der Hirschsprungs in der Bredgade 45. Einen Fokus der Sammlung bildet das Werk des dänischen Naturalisten Krøyer, der auch als Ratgeber für weitere Ankäufe diente. Skovgaard, Ancher, Johansen, Paulsen und andere Künstler bereicherten nach und nach mit ihren Arbeiten die Sammlung. 1911, so ist nachzulesen, wurde das Museum für die Sammlung eröffnet. Zur Sammlung zählten fast 2400 Werke, darunter 529 Gemälde. Darunter befindet sich auch das von Krøyer geschaffene Doppelporträt der Eheleute Hirschsprung. Zur Beziehung zwischen Hamburg und Kopenhagen gehört auch die Beziehung zwischen Alfred Lichtwark und Emil Hannover, der sich die Autoren Howoldt und Saabye in ihrem Beitrag ausgiebig widmen. Der Erstere Leiter der Kunsthalle, der Letztere der Sammlung Hirschsprung. Lichtwark war ein Kenner der Kunstszene seiner Zeit und reagierte als Erster sehr positiv auf die französischen Impressionisten, in Deutschland eher eine Ausnahme. Innovatives Denken war Lichtwark nicht fremd und daher ergaben sich auch der Kontakt zu Hannover und die Arbeit am Museumsbau für die Sammlung Hirschsprung. Lesenswert ist das Kapitel zur neuen dänischen Kunst, die mit den Namen Krøyer und Hammershøi verbunden ist. Welcher Widerstand sich gegen die „neue Kunst“ erhob, stellt Felix Krämer gleich zu Beginn seines Beitrags heraus. Der Frage nach der Rolle der Porträts in der Sammlung Hirschsprung geht Jenns Howoldt in seinem Katalogbeitrag nach. Hirschsprung, so der Autor, erwarb schon früh, im Jahr 1883, Porträts von Krøyer, die er von Künstlerkollegen in der Bretagne gemalt hatte. Darunter ist auch das Porträt des Malers Michael Ancher. Neben den Porträts spielt das Thema „Arbeit“ in der künstlerischen Darstellung eine wichtige Rolle für die Sammlung Hirschsprung, erinnert sei nur an Krøyers Gemälde „Im Kaufmannsladen“. Nicht nur dieser Maler befasste sich mit dem Arbeitsalltag, sondern auch Skovgaard, dem wir ein Bild von der Schafschur auf Lolland verdanken. Zwei Möwen rupfende Alte malte Anna Anscher um 1863, thematisch nahe an Liebermanns „Die Gänserupferinnen“. Neben dem Motiv „Arbeitsalltag“ spielt in der Sammlung, so Neela Struck in ihren Ausführungen, auch das Familienbild eine gewichtige Rolle. Hier sei wiederum Krøyer zu nennen, der die Familie Hirschsprung 1881 malte. Keine Frage auch und gerade die Landschaftsmalerei begründete das sogenannte Goldene Zeitalter Dänemarks. Diese fehlt in der Hirschsprungschen Sammlung auch nicht, darunter einige grafische Arbeiten von Johan Thomas Lundbye, wie Stefanie Wiech ausführt.
