Werther
Peter August Böckstiegel Museum
Informationen
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Klaus Kösters (Hg.): Anpassung | Überleben | Widerstand - Künstler im Nationalsozialismus, 272 Seiten, mit Abbildungen, Klappenbroschur, 21 x 25 cm, Münster 2012, ISBN 978-3-402-12924-1, Preis 19,80 EUR
Der Herausgeber dieser Veröffentlichung zu einer nahezu vergessenen Generation westfälischer Maler stellt uns in seinem einleitenden Beitrag die einzelnen Künstler und ihre Lebenswege vor. Dabei setzt er sich auch mit der Vorstellung auseinander, dass der Expressionismus ein Aufbruch in der Krise und ein Aufbruch aus der Mitte des konservativen, wilhelmischen Deutschlands war und welchen Einfluss der Expressionismus auf die Künstler Westfalens hatte. Dass mancher dieser Künstler wie der Grafiker Walter Steinecke den Schritt aus der "Kriegsgemeinschaft" zur nationalsozialistischen Karriere vollzog, verdeutlicht Kösters in seinen Ausführungen ebenso wie die Tatsache, dass die in Farbexplosionen versinkende Moderne die Kunst einer Minderheit war, während sich die Mehrheit der bildenden Künstler in Besinnung auf den Begriff der Heimat in nostalgischer Verherrlichung von Romanik und Gotik gefiel. Ja, es gab in Westfalen auch fortschrittliche Künstler, die sich in Arbeiter- und Soldatenräten engagierten, so Magnus Zeller, oder aber wie Aloys Röhr und Eberhard Viegener ein Bekenntnis zum Expressionismus abgaben. Daneben existierte eine völkisch orientierte Heimatschutzbewegung, Boten eines Trends, der in der Kampagne der Nazis gegen sogenannte entartete Kunst endete. Zur entarteten Kunst – und darauf weist Kösters hin – zählten zum Beispiel Werke des Hagener Bildhauers Karel Niestrath. Dass es unter westfälischen Künstlern stramme Parteianhänger der NSDAP gab, "enthüllt" Kösters in dem einleitenden Katalogbeitrag gleichfalls. Zu nennen wäre in diesem Zusammenhang Carl Busch. Es gab zudem "Maler in Uniform" wie Wilhelm Renfordt. Das genaue Gegenteil stellte Karl Schwesig dar, der trotz Folter und Lagerhaft stets seiner "linken" Überzeugung treu blieb, auch in seinem künstlerischen Schaffen.
Den überwiegenden Teil des Katalogs nehmen Monografiebeiträge zum Schaffen westfälischer Künstler ein, angefangen bei Ernst Bahn bis zu Magnus Zeller. Dabei schauen die Autoren der Abhandlungen genau auf die wechselvolle Biografie einiger und beleuchten auch das Nachkriegsschaffen der jeweiligen Künstler. Carl Baumann, ein Künstler mit Kontakten zur Widerstandsgruppe "Rote Kapelle" wird ebenso vorgestellt wie der Bauhausschüler Fritz Levedag. Geschildert wird der Gesinnungswandel des ertaubten Malers Reinhard Alexander Hilker, der sich zu einem "Kämpfer für Adolf Hitler" entwickelte, getreu der Devise des Reichsbundes der Gehörlosen Deutschland. Der Leser erfährt außerdem von einem der besten Industriemaler des Ruhrgebiets, Friedrich F. Einhoff, und dessen Lebensweg als beamteter Lehrer, der selbstverständlich im Nationalsozialistischen Lehrerbund und in der NSDAP Mitglied war. Erstaunlich ist das Frühwerk des Künstlers, zu dem Frankfurter Stadtansichten und Industrielandschaften rund um die Zeche Auguste Victoria zählen. Wie gespalten das Leben im NS-Staat war, unterstreicht die Tatsache, dass Einhoff seine expressionistischen und sozialrealistischen Arbeiten hinter der Abtrennung im Schlafzimmer versteckte, wie Klaus Kösters in seinem Beitrag darlegt. Unabhängig von den jeweiligen Ausstellungen unter dem Titel "Anpassung, Überleben, Widerstand" besticht die Publikation durch die ungeschminkten "Enthüllungen" der Biografie und durch die zumeist farbigen Abbildungen der Arbeiten, die so ganz und gar nicht an Künstler im zweiten Glied denken lassen. © fdp
