Schleswig
Schloss Gottord
Kreuzstall / Museumsinsel Schloss Gottorf
Moderne und Idyll: Impressionismus in Deutschland bis 30. Oktober 2022
Tierisch schön bis 30. Oktober 2022
Blick in die Ausstellung im Kreuzstall © Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen
Die Ausstellung ist thematisch gegliedert und spannt einen Bogen vom französischen Impressionismus über das Thema Idylle und Sehnsuchtsort sowie Kunst und Technik bis hin zum Nachklang in Richtung auf Post-Impressionismus. „Kleinformatige grafische Bildstrecken“ wechseln sich mit Arbeiten in Öl ab, sodass eine sehr dynamische Ausstellungsstruktur vorhanden ist.
Französischer Impressionismus
So grazil wie die Tänzerinnen von Degas erscheint Hans Fuglsangs „Tänzerin“ nicht. Die Hände hat sie in die Hüften gestemmt. Nein, Degas Werk zeigt man auf Schloss Gottorf nicht, so doch einige grafische Arbeiten bekannter französischer Impressionisten. Diese bildeten die Lebenswelten des städtischen Bürgertums in ihren Arbeiten ab. Nur gelegentlich werden die Schattenseiten des urbanen Lebens des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts Gegenstand der Kunst. Henri Toulouse-Lautrec allerdings hatten einen Blick für die Außenseiter der Gesellschaft, nicht nur für die Tänzerinnen im Moulin Rouge. Zu sehen ist von diesem Maler und Grafiker eine Darstellung eines alten Mannes mit weißem Bart, der sich in einem Hauseingang niedergelassen hat. Ist er ein Clochard?
Christian Rohlfs, Birkenwald, 1898
© Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen
In seiner Begleitung sehen wir eine schwarze Katze, die sich an der Hauswand entlang bewegt. Ein weiblicher Akt mit dem Titel „Olympia II“ ist ein Werk von Edouard Manet, der dasselbe Sujet auch in Öl realisiert hat. Wir sehen einen weiblichen liegenden Akt, ähnlich wie Goyas „Maya“, in Gegenwart einer afrikanischen Dienerin. Beinahe banal erscheint das Sujet eines Jungen, der Seifenblasen bläst und sich daran erfreut. Auch dieses Werk ist Edouard Manet geschuldet. Stolz auf ihre Rundungen scheint die Sitzende von Auguste Renoir zu seinen, die wir auch erblicken. Curvy ist also keine neue Erfindung, oder? Als Heliogravure schuf Renoir zudem eine Sommerlandschaft mit lichtem Laubgrün und himmelblauen Wolkenbändern.
Christian Rohlfs, Sternbrücke in Weimar, 1892
© Stiftung SchleswigHolsteinische Landesmusee
Das arbeitende bäuerliche Volk hat es Camille Pissarro angetan, der sich den Heuwenderinnen widmet. Entstanden ist diese Arbeit im Jahr 1890. Paul Signac hielt zwei am Kai festgemachte Schiffe motivisch fest. Schiffsverkehr ist ansonsten nicht auszumachen. Ist der Feierabend schon angebrochen? Eine städtische Szene mit Fußgängern, die geschäftig unterwegs sind, hat Albert Marquet zu Papier gebracht. Der Betrachter scheint mitten in der Szenerie, schaut er sich „Brücke von Bergues mit der Insel Rousseau“ an.
Von der Freilichtmalerei zum Impressionismus
Édouard Manet, Kind mit Seifenblasen, 1869
© Kunststiftung Dr. Hans-Joachim und Elisabeth Bönsch
Wir sehen den Nestor des deutschen Impressionismus mit dem Skizzenbuch in der Hand. Es ist Max Liebermann am Strand. Zu Gesicht bekommen wir aber auch einen Birkenwald, der teilweise ausgelichtet ist. Christian Rohlfs haben wir diese Ölgemälde von zu verdanken. Die typischen schwarz-weißen Stammfärbungen sind meisterlich umgesetzt worden. Die Szenerie könnte auch aus Gorkis „Sommergäste“ stammen, oder? Das Spiel von Hell und Dunkel verstand Hinrich Wrage in seinem Gemälde „Waldweg“. Wie kein zweiter hat sich Wrage der Ostholsteinischen Landschaft verschrieben. Wer das Gemälde genau betrachtet, wird im Dunkel des Waldes eine Mutter mit Kindern ausmachen, die dort unterwegs sind. Seinen Garten, der eher einem Park gleicht, hat Hans Peter Feddersen für die Nachwelt in Öl festgehalten. Dicht an dicht stehen die Bäume, die Schatten spenden. Am Wegesrand erkennen wir eine Pflanzenurne auf einem Sockel. Weitere dekorative Elemente sind nicht vorhanden.
Der Starfotograf Felix H. Man hat den hochbetagten Max Liebermann in seinem Berliner Atelier besucht. © Trotz umfassender Recherche konnten die Rechteinhaber nicht ermittelt werden.