Wer sich schon immer mit der Kunst unserer nördlichen Nachbarn befassen wollte, kommt um den vorliegenden Ausstellungsband nicht herum. © fdp
Jürgen Rau: Hamburg, deine Perlen - Die einzigartige Musikszene der Hansestadt, Seiten: 260, Abbildungen: 713, Bremen 2011, ISBN 978-3-8378-2011-9, Preis 19,90 Euro
Was haben Nena, Fips Asmussen, Fräulein Menke, Roger Cicero und Lonzo gemeinsam? Sie bereicherten – wie im Falle des mit 47 Jahren verstorbenen Teufelsgeigers Lonzo („Leinemann“) – und bereichern die Hamburger Musikszene, in der auch die Beatles und der Star-Club zeitweilig eine bedeutende Rolle spielten. Wer durch die Veröffentlichung blättert und hier und da liest, was Jürgen Rau notiert hat, der wird auch auf überraschende Geschichten stoßen, so auf einen gewissen Herrn Albert Gottlieb Methfessel, der die Hamburger Hymne „Hammonia“ komponierte, auf Hans Albers, der die Reeperbahn besungen hat, aber nicht nur die, und auch auf Alexandra, die mit rauchiger Stimme Balladen sang und unter nie wirklich geklärten Umständen bei einem Autounfall ums Leben kam. Dass auch ein Spross der Familie Bach in Hamburg Musikgeschichte und Peter „Banjo“ Meyer in Hamburg europäische Jazzgeschichte schrieben, erfährt, wer sich in die vorliegende, sachkundige Veröffentlichung vertieft. Was die St. Joseph-Kirche mit den Beatles zu tun hat, verrät uns der Autor ebenso wie das Rezept der Megaerfolge von Dieter Bohlen, der bis heute über 200 Hits in die entsprechenden Paraden gehievt hat. Wenn Sie Brahms lieben, finden Sie überaus Wissenswertes in den „Hamburger Musikperlen“, die Rau aufgefädelt hat. Schon mal von den City Preachers, einstmals die angesagteste Folkband Deutschlands, und von Liederjahn gehört? Nein, na dann hilft Jürgen Rau Ihnen auf die Sprünge. Dass man sich in Hamburg auf acht Schläge pro Takt versteht und der Song „Die „Wanne ist voll, uhuhu“ ohne Helga Feddersen nicht denkbar war, erfährt der Leser dieser sehr unterhaltsamen „Hamburgensie“. Mit Felix de Luxe begibt man sich mit einem Taxi nach Paris, auch ohne Hamburg zu verlassen. Der Barde Gunter Gabriel, der in einem Wohnschiff im Hamburger Hafen vor Anker gegangen ist, und Nena, die sich in einem freien Schulprojekt in Hamburg engagiert und stets mit „99 Luftballons“ in Verbindung gebracht wird, sind zwar keine Hamburger im strengen Sinne, sondern Zugereiste wie viele Musiker, die aus der Musikszene der Hansestadt nicht mehr wegzudenken sind. Und dass gilt für eine ganze Reihe von Musikern, die Rau aufführt, man denke nur an den Emdener Jungen Otto. Und auch Klaus & Klaus sind keine Ur-Hamburger.
Dass die Jazzszene der Stadt – mal von wenigen Ausnahmen wie Bill Ramsey, die NDR-Bigband, Abbi Hübners Low Down Wizzard oder Günter Fuhlisch abgesehen – etwas stiefmütterlich behandelt wird, sei an dieser Stelle angemerkt. Neben den Hamburger Hitcharts – angeführt von „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ – befasst sich der Autor zudem mit Hamburger Institutionen wie dem Hafenkonzert und der Geschichte der Pankoken-Kapelle. Mit dem Kapitel „Wo die Musik spielt“ schließt die umfängliche Veröffentlichung ab. Dabei sollte man allerdings keine Gesamtschau aller Spielstätten erwarten. So ist zwar das „Birdland“ aufgeführt, das „Stellwerk“ im Bahnhof Harburg fehlt allerdings ebenso wie das „Consortium“. © fdp
