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Unterwegs in der Masai Mara

Begegnungen mit Hippos und Löwen in Kenia

Text und Fotos: Beate Schümann

Wie Felsbrocken aus Granit liegen die blanken schwarzen Rücken reglos im Fluss. Wären da nicht die Augen und die kleinen, wedelnden Ohren, die noch aus dem Wasser gucken. Aus einigen Nasenlöchern spritzen sogar kleine Fontänen. Richtig niedlich sehen die Hippos aus, wie sie da im Mara-Fluss baden.

Kenia - Flusspferde im Mara-Fluss
Flusspferde im Mara-Fluss

Die Dickhäuter zählen zu den gefährdeten Wildtieren Afrikas, aber auch zu den gefährlichsten, ist beim Welcome-Drink in der Zelt-Lounge des „Governors’ Camp“ (1) zu erfahren. „Sie kommen nachts gern in unser Camp“, sagt Peter, der die Ankömmlinge begrüßt. Die Flusspferde verbringen den ganzen Tag im Wasser, um ihre empfindliche Haut vor der Sonne zu schützen. Doch in der Dunkelheit gehen die Pflanzenfresser auf Nahrungssuche – an Land. „Das ist spannend, aber die Tiere sind Wildtiere, und wir sind nicht im Zoo“, erklärt Peter warnend. „Nachts geht hier niemand allein.“

Kenia - Masai Mara - Ayubu
Ayubu

Die Warnung sitzt, und kurz darauf erscheinen einige Masai, die die Gäste zu ihren Zelten begleiten. Ayubu ist hochgewachsen, in einen roten Kanga gehüllt, mit langen Ohrringen, einem Perlenhalsring und einem Speer in der Hand. Er greift still nach dem Koffer, zwinkert mit den Augen, und man folgt beeindruckt.

Ein persönlicher Leibwächter. Ayubu geht voran durch die parkähnliche Anlage am Mara-Fluss. Von dem befestigten Steinweg geht es zu den Zelten, die stabil und geräumig aussehen. Ayubu stellt das Gepäck ab, vor einem der letzten Zelte, nahe der Uferböschung. „For you“, sagt der Masai und überreicht lächelnd den Schlüssel. Doch der Blick haftet auf dem schlammigen Wasser, wo mehrere rosé schimmernde Hippo-Rücken liegen: Tagsüber baden sie, nachts fressen sie, hatte Peter gesagt. „Call me“, beruhigt Ayubu, dreht sich um und entfernt sich mit federndem Gang.

Kenia - Masai
Masai

Zeit zum Relaxen. Das Zelt ist luxuriös und im klassischen Safari-Stil eingerichtet. Auf der gemütlichen Veranda davor lassen sich die herrliche Stille und die Buschatmosphäre genießen. Langsam gewöhnt man sich an das nahe Grunzen der Flusspferde, eine undefinierbaren Mischung aus Schiffssirene, Eselsgeschrei und Lachsack. Die Vorfreude auf die Frühpirsch beflügelt. Denn der 1672 Quadratkilometer große Naturschutzpark Masai Mara im Südwesten Kenias ist als besonders wildreich bekannt. Den Namen verdankt er dem 400 Kilometer langen Fluss, der sich in vielen Schleifen windet, und dem hier lebenden Hirtenvolk der Masai.