Leben in der Großstadt
Kaffeehäuser, Zirkus, Theater, Oper, Konzerthäuser oder Varietés – sie sind typisch für das städtische Leben und zugleich auch Gegenstand der impressionistischen Kunst, wie wir beim weiteren Rundgang feststellen können. Was allerdings ein Frauenkopf von Hans Christiansen in diesem Kontext zu suchen hat, ist mit einem Fragezeichen zu versehen. Ist die abgebildete Dame vielleicht eine Vertreterin des gehobenen Bürgertums? Auffallend in der Zinkätzung ist die Porträtierte aufgrund ihrer affektierten Handhaltung. Skizzenhaft gestaltet ist eine Momentaufnahme eines Konzert, eine Arbeit von Max Liebermann. Auch eine Kunstreiterin auf einem riesigen Gaul, der einem Shire Horse gleicht, bekommen wir zu Gesicht. Derartige Zirkusvergnügen sind ja heute eher selten. Zu Liebermanns Zeiten gehörte ein Zirkusbesuch zum vergnüglichen Freizeitprogramm in der Stadt. Beinahe neusachlich gehalten sind die beiden Damen im Café, die Hans Fuglsang in Öl gemalt hat. Sie haben sich nichts zu sagen, sondern scheinen gelangweilt. Die eine schaut mit leerem Blick in die Ferne, die andere mit einem Hermelin um die Schulter geworfen, genießt eine Zigarette.
Hans Peter Feddersen, Partie aus meinem Garten, 1901
© Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen
Stolzes Bürgertum, selbstbewusste Künstler
Statt Herrscherporträts wie in der Barockzeit rückte das betuchte Bürgertum in den Blick der Künstler. Man betrachte Max Liebermanns Porträt von Eugenie Levine, die ein wenig blasiert wirkt und in ihrem langen schwarzen Seidenkleid auf einem Sitzmöbel drapiert, widerwillig sich malend lassen – so wirkt die Dame. Wir erblicken außerdem die Kopfbüste des schnauzbärtigen Max Liebermann, die Georg Kolbe geschaffen hat. Ernst Eitner zeigt sich vor Leinwand und mit der Palette in der Hand in einem Selbstbildnis. Und von Max Liebermann gibt es noch ein weiteres Porträt einer Dame in der Ausstellung zu sehen. Diesmal ist es eine Dame in rotem Kleid, durchaus das reiche Bürgertum repräsentierend. Schließlich verdanken wir Ernst Eitner auch zwei Aktgemälde, darunter auch einen Rückenakt.
Blick in die Ausstellung im Kreuzstall © Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen
Ob Polospiel oder Pferderennen oder nackt badende Jungen – Max Liebermann hat sich mit all diesen Themen beschäftigt. Doch auch die sogenannten Sehnsuchtsorte und Idyllen beschäftigten die Impressionisten, so Walter Leistikow, der eine Dünenlandschaft präsentiert. Gewitterwolken sind aufgezogen. Doch die Sonne bricht schwach durch die Wolkendecke und wirft ihr Licht auf einen der sandigen Dünenkämme. Sehr Stimmungsvoll ist Carl Lochners „Wintertag bei Hornbæk“. Doch das soll ein Sehnsuchtsort sein? Auch Karl Peter Röhl hat sich einer Winterlandschaft in zartrötlichem Licht verschrieben. Stapft da am rechten Bildrand ein Mann mit Schlitten durch die tiefverschneite Landschaft? Lesser Ury schließlich hat die Schneekoppe im Riesengebirge für uns bildlich festgehalten. In der Bildgestaltung etwas Besonderes ist das Werk „Kühe unter Pappeln“ von Hans Olde. 4/5 der Leinwand nimmt der Himmel ein. Am unteren Rand des Gemäldes haben sich die Kühe versammelt. Rechts erheben sich die Pappeln. Der Himmel von Rotnuancen durchzogen bildet den Fokus der Ölmalerei. Die Kühe scheinen nur Marginalien zu sein. Max Slevogt malte Fischerboote am See und schuf damit auch eine Idylle.
Gotthardt Kühl, Blick in die RokokoWallfahrtskirche Birnau bei Schloss Maurach am Bodensee, um 1890 © Kunststiftung Dr. Hans-Joachim und Elisabeth Bönsch
Kunst und Technik …
ist eine weiteres Thema der opulenten, sehenswerten Kunstschau auf Schloss Gottorf. Stadtansichten wie die von Otto Pippel und Lesser Ury, die sich dem Glanz und Glamour der Großstadt Berlin und Unter den Linden widmen, sind in diesem Teil ebenso zu sehen wie auch Walter Leistikows „Umbrandeter Leuchtturm“. Allerdings fehlen Gemälde, die sich dem Thema Industrie widmen, wie dies einst Adolph von Menzel tat.
Ein Prolog
Impressionismus und Fotografie handelt die Ausstellung mit zahlreichen Fotoarbeiten ab, die unter anderem auch Ansichten des Hamburger Hafens beinhalten . Und schließlich gibt es noch einen Prolog, an dem unter anderem Emil Nolde nicht etwa mit seinen Blumenbildern oder Hafenansichten aus Hamburg beteiligt ist, sondern mit explosiven Farbmeeren, in denen Schiffe unterwegs sind. Mit Fug und Recht kann man bei dieser Arbeit dann schon von Expressionismus reden, vor allem auch wegen des Malduktus mit breitstrichigem Farbschlag. Schon im Geiste des Postimpressionismus legte Hans Olde seine Stadtansicht an. Nein, Bildpunkte wie bei den Luministen sehen wir nicht, aber fleckige Farbstrukturen, die das Licht einfangen.
Walter Leistikow, Dünenlandschaft, um 1900
© Kunststiftung Dr. Hans-Joachim
und Elisabeth Bönsch
© ferdinand dupuis-panther
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Gustav Wunderwald, Dame mit Papagei © Kunststiftung Dr. Hans-Joachim und Elisabeth Bönsch
Info
https://landesmuseen.sh/de/