Grüne Insel in blauer See

Ándros: ein Kykladen-Idyll vor den Toren Athens

Text und Fotos: Rainer Heubeck

Strände, Tavernen, weiße Häuser und alte Eselspfade: Ándros scheint einem griechischen Bilderbuch entsprungen. Dass die Insel dennoch kein Klischee darstellt, es dort auch Ungewöhnliches zu entdecken gibt, das berichtet unser Autor Rainer Heubeck.

Griechenland Kykladen Andros

Der 70-jährige Evdokimos ist ein geselliger Mensch. Er lebt zwar schon seit 49 Jahren im Panachrantou-Kloster auf Ándros, inzwischen sogar als Einsiedler, aber er bekommt gerne Besuch.

Seine Gäste verwöhnt er mit Loukoumi, einer weiß gepuderten Süßspeise, und frisch gebrühtem Kaffee - und manchmal kocht er ihnen sogar eine Portion Spaghetti. Natürlich freut Evdokimos sich über kleine Geschenke. Es muss allerdings nicht unbedingt Brot, Kaffee oder Zucker sein. Nein, besonders Plastikbecher sind bei dem orthodoxen Kirchenmann sehr begehrt. „Ich habe gerne Gäste und ich lade sie auch gerne ein - aber es gefällt mir nicht, wenn ich hinterher eine Menge Geschirr abspülen muss“, gesteht er freimütig.

Griechenland Andros Einsiedler

Ein geselliger Mensch: der Einsiedler Evdokimos

Ein geselliger Einsiedler

Der gesellige Einsiedler im altehrwürdigen Panachramdou-Kloster, das nur wenige Kilometer von der Inselhauptstadt Chora entfernt auf dem Katafugi-Berg thront, ist symptomatisch für die Gastfreundschaft auf der Insel Ándros - einer Kykladeninsel, die den Besuchern nicht nur Postkartenidylle bietet, sondern auch ein Stück echtes und unverfälschtes Stück Griechenland. Denn im Vergleich zu anderen Eilanden der Kykladen, die oft ein karges und ausgetrocknetes Bild bieten, verfügt Ándros über einen überaus kostbaren Schatz: überall, selbst im gebirgigen Hochland der Insel, sprudelt das Wasser.

Griechenland Andros Kloster

Die Quellen von Menites, deren frisches Trinkwasser aus steinernen Löwenköpfen fließt, gehören denn auch zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Insel - auch wenn Dionysos, der Schutzpatron von Ándros, vermutlich nie nach Menites gekommen ist. „Die Legende sagt, dass Dionysos in Paleopolis, der früheren Hauptstadt der Insel, zu einem Fest gekommen ist, und dort das Wasser zu Wein gewandelt hat. Hier oben nach Menites ist er vermutlich gar nicht gekommen, denn er reiste ja grundsätzlich nur mit dem Schiff. Genau sagen kann man das freilich nicht“, erzählt Penny Marchant. Die geschichtskundige Engländerin, die früher bei Brighton als Lehrerin gearbeitet hat, war von der Schönheit der Insel Ándros und vom unbeschreiblichen Licht der Ägäis so fasziniert, dass sie ihren Lebensmittelpunkt nach Ándros verlegt hat.

Wandern auf Eselspfaden

Im Gegensatz zu den meisten Griechen, die grundsätzlich kaum einen Meter zu Fuß zurücklegen, entdecken deutsche und englische Besucher die Insel, die knapp vierzig Kilometer lang ist, als Wanderparadies. Überall auf der Insel finden sich alte Eselspfade. Nicht immer freilich kann man diesen bedenkenlos folgen, denn so mancher Weg endet plötzlich abrupt an einem Zaun.

Griechenland Andros Zaun

Hier endet der Weg

Penny Marchant hat insgesamt neun verschiedenen Touren ausgearbeitet - von einfachen Spaziergängen bis zu einer Besteigung des knapp tausend Meter hohen Petalon, des zweithöchsten Bergs der Kykladen. Eine der schönsten Wanderungen führt von Apoikis nach Yalyia: vorbei an alten Wehrtürmen, einer verfallenen Wassermühle und dem „Dorf der Millionäre“, in dem zahlreiche Reederfamilien leben.