Villen und Landhäuser Bürgerliche Baukultur in den Hamburger Elbvororten von 1900 bis 1935, hrsg von H. Bunge und G. Dähler, S. 210 m. zahlreichen s/w-Abb. und eingelegtem Stadtplan, Hamburg 2012, ISBN3-86218-031-X, EUR
39.90
In seinem einleitenden Beitrag „Skizzen zu Politik und Gesellschaft in den Elbvororten 1900 bis 1935“ befasst sich Gerd Kähler auch mit der Frage, ob der Begriff „Elbvororte“ richtig gewählt ist, waren doch die heutigen Stadtteile Rissen, Flottbek, Nienstedten und Blankenese keineswegs Hamburger Stadtgebiet. Nicht einmal zu Altona gehörten sie, ehe dies per Gesetz 1927 geschah. Erst 1935 gingen sie an Hamburg über - dank eines dann erlassenen Gesetzes zur Eingemeindung. Dass die Stadt nicht nur durch die Bauten Schumachers und Oelsners – öffentliche wie Wohnungsbauten – geprägt wird, hebt der Autor ebenso hervor wie den Trend, dass angesehene Hamburger Familien den engen Stadtmauern im ausgehenden 19. Jahrhundert entflohen und sich ein Landhaus in Klein Flottbek und anderswo gönnten. Das galt vor allem für Reeder, Handelsherren und Bankiers wie Jenisch, Godeffroy, Amsinck und Schröder. Der angesehene Architekt des Klassizismus Christian Frederik Hansen beispielsweise entwarf entsprechende Häuser für die wohlhabenden Godeffroys und Baurs. Terraingesellschaften ihrerseits waren maßgeblich für das Entstehen der Villenanlage Hochkamp verantwortlich. Auch das reißt der Autor in seinem Beitrag kurz und knapp an. Dass Eisenbahn- und Straßenbahnverbindungen, darunter die berühmte „Chinesenbahn“, die Attraktivität der Vororte erhöhte, ist ein historischer Tatbestand, den Kähler sehr nachhaltig hervorhebt.
Nach dieser Einleitung findet man in der sehr lesenswerten Hamburgensie eine Fotostrecke historischer Villen und Landhäuser, angefangen vom Haus H. Wilkens über das Haus Michaelsen – über dies schrieb der Architekturkritiker Peter Meyer, dass es menschlich bei Weitem reifer und wohl zukunftsvoller sei als die Architektur von Gropius und Le Corbusier – bis hin zum Haus de la Camp. Nicht nur Außenaufnahmen werden präsentiert, sondern auch die Innenräume einzelner Objekte im Bild vorgestellt. Auf das Phänomen der weißen, klassizistischen Villen der Vororte geht Olaf Bartels in seinem Artikel „Eine Hamburgische Landhausarchitektur“ ein. Zu verdanken ist dieser Landhausstil dem dänischen Landesbaumeister Christian Frederik Hansen. Der Autor erläutert auch den Wandel der Baustile im Zuge des Zuzugs bürgerlicher Familien in die Vororte. Diese siedelten zunächst in Neorenaissance-Bauten nahe den Vorortbahnhöfen, die nach Aufhebung der Torsperre und mit dem Bau entsprechender Schienenwege entstanden waren. Begleitet wurde der „Bauboom“ von dem Erstarken der Heimatschutzbewegung, die sich einem norddeutschen Architekturstil verschrieben hatte, voran Oskar Schwindrazheim, der in seinem Büchlein „Das Vaterhaus“ neo-konservative Lebensformen für die neue bürgerliche Mittel- und Oberschicht beschrieb. Backstein als Baumaterial wurde ebenso propagiert wie Formen des Neobarock und Neorokoko, wie der Autor des Beitrags sachkundig notiert. Ein Teil der damals tätigen Architekten – wir sprechen von der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts – wurde wie Erich Elingius auch von der englischen Landhausarchitektur inspiriert, die u. a. auf eine offene Verwendung des Klinkermauerwerks setzte. Aber auch neue Akteure tauchten in der Architektenszene auf, insbesondere in den 1920er Jahren. Besonders genannt wird in diesem Kontext Karl Schneider, ein früherer Gropius-Mitarbeiter, der mit seinem Haus Michaelsen (1922-24) für Aufsehen sorgte. Auch mit Themen wie Garten- und Raumkunst befasst sich der vorliegende „Architekturführer“, der ein spannendes Kapitel der Baugeschichte der Hansestadt aufblättert und Lust darauf macht, den Spuren der Villen und Landhäuser zu folgen. © fdp