Kenia - Zebras in der Masai Mara
Zebras in der Masai Mara

„It’s tea-time, Lady!“ flötet am nächsten Morgen der Weckdienst, der Tee und Butterkekse bringt. Es ist kurz nach sechs. Die beste Zeit, um Wildtiere zu sehen. Am Startplatz laufen schon die Motoren. Peter teilt die Gäste in Gruppen ein. „Ganz schön kühl!“ Ranger Simeon, der den Jeep in Zebra-Look fährt, reibt seine Hände. Wohl wahr, denn das Tierschutzgebiet liegt auf einer Hochebene von immerhin 1500 Metern. Behutsam lenkt der Kenianer in der grünen Uniform den Wagen durch das Gelände. Am Horizont zeichnen sich Hügelketten ab, die vom aufgehenden Sonnenball schon rötlich umrahmt sind. Davor erheben sich blaßgrüne Schirmakazien, Tamarinden, ein einsamer Baobab-Baum. Sonst stehen nur ausgedörrte Gräser herum, verholzte Sträucher und russschwarze Stöcke. Weit und breit ist kein Jeep zu sehen. Nirgendwo asphaltierte Straßen oder ein Schlagbaum. Impalas springen im Zickzack davon, Dikdiks huschen aufgescheucht durchs Unterholz. Neugierig unterbrechen Giraffen ihr Mahl an einer Akazie, am Fluss grast ungestört eine Riesenherde Zebras. Zu Gast in Eden.

„Ohne Walky Talky?“ Wenn man die Natur versteht, riecht man die Tiere, sagt Simeon. Der Jeep wippt gemächlich über die Sandpiste. „Da, Löwen!“, ruft er und zeigt auf eine Ansammlung von Gestrüpp. Es dauert eine Weile, ehe die Augen zwei Löwen von strohgelben Dornbüschen und dem Savannenboden unterscheiden. Das Fahrzeug pirscht sich bis auf wenige Meter an die Löwengruppe heran. „Solange ihr im Wagen bleibt, tun sie nichts!“ Wie zwei eitle Diven liegen Mutter und Tochter auf einem Steinklotz und lassen sich wohlgefällig von allen Seiten ablichten. Vier Geschwister räkeln sich darunter im Gras, die scheinbar schon gut gefrühstückt haben. Vielleicht den Büffel, dessen abgenagtes Skelett vorhin zu sehen war? Auch den Safari-Freunden knurrt der Magen, und der Jeep dreht Richtung Camp.

Kenia - Löwe in der Masai Mara
Löwin

Gestärkt von Toast, Schinken, Rührei und Kaffee, geht es wieder raus zur Safari - ein Wort aus der Swahili-Sprache, das „reisen“ bedeutet. Simeon erweist sich als Profi im Spurenlesen. Er lauert den Wildtieren mit Raubtieraugen auf, und bald hat er wieder Löwen gesichtet. Mit der Grandezza des kenianischen Wappentiers schreiten sie neben dem Wagen her. Nach ein paar holprigen Sandkuhlen macht der Guide an einer Wasserstelle eine Gruppe Gnus und Kaffernbüffel aus, denen er vorsichtshalber nicht zu nahe kommen will.

Kenia - Elefanten in der Masai Mara
Elefanten

Der Wagen fährt im Schritttempo abseits der Piste durch Gestrüpp und Steine. Thompsen-Gazellen und Kudus suchen vor ihm das Weite. Ein paar Warzenschweine, die Simeon „Kenia-Express“ nennt, flitzen davon, ein Giraffenpärchen kreuzt den Weg. Aus dem Busch taucht urplötzlich eine Elefantenherde auf, die sich langsam durch das niedrige Gras zum Horizont bewegt. Und Rhinos? „Fast ausgerottet“, meint der Ranger. Allerdings versuche Kenia seit einigen Jahren, den Bestand der Breitmaulnashörnern wieder aufzubauen. Und Leoparden? Alle sind auf der Jagd nach den „Big Five“. „Morgen ist auch noch ein Tag“, zügelt der Meister die Ungeduld.

Kenia - Nashörner in der Masai Mara
Nashörner

Es ist schon halbdunkel, als das Camp sichtbar wird. Voller Eindrücke und mit herrlichen Bildern im Kopf folgt man dem Weg zum Zelt. Plötzlich ist ein deutliches Schmatzen und Schnaufen zu hören. Der Atem stockt. Ein Hippo, direkt vor der Haustür! „Don’t worry!“ ertönt die Stimme von Ayubu. Die Erstarrung weicht und mit ihr der Schreck. Das Flusspferd grast ungerührt und zieht mampfend weiter. Langsam verschwindet der tonnenschwere Koloss in der Dunkelheit.

Kenia - Gepard
Gepard

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