Christian Steinhagen: Münster: Die großen Kriminalfälle, 2. Auflage / 216 Seiten, mit Fotos, kart., 14 x 22 cm, Münster 2012, ISBN 978-3-402-12753-7, Preis 16,80 EUR
Was sich hinter den Kriminalfällen unter Überschriften wie "Feuer, Galgen, Schwert", "Falscher Hase im Landesmuseum" oder "Der Griff in den Domschatz" verbirgt, erfährt der Leser, wenn er im vorliegenden Buch blättert. Dabei muss man nicht unbedingt jeden Fall lesen, sondern kann sich jeweils diejenigen Geschichten zum Verbrechen in Münster aussuchen, die bereits wegen ihrer Überschrift neugierig machen. Nicht jeder Fall ist so spektakulär wie die Entführung des Olympiareiters Hendrik Snoek, spannend sind die aufgeführten Fälle mit ihren jeweils eigenen Tätercharakteristiken ohne Zweifel. Das gilt für den Anschlag einer gewissen Zebedea Spitzbart auf ihre Nachbarin im Jahr 1586 genauso wie für den Mord, der eine rauschende Ballnacht zu einer Tragödie werden ließ. Beteiligt waren an der fatal endenden Ballnacht zwei Domherren, die dem Alkohol zu sehr zugesprochen hatten. Dass ein Muttersöhnchen aus Hildesheim während seiner Zeit in Münster den Verlockungen des Silbers nicht widerstehen konnte, führte nicht nur dazu, ein Verbrechen aufklären zu müssen, sondern auch dazu, dass es zwischen Münster und Hildesheim beinahe zu unschönen diplomatischen Verwicklungen gekommen wäre. Warum? Weil der Silberdieb, schon in seiner Heimatstadt kein unbescholtener Bürger, der Sohn eines angesehenen Ratsherren aus Hildesheim war. So beließ man es dabei, den Übeltäter an den Pranger zu stellen und ihn mit Prügel zu strafen. Auf eine Zwangstätowierung als Zeichen der Ausweisung verzichtete man aus Rücksicht auf die "feine Herkunft" des Delinquenten. Dass zwei Männer aus dem sogenannten Zwölfmännerhaus in ein Verbrechen verstrickt waren, erzählt uns der Autor ebenso wie die Geschichte des wegen Hochverrats verfolgten Juristen und Politikers Jodokus Temme, der am Oberlandesgericht Münster als Vizepräsident tätig war. Nur wenige Leser dürften wissen, dass Hermann Löns, der "Dichter der Lüneburger Heide", während seiner Studentenzeit in Münster mit dem Gesetz in Konflikt geraten war. Christian Steinhagen rollt den Fall des "Sohns des Pauliners" – Löns Vater war Lehrer am angesehenen Paulinum – für uns minutiös auf. Wir erfahren dank Steinhagen außerdem, dass ein Feuerteufel aus Gera in Münster sein Unwesen trieb und im Januar 1911 ein aufsehenerregender Prozess gegen eine Gruppe Fälscher stattfand. Dass die Sonnenmonstranz aus dem Domschatz einst im Mittelpunkt eines Kriminalfalles stand, gehört ebenso zur Stadtgeschichte Münsters wie der Fall eines 19-jährigen Balkonmonsters, der 1989 als Serienvergewaltiger in Münster unterwegs war. Nach der Haft verbringt der zur Tatzeit Heranwachsende nun weitere Jahre in Sicherungsverwahrung. All diese Fälle sind genauso spannend wie ein fiktiver Krimi und gehören zu den Schattenseiten der Friedensstadt am Aasee. © fdp
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