Bundesingenieurkammer (Hrsg.): Der Alte Elbtunnel Hamburg, Autor: Sven Bardua, DIN A5, 121 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, Berlin 2011, ISBN 978-3-941867-03-1, Preis Euro 9,80
Der Autor vermittelt dem Leser zu Beginn seine ganz persönliche Sicht auf das Bauwerk, das ihn magisch anzog, nicht nur wegen des abwechslungsreichen Spiels der Kabinen und Tore. Er befuhr dieses "verkehrstechnische Fossil" - so die Worte Barduas – mit seinem VW Käfer und auch mit einem fünf Meter langen Citroën CX – eine wahre Herausforderung in dem recht schmalen Tunnel. Neben seiner ganz persönlichen Beziehung zu diesem "Wahrzeichen der Ingenieurskunst" schildert der Autor aber auch Wissenswertes über die Einmaligkeit des Bauwerks: Es ist der einzige Unterwassertunnel, der Fahrzeuge und Personen in Aufzügen befördert – und das weltweit, nachdem der Finniestontunnel in Glasgow seit mehreren Jahrzehnten weitgehend stillgelegt ist. Noch eine weitere Besonderheit erwähnt Bardua, die Sichtbarmachung von Konstruktionslinien und -teilen als architektonische Merkmale. Dass der Alte Elbtunnel nicht eine Marotte von Architekten und Ingenieuren war, sondern eine notwendige Infrastrukturmaßnahme im Zuge der Hafenerweiterung in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts führt der Autor sachkundig aus. Dabei greift er auch zu historischen Quellen, die er zitiert, so auch die Eingabe von Unternehmen des südlichen Elbufers, die sich 1891 an den Senat wandten und die prekäre Situation des Transports ihrer Arbeiter bei Schichtende schilderten. Ohne das Engagement von Ludwig Wendemuth, Oberbaurat in den Jahren des Elbtunnelbaus, sowie des Unternehmens Philipp Holzmann & Co, so der Autor, wäre ein derartiger Tunnel nie realisiert worden. Der oben genannte Finniestontunnel diente dabei als "Vorlage". Auch der Barlow- und der Greathead- sowie der Blackwalltunnel in London spielten gleichfalls eine Rolle bei der Planung des Alten Elbtunnels. Auch die Hamburger Kanalisation wie das Kuhmühlenstammsiel diente den Planern des Elbtunnels als Vorbild. Kenntnisreich behandelt der Autor abseits der eigentlichen Geschichte des Elbtunnels ähnliche Bauvorhaben jenseits von London und Glasgow, ob den 1898 fertiggestellten Spreetunnel oder die in der sogenannten Berliner Bauweise – sprich in offener Bauweise – errichteten U-Bahn-Tunnel in Berlin. Minutiös kann der Leser im weiteren Verlauf der von Bardua aufgeblätterten Elbtunnel-Geschichte die einzelnen Bauphasen verfolgen, einschließlich des Baus des Schachts Steinwerder. Dass die am Bau beteiligten Wanderarbeiter aus Polen, Russland, Italien und Skandinavien dank einer Druckluftprämie und einem Stundenlohn von bis zu 76 Pfennigen gut verdienten, wird kurz und knapp erwähnt. Die Tücken des Arbeitsalltags, besonders das Problem Druckluftkrankheit, werden hingegen ausführlicher behandelt. So erfährt der Leser auch von den verstorbenen Arbeitern Carl Otto und Johann Sanczezes. Zudem führt Bardua 615 leichte und 74 schwere Erkrankungen in der Arbeiterschaft auf. Schuld an diesen Erkrankungen waren die zu kurzen Ausschleusungszeiten für die Arbeiter, die in einer Druckluftkammer malochen mussten. Recht detailliert geht der Autor auf die Architektur des Elbtunnels und auf den Betrieb der Anlage ein. Im Anhang der Veröffentlichung sind zudem technische Daten zu finden. © fdp
