Von Pelješac nach Korčula

Weinstraßen und romantische Hafenstädte im Süden Dalmatiens

Text und Fotos: Rainer Heubeck

Wer wissen will, wo der Dingač seinen vollmundigen, reifen Geschmack erhält, der muss von Potomje aus durch einen 400 Meter langen, engen, einspurigen Tunnel fahren, den die Winzereigenossenschaft im Jahr 1975 hat bauen lassen. Wenn die Straße aus der Erde wieder austritt, eröffnet sich ein phantastischer Panoramablick. Rechts und links des Weges finden sich kleine, niederwüchsige Weinstöcke auf einem steindurchsetzten Karstboden, weiter unten spülen die sanften Wellen der Adria an die Südwest-Küste der süddalmatinischen Halbinsel Pelješac. Hier also ist das Ursprungsgebiet einer der besten Rotweinsorten Kroatien. „Der Dingač bekommt die Sonne gleich von drei Seiten – vom Himmel, vom Meer, das reflektiert und von unten, von den Karststeinen.

Kroatien - Auf den steinigen Karstböden an der sonnigen Südwest-Küste der Halbinsel Pelješac wächst der Qualitätsrotwein Dingač

Auf den steinigen Karstböden an der sonnigen Südwest-Küste der Halbinsel Pelješac wächst der Qualitätsrotwein Dingač

"Deshalb ist er so gut“, beteuert Fremdenführerin Ines Hudobec, die selbst auf Pelješac wohnt und mit den Weinbautraditionen Süddalmatiens bestens vertraut ist. Doch das Meer am Fuße des Abhangs hilft den blauen Trauben nicht nur durch die Sonnenstrahlen, die es reflektiert, es versorgt die Weinstöcke auch mit Wasser. Denn der Karstboden in Dingač trocknet auch in den Sommermonaten, in denen es hier kaum regnet, nicht aus: Das verdunstete Meerwasser verwandelt sich in Tau bildet und befeuchtet den Boden. Doch auch, wenn den Weinbauern dadurch die Bewässerung erspart wird: Der Anbau und die Ernte des Dingač, für den weniger als fünfzig Hektar geschützte Anbaufläche zur Verfügung stehen, ist Schwerstarbeit. Das Gefälle an den steilen Hängen liegt bei bis zu sechzig Prozent. Mit Maschinen kommen die Winzer hier nicht weiter, deshalb ist Handarbeit gefragt. Etwa dreieinhalb Jahre, so verrät Winzergattin Fani Skaramuča, muss ein frisch gepflanzter Stock wachsen, bevor er passable Qualität liefern kann. „Je älter die Weinstöcke werden, desto besser wird die Qualität, aber leider sinkt dann auch der Ertrag. Statt 0,6 oder 0,7 Kilogramm Trauben pro Stock liefern die älteren Pflanzen oft nur noch 0,4 Kilogramm“, berichtet Fani Skaramuča. Bevor der Tunnel gebaut wurde, musste die Weinernte auch noch mühsam mit Eseln über einen Berg nach Potomje transportiert werden, bevor sie in den Winzereigenossenschaften verarbeitet werden konnte.

Kroatien - Auch die Vinarija Skaramuca beteiligt sich an der Weinstraße – besonders stolz ist Winzergattin Fani Skaramuča auf ihren Dingač barrique, der in Eichenfässern nachreift

Auch die Vinarija Skaramuca beteiligt sich an der Weinstraße – besonders stolz ist Winzergattin Fani Skaramuča auf ihren Dingač barrique, der in Eichenfässern nachreift

Heute ist vieles einfacher, dennoch ist Dingač-Wein rar und begehrt – denn Dingač, das ist keine Traubensorte, sondern eine Herkunftsbezeichnung, ähnlich wie Postup oder Faro. Die Rebsorte, aus der diese Weine gewonnen werden, heißt Plavac Mali, was übersetzt soviel heißt wie „Kleiner Blauer“. Sie soll aus einer Kreuzung der Sorten Dobričić und Crljenac entstanden sein und ist typisch für die Region Dalmatien, in der bereits 600 vor Christus mit dem Weinbau begonnen wurde, der von den Griechen hier eingeführt wurde. „Plavac Mali“ hat dabei zum Teil ähnliche Wurzeln wie der kalifornische Modewein Zinfandel, der von der Crljenac-Rebsorte abstammen soll. Seine wichtigsten Anbaugebiete sind Dingač, Postup und das Innere der Halbinsel Pelješac, die wie ein sechzig Kilometer langer, ausgestreckter Finger in die Adria reicht. Auf Pelješac haben sich vor einigen Jahren 44 Winzer und drei Agrotourismus-Anbieter zu einer Weinstraßeninitiative zusammengeschlossen, die es Besuchern erleichtern soll, direkt beim Winzer die hervorragenden trockenen und fruchtigen Rotweine der Region zu kosten und dabei zugleich auch die Weinkeller zu besichtigen. Häufig ergibt sich dabei die Gelegenheit, die würzigen dalmatinischen Schinken- und Käsesorten zu kosten, meist in urigen Kellergewölben.

Kroatien - Urlaub am Meer – Die Hafen- und Strandpromenade in Orebić

Die Hafen- und Strandpromenade in Orebić

Wer die Halbinsel Pelješac besucht, ist gut beraten, seine Zeit nicht ausschließlich in kühlen Weinkellern zu verbringen, sondern auch  den Trstenica-Strand bei Orebić zu besuchen und eine Wanderung zum von Zypressen umrahmten Franziskanerkloster am Rande des 961 Meter hohen Eliasberges zu unternehmen. „Das Kloster wurde im 15. Jahrhundert bewusst an einer strategisch bedeutsamen Stelle angelegt. Von dort aus hat man überblickt, wer sich der Halbinsel näherte. Kamen Kriegsschiffe oder Piraten, gaben die Mönche Rauch- oder Feuersignale“, erläutert Fremdenführerin  Ines Hudobec.

Während Pelješac von 1333 bis 1806 zur Republik Dubrovnik gehörte, war die gegenüber liegende Insel Korčula venezianisches Gebiet. Der Meereskanal sowie der Landweg nach Pelješac wurden von der Republik Dubrovnik militärisch gesichert: Zwischen Mali Ston und Veliki Ston baute man eine über fünf Kilometer lange Befestigungsmauer, in die Türme und Bastionen integriert waren und die sich noch heute im Zickzack über die Hügel zieht. Diese Mauer, die unter anderem dem Schutz vor Bosniern, Serben und Osmanen diente, gilt als der längste noch erhaltene Schutzwall Europas - und ist damit gewissermaßen das kroatischen Pendant zur chinesischen Mauer.

Die Marco – Polo – Stadt

Kroatien - Blick auf die Stadt Korčula

Blick auf die Stadt Korčula

In der