REIHE UNTERWEGS

Das Rote Gold des Gatinais

Wiederentdeckt: Safran in Nordfrankreich

Text und Fotos: Ulrich Traub

Madame Fouquin ist eine eher kräftige Frau, nicht mehr ganz jung und ihre Haut verrät, dass sie die Arbeit an der frischen Luft schätzt. Anne-Marie Fouquin ist Safranbäuerin und als solche braucht sie eine gute Konstitution. Die Arbeit mit dieser Jahrtausende alten Kulturpflanze ist mühselig - aber höchst einträglich.

Nordfrankreich - Safran

Anne-Marie Fouquin auf ihrem Feld

Es ist ein kleines Feld, das die Bäuerin im Gâtinais, einer Landschaft zwischen Paris und Orléans, bestellt. Doch dieses Feld hat es buchstäblich in sich. Auf nur fünf Ar hat Anne-Marie Fouquin die Krokus-Zwiebeln, die alle zwei bis drei Jahre ausgetauscht werden müssen, gepflanzt. Im Oktober ist Erntezeit. Dann wartet sie gespannt darauf, dass sich die zarten violetten Blütenblätter zeigen. Wenn es so weit ist, bückt sich die Safran-Bäuerin wochenlang über ihre wertvollen Pflänzchen, um sie vorsichtig zu pflücken. Die Ernte des Safran-Krokus’ ist reine Handarbeit. Das erklärt den immensen Preis, den man für das edle Gewürz bezahlen muss.

Der Safran, das einzige Gewürz, das außerhalb der Tropen gedeiht, gilt als besonders edel. Es gab Zeiten, in denen er beim Handel mehr erlöste als Gold. Antike Zeugnisse wie Wandmalereien in Pompeji belegen seine Bedeutung. Die Heimat des Crocus sativus, des Safran-Krokus’, wird auf Kreta vermutet. Später wurde er vor allem in Kleinasien angebaut. Im frühen Mittelalter erreichte er mit der Ausbreitung des Islam auch Südeuropa. Heute wird Safran, der oft als Symbol für Reinheit verstanden wird, in Europa so gut wie ausschließlich in den warmen Regionen der Mittelmeer-Staaten angepflanzt. Im eher untypischen Gâtinais, wo der Krokus seit ein paar Jahren von einigen Landwirten rekultiviert wird, hat der Anbau indes Tradition.

„Am Anfang sind wir belächelt worden“, blickt Anne-Marie Fouquin zurück. „Im 17. und 18. Jahrhundert hatte unser Safran internationales Renommee, da belieferten die Bauern der Region sogar den französischen Hof.“ An diese Zeit knüpft man nun nach langer Unterbrechung wieder an. Um ihr Ziel zu erreichen, haben sich die Safran-Bauern in einer Genossenschaft zusammengeschlossen, die die Qualität des Produktes garantiert.
Fast ein wenig aufgeregt streift Madame Fouquin die violetten Blätter des Krokus’ nach außen, um den Schatz im Inneren freizulegen, drei rote Stengel, die so genannten Narbenschenkel. „Hieraus wird der Safran gewonnen“, erklärt die Expertin. „Die Fäden werden vorsichtig herausgezupft und danach, ohne sie zu zerkleinern, in einer langen Prozedur bei mäßiger Hitze getrocknet.“ Die zeitraubende Handarbeit zahlt sich aus. Für die kleinste Abgabeeinheit von 0,2 Gramm muss man nicht weniger als sieben Euro bezahlen. Allerdings ist Safran auch sehr ergiebig.

Nordfrankreich - Safranblüte

Das rote Gold des Gâtinais: Erst wird der Safran-Krokus mit der Hand geerntet und dann werden die roten Narbenschenkel aus der Blüte gezupft, ohne sie zu zerkleinern

’Safran macht den Kuchen gel’, heißt es in einem Kinderlied. Doch das Gewürz, das auch als Heilmittel und zum Färben von Textilien geschätzt wurde, verändert nicht nur den Farbton der Speisen ins Gelbliche – das können andere Gewürze auch. Safran verfeinert sie vielmehr auf unvergleichliche Weise. Der intensive, leicht bittere, rauchig-erdige, aber auch ein bisschen blumige Geschmack, der entfernt an Heu und Honig erinnernt, entfaltet sich in seinem ganzen Nuancenreichtum, wenn man die Safranfäden vor der Verwendung längere Zeit in Wasser oder auch in Wein oder Essig einweicht und sie erst zum Ende der Garphase der Speise zufügt.
Anne-Marie Fouquin rät, keinen pulverisierten Safran zu kaufen. „Ein guter Safran-Bauer verkauft nur ganze Fäden.“ Beim gemahlenen Produkt handelt es sich in der Regel um versetzten oder falschen Safran (wie etwa das Gewürz Kurkuma), dessen Wirkung weit weniger ausgeprägt ist. Aufbewahren sollte man Safran lichtgeschützt in geschlossenen Behältnissen.

Wer glaubt, mit Reis- und Fischgerichten, sei der Verwendungsbereich von Safran erschöpft, der irrt. „Ich experimentiere gerne mit diesem Gewürz“, erzählt Madame Fouquin. Marmelade und Plätzchen aus der Küche der Bäuerin sind die neuesten Kreationen. Sie zeigen, dass Safran, dessen Begriff sich aus dem Arabischen herleitet und so viel bedeutet wie ‚gelb werden’ oder ‚gelb sein’, vielseitig verwendbar ist. Allerdings sollte man auf die Dosierung achten. Mehr als zehn Gramm Safran, der übrigens ein Verwandter der giftigen Herbstzeitlosen ist, können den sofortigen Tod zur Folge haben. Aber keine Sorge, Safran in dieser Dosierung macht die Speise ungenießbar.

Reiseinformationen

Information

Comité Départemental de Tourisme
Rue d’Escures 8
45000 Orléans
www.tourismeloiret.com

Safran

Anne-Marie Fouquin, La Champagne 113, 45490 Corbeilles-en-Gâtinais

 

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