Für alle, die mehr Zeit haben und Berlin wirklich in Muße kennen lernen wollen, empfehlen wir in unserem Reiseführer Berlin unsere Stadtspaziergänge, ob nun vom Brandenburger Tor zur Museumsinsel oder von der Museumsinsel durch Alt-Berlin zum Alexanderplatz. Das Weltkulturerbe Museumsinsel mit seinen Museen von Weltrang stellen wir ebenso vor wie den Potsdamer Platz und das Kulturforum.
Buchtipps
Bauhaus Reisebuch. Weimar. Dessau. Berlin:Bauhaus-Archiv Berlin, Stiftung Bauhaus Dessau, Klassik Stiftung Weimar (Hg.), 304 Seiten, 111 farbige Abb., 121 s/w Abb., Hardcover, 2012, ISBN 978-3-8321-9411-6, Preis: EUR 19,95
Der Anspruch des Buches ist ambitioniert, versucht es doch nicht nur dem Leser eine Reise zu den Bauhausstätten nahe zu bringen, sondern auch die Ideen des Bauhauses zu vermitteln. Weimar, Dessau und Berlin sind die wesentlichen Stationen der Reise. Doch damit nicht genug, denn es wird auch die Spur des Bauhauses in Frankreich, Israel, der Schweiz, den USA und Ungarn verfolgt. Ausführlich werden die Bauten des Bauhauses beschrieben, zumdem aber auch solche, die irgendwie mit dem Bauhaus in Verbindung stehen, sei es, weil hier Kunstwerke der Bauhaus-Vertreter zu sehen sind oder sich Bauhäusler dort getroffen haben. Allerdings wird mit keiner Silbe das Wirken von Otto Haesler in Celle aufgeführt. Man fragt sich allerdings nach dem Warum. Der Abschnitt zu den "Routen des Bauhauses" in Frankreich, Israel und anderswo scheint aus meiner Sicht recht kurz geraten zu sein. Es sind mehr Schlaglichter, die uns Ingolf Korn präsentiert, der allerdings recht ausgiebig auf die Ulmer Hochschule für Gestaltung eingeht, die unter anderem von Max Bill gegründet und von der Landesregierung Baden-Württembergs ohne Not vor Jahren geschlossen wurde. Wir erfahren von dem Versuch Moholy-Nagys, ab 1937 ein neues Bauhaus in Chicago zu schaffen, und von Hannes Meyer, den es erst in die UdSSR zog, ehe er im Zuge der stalinistischen Säuberungen wieder emigrieren musste. "Das Bauhaus ist eine globale Ausstellung". Das formuliert Korn in seinem Beitrag, was allerdings etwas verwundert, wenn man an anderen Stellen der vorliegenden Veröffentlichung eher kritisch-abwertende Töne zur Bauhausverbundenheit liest, so über das Bauhaus in Tel-Aviv (Israel) – immerhin als Bauhaus-Erbe Teil des UNESCO-Weltkulturerbes! Das Bauhaus-Archiv in Berlin und das Bauhaus-Museum in Weimar sind aus Sicht der Autoren ebenso Bauhaus wie das Deutsche Nationaltheater Weimar, wo sich eine Relieftafel befindet, die dem Baubüro Gropius geschuldet ist. Auch die Architekturentwürfe von van de Velde – dieser war ja zunächst ganz der Art nouveau zugetan – finden sich im Weimar-Kapitel, ob Haus Henneberg oder Haus Hohe Pappeln und das Nietzsche-Archiv. Das Neue Museum Weimar wurde augenscheinlich nur deshalb in den Band aufgenommen, weil hier wegweisende Ausstellungen der Moderne und 1923 die Bauhaus-Ausstellung stattfanden. Kann es eigentlich ausreichen, die Gedenkstätte KZ Buchenwald in einen solchen Band über das Bauhaus aufzunehmen, weil die Inschrift des Lagertors von einem inhaftierten Bauhaus-Studenten entworfen wurde? Nicht nur nach Weimar werden Leser auf den Spuren des Bauhauses entführt, sondern auch nach Gelmeroda – bekannt durch Feiningers "kristalline Malerei" der Kirche von Gelmeroda. Aber auch das Neufert-Haus steht in diesem Dorf. Was der Architekt Ernst Neufert allerdings mit dem Bauhaus zu tun hat, wird im Beitrag zum Neufert-Haus nicht stichhaltig abgeleitet. Dass in Jena befindliche Haus Auerbach – ein Entwurf von Walter Gropius – fand vor den Augen der Autoren Gnade, in den Band eingeschlossen zu werden, wie außerdem das Abbeanum in Jena. Zu finden ist in der Veröffentlichung die Bauhaus-Töpferei Dornburg, aber auch das Grassi-Museum in Leipzig mit seinen von Josef Albers konzipierten Fenstern. Das mehrflügelige Dessauer Bauhausgebäude ist gewiss ein Muss in einer solchen grundlegenden Veröffentlichung über das Bauhaus. Ebenso selbstverständlich ist es, dass auf die Stiftung Bauhaus-Museum ausführlich eingegangen wird und die Bauhausenwürfe für eine zeitgemäße Inneneinrichtung von Alfred Schäfter und Marcel Breuer abgebildet sind. Auch die Meisterhäuser dürfen in einem Kapitel zu Dessau und Bauhaus nicht fehlen. Ein thematischer Block ist dem Thema "Die Dessauer Meisterhäuser als Künstlerkolonie" gewidmet. Schließlich gelangen wir in die Bauhausstadt