Sven Bardua: Brückenmetropole Hamburg. Baukunst, Technik, Geschichte bis 1945, hrsg. Hamburgische Ingenieurkammer-Bau und Museum der Arbeit, Dölling und Galitz Verlag Hamburg 2009, ISBN 978-3-937 904-88-7, 200 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, Preis 24,90 Euro
Im Mittelpunkt des Bandes, so steht es bereits in der Einleitung von Peter Bahnsen, steht die „Kunst des Überbrückens als bedeutender Beitrag zur deutschen Baukultur“. Bereits auf den ersten Seiten wird der Leser mit so unterschiedlichen Bauformen wie der Rethe-Hubbrücke Hohe Schaar von 1934 und dem Maackschen Vorentwurf der Adolphsbrücke von 1843 konfrontiert. Hamburg als Brückenhauptstadt ist eines der Kapitel der lesenswerten Publikation gewidmet, die mit Detailkenntnissen nicht spart und den Ausstellungsbesuch sinnvoll ergänzt. Wussten Sie, dass die Zollenbrücke für die Zeit ihrer Entstehung im 17.Jh. eine der aufwändigsten ihrer Art war? Brücken durchziehen nicht nur die Bau-, sondern auch die Stadtgeschichte Hamburgs: Bereits 1806, also unter französischer Besatzung, zählte man 90 Brücken, kein Vergleich mit der heutigen Zahl. Große Brücken, so lesen wir, sind für die Stadt eher selten. Darunter versteht man Brücken mit Stützweiten von mehr als 30 Metern – auch in Deutschland eher die Ausnahme als die Regel. Wer schon immer einmal wissen wollte, was man unter Fischbauchträgern zu verstehen hat, der kann die Antwort in der vorliegenden Veröffentlichung finden. Die Querung der Norderelbe erfolgte 1928 durch derart gebaute Straßenbrücken mit gegenläufigen „Wellenkonstruktionen“. Dass auch ein Tunnel eigentlich eine Brücke ist, wird so manchen Leser überraschen. Doch der sachkundige Autor klärt darüber auf, dass der „Lessingtunnel“ in Altona in Wahrheit ein Brückenbau ist, da ein Dutzend Stahlträgerbrücken seit 1895 die Gleise des Altonaer Bahnhofs tragen. Kurioses findet sich an anderer Stelle: Auf dem Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofs Rothenburgsort gibt es einen 150 Meter langen Brückenstrang – ein nutzloses Bauwerk seit der Aufgabe des Bahnhofs. Über nicht gebaute Brücken wie die von St.Pauli nach Steinwerder weiß Sven Bardua ebenso zu berichten wie über den Gigantismus, den sich Konstanty Gutschow für die Elbhochbrücke ausgedacht hatte – für den Führer und sein „Neues Hamburg“. Was man unter einer Balkenbrücke versteht und wie sie aussieht, bleibt dem aufmerksamen Leser ebenso wenig verborgen wie die Bauweise einer Bogenbrücke z. B.der Ellerntorbrücke über dem Herrengrabenfleet. Gewürdigt werden vom Autor namhafte Brückenbaumeister, ob Franz Andreas Meyer oder Johann Hermann Maack. Selbst, wenn man nun nicht jeden Beitrag oder thematischen Kasten aufmerksam lesen möchte, auch beim Blättern bekommt man einen optischen Einblick in die Funktion und Bauweise Hamburger Brücke. Das Steinviadukt der U-Bahn an der Mundsburg ist ebenso abgebildet wie die Dammbrücke über die Alster. Diese Visualisierung des Themas Brückenbau in Hamburg ist vielleicht ein guter Anlass, sich in der Stadt mal auf Brückensuche zu begeben, die Schaartorbrücke oder die Fußgängerbrücke zur Parkseeinsel im Stadtpark zu besuchen. Fazit: eine Veröffentlichung, die nicht als Fachbuch für Architekten und Bauingenieure gedacht ist, sondern als Hamburgensie anzusehen ist. © fdp