Griechenland Andros Wachturm

Wer mit offenen Augen über die Insel wandert oder fährt, entdeckt überall architektonische Kleinode - etwa venezianische Taubentürme beim Ort Kaparia, einen idyllischen Waschplatz in Aidonia, uralte Windmühlen oder - in der Nähe von Gavrio - den zwanzig Meter hohen und mehr als 2000 Jahre alten Ágios Pétros-Turm, der früher vermutlich als Schutz- und Wachturm fungierte. Auffällig sind freilich auch die vielen Ruinen sowie halbverfallene und leerstehende Häuser in den kleineren Dörfern: Jenseits der schmucken und lebhafteren Küstenorte trifft man in den Dörfern fast nur noch auf ältere Menschen. Es ist keine Frage - auch für griechische Jugendliche erscheint eine Karriere als Ziegenhirt oder Kleinbauer nicht mehr sonderlich verlockend, es zieht sie aufs Festland. Die Folge: Die Insel stirbt aus. Lebten um 1980 noch rund 20.000 Menschen auf Ándros, sind es heute nur noch knapp halb so viele.

Spagat zwischen Antike und Moderne

Kein Wunder also, dass Auswanderer wie Penny Marchant leicht Fuß fassen können. Das touristische Angebot konzentriert sich bislang vor allem auf die Stadt Batsí und auf Chroa, die Inselhauptstadt. Eine Stadt, die den Spagat zwischen Antike und Moderne geschafft hat. Sie kann zum Beispiel ein interessantes archäologisches Museum aufweisen, in dem unter anderem der Hermes von Ándros ausgestellt ist. Dass es dieses Museum gibt, ist der besonderen Lage der Insel zu verdanken.

Griechenland Andros Hafen

Ausgangspunkt für die Besucher: der Hafen

Sie ist vom Hafen Rafina aus schnell zu erreichen; die Fähre braucht für die Überfahrt nur zwei Stunden. Aus diesem Grund haben viele griechische Reeder Ándros als Sommerresidenz gewählt. Und Mäzenatentum gehört dabei natürlich dazu. Die Wohnungen und Villen der Reichen finden sich vor allem nördlich von Chroa in der Nähe des Gialia-Strandes.

Die schönsten Strände und Buchten für Badegäste sind noch etwas abgelegener. Die Strände Levka, Vitali oder Zorkos im Nordosten der Insel sind nicht mit dem Bus, sondern nur mit dem eigenen Fahrzeug zu erreichen, doch der Weg lohnt sich.

Griechenland Andros Badebucht

Für diese Aussicht lohnt sich der Weg

Auch zwischen dem Städtchen Gavrio, in dem die Fähre von Rafina anlegt, und den in den Sommermonaten recht quirligen Touristenort Batsí, der von den typischen weiß-blauen Kykladenhäusern geprägt ist und in dem sich zahlreiche Unterkünfte und Tavernen finden, locken schöne und saubere Kiesstrände. Wer auf Ándros eher die Ruhe sucht, dem kann ebenfalls geholfen werden - sei es, durch einen Besuch beim gastfreundlichen Mönch Evdokimos, der allerdings nur griechisch spricht, oder durch eine Stippvisite in dem von einer hohen Schiefermauer umgebenen Kloster Ágios Nikólaos.

Griechenland Andros Boot

Reiseinformationen zu Ándros

Anreise: Ándros ist von Athen innerhalb von zwei Stunden mit der Fähre zu erreichen - allerdings nicht vom bekannten Fährhafen Piräus, sondern von dem östlich von Athen gelegenen Hafen Rafina.

Auskünfte:
Griechische Zentrale für Fremdenverkehr
Neue Mainzer Str. 22
60311 Frankfurt/Main
Telefon 069/2578270
E-Mail info@gzf-eot.de.
Informationen über Ándros finden sich auch auf der Website www.travelling.gr/greeksun.

 

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