Berlin, wo nicht nur das Bauhausarchiv auf den Besuch interessierter Architekturliebhaber der Moderne wartet. Die von Peter Behrens 1908/9 – also weit vor der Bauhaus-Gründung 1919 – entstandene Maschinenhalle der AEG-Turbinenfabrik wird ebenso im Berlin-Kapitel vorgestellt wie das von van der Rohe entworfene Haus Perls nahe der U-Bahn-Station Krumme Lanke. Was allerdings die Berlinische Galerie – untergebracht in einem ehemaligen Glaslager – mit dem Bauhaus gemein hat, wissen wohl nur die Autoren. Der in diesem Abschnitt erwähnte Prounenraum von El Lissitzky ist im Übrigen seit Jahren schon nicht mehr zu sehen gewesen, wenn auch andere Werke russischer Avantgardisten. Hanseviertel, Stalinallee und die Neue Nationalgalerie – eine Arbeit van der Rohes – laden ebenso zu einem Besuch ein wie die Großsiedlung Siemensstadt, die Gropius konzipierte. Eher als Randnotizen werden die anderen als UNESCO-Welterbe geadelten Berliner Siedlungen – man denke an die Hufeisensiedlung – aufgeführt. Jeder der Abschnitte zu Weimar, Dessau und Berlin wird mit einer Karte abgeschlossen, auf der die behandelten Bauwerke zu finden sind. Zudem gibt es Angaben zur Anreise und einen umfänglichen Adressenteil als Besucherorientierung für eine Exkursion vor Ort. Farbige Abbildungen zu den Bauwerken lockern die Beschreibungen der Bauwerke auf. Statt farbig unterlegte Kästen mit Themen wie "Der Großherzog und Henry van de Velde" sowie "Das Bauhaus und die Dessauer Aufklärung" in die Beschreibung der einzelnen Bauhaus-Bauten zu integrieren, hat man sich entschieden, jeweils am oberen Rand der Seiten derartige Themenblöcke laufen zu lassen. Das ist nicht leserfreundlich, weil man stets zwischen Baubeschreibung und Themenblock das Auge schweifen lassen muss bzw. genötigt ist, ständig vor- und zurückzublättern. © fdp
Tecklenburg
Otto Modersohn Museum
„Das Geheimnis der Farbe. Herbert Beck & Emil Nolde“ 04.März – 13.08.23
Im Jahre 1952 kam es in der renommierten Hamburger Galerie Commeter für den aufstrebenden Maler Herbert Beck (*1920 Leipzig, ⴕ2010 Tegernsee) zu der richtungsweisenden Begegnung mit dem 85-jährigen Malerfürsten Emil Nolde (* 1867 Nolde/Tondern, ⴕ1956 Seebüll). Die Galerie, die beide Künstler vertrat, präsentierte gerade eine Einzelausstellung Becks, als der bereits arrivierte Künstler als unerwarteter Besucher eintrat. Dass der bekannte Expressionist Nolde dem jungen Maler nicht nur Aufmerksamkeit zollte, sondern ihm in einer mitgebrachten Mappe seine eigenen Aquarelle zeigte, beeindruckte und beeinflusste Beck nachhaltig.
Die weiten Landschaften, Wolkengebilde und Blumenkompositionen strahlten mit einer unglaublichen Intensität und hinterließen einen tiefen Eindruck auf Beck. "Noldes glühende Farbigkeit zu erreichen, war das Ziel unzähliger Studien. Es gelang mir im Laufe der Zeit, meine Bildnisse expressiv, farbstark zu malen, ohne bunt zu werden", schrieb Beck später. Die Gegenüberstellung zweier Meister der Aquarellmalerei in der Tecklenburger Ausstellung zeigt die einzigartige Klasse Emil Noldes, aber ebenso Becks Weiterführung dieser expressiven Malerei in neue gestalterische und inhaltliche Bereiche. Beide Künstler waren stets dem Gegenstand verpflichtet, und im Mittelpunkt ihres Schaffens stand die Maxime, den höchstmöglichen Ausdruck ihrer Inhalte zu gestalten. Herbert Beck hat die außergewöhnliche Aquarelltechnik des 53 Jahre älteren Mit-Begründers des deutschen Expressionismus weiterentwickelt und zu einer eigenen Sprache gebracht. Während Emil Nolde auf feinem Japanpapier aquarellierte, verwendete Beck einen festen Büttenkarton, den er hell grundierte.
Das Medium Aquarell bedeutete für beide ein freieres Arbeiten im Verschwimmenlassen der Farben und Überarbeiten sowie in dem prozesshaften Entstehen. Ein Leuchten der Farbwelten von innen heraus zu schaffen, vermochten beide meisterlich. Bei aller Nachbarschaft zum Werk Emil Noldes setzte Herbert Beck auch gänzlich andere Themenschwerpunkte. Ist der Norddeutsche Nolde seiner Heimat motivisch erkennbar oft eng verbunden, gibt es bei Beck im Gegensatz dazu keine klaren topografischen Anhaltspunkte, die man zuordnen könnte; geht es ihm doch mehr um ‚Seelenlandschaften'. Die Ausstellung im Otto Modersohn Museum vereint 46 Werke Becks und 10 Aquarelle Noldes, Landschaftliches und Figuratives in magischen Farbwelten zweier Könner.
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