S.Rahner/Museum der Arbeit: Werbewelten Made in Hamburg 100 Jahre Reemtsma, Junius Verlag Hamburg, ISBN 978-3-88506-469-5
Der Katalog beleuchtet die Geschichte eines der wichtigsten Unternehmen Hamburgs und folgt dabei zugleich der Geschichte des Rauchens und der gezielten Werbung für den Glimmstängel. Die ersten Zigarettenherstellungen in Hamburg und Altona werden ebenso vorgestellt, wie wertvolle Bilddokumente zum Thema Tabakanbau und Zigarettenproduktion. Beeindruckend ist die Geschichte des Industriedesigns, die der vorliegende Band aufblättert, betrachtet man nicht allein die bunten Zigarettenpackungen, sondern auch die vielfältige Plakatwerbung der letzten Jahrzehnte. Neue Marken der 1970er Jahren wie Boeing 707 oder Arlette werden ebenso präsentiert wie Test the West. Die üppigen Illustrationen werden begleitet durch prägnante kurze Texte. Der Band ist eine hilfreiche Ergänzung zur Ausstellung.
„Tempo. Mein Laster. Warentransport im Wandel“ (Hg. Museum der Arbeit, Jürgen Bönig, 144 Seiten, mit 300 historischen und Farbabb, ISBN 978-3-937904-76-4, Hamburg 2008, Preis 19,80 Euro).
„Wasser, Straße, Schiene“ ist ebenso ein Thema wie „Mobile Güter heute und in Zukunft“. Das bedeutet, dass die Geschichte des Tempo in einen historischen und gesellschaftspolitischen Kontext gesetzt wird. Ein abgedruckter Werbeprospekt zeigt die Varianten der produzierten Tempo-Wagen, ob den Lieferwagen von Kaffee Hag oder Wäscherei Igelshof. Voller Überzeugung lautete der Slogan des Tempo: „Von den Alpen bis zur Nordsee ...“ Und dass die Erfolgsgeschichte des Tempo noch weit darüber hinaus ging, erläutert die Abhandlung zum „Indischen Tempo“: 3000 Einheiten pro Jahr baute man in Pune zusammen, um Menschen durch die Hektik der indischen Städte zu bringen. Doch die Zeit des Tempo war im Jahr 2000 auch dort gekommen. An die Stelle des Tempo-Fahrzeugbaus trat der Lizenzbau des Mercedes-Kleinlasters 207.
Welchen Quantensprung der Tempo-Dreiradkleinlaster bedeutete, wird im einleitenden Themenkapitel abgehandelt. Als dessen Bau begann war das Lastenfahrrad der Rückhalt des kleinen Güterverkehrs. 15 Millionen Fahrräder besaßen die Deutschen damals, außerdem 80000 Krafträder und 500000 PKW. Welchen guten Dienst der Tempo tat, kann man im Themenkasten „Frische Milch“ erfahren.
Die „Konkurrenz Borgward“ wird in einem Themenkasten ebenso abgehandelt wie „Erste Fließbandarbeit“, die die Produktion von jährlich 2000 Einheiten auf 8600 Einheiten zu steigern verhalf. „Der Traum vom eigenen Auto“ leitet das Kapitel ein, dass sich den Jahren 1945 bis 1965 widmet. Es sind Jahre in denen sich wie heute auch die Frage „Straße oder Schiene?“ stellte. Dass über den Tempo Wiking in „Auto, Motor, Sport“ am 16.4.1955 ein Testbericht erschien, kann in der vorzüglichen Veröffentlichung ebenso nachgelesen werden wie Näheres über die „Betriebsfamilie“ des Tempo-Werks. Abgeschlossen wird der Band mit dem Kapitel „Mobile Güter heute und in Zukunft“. Das schließt auch die Geschichte des Bajaj-Tempo aus Pune ein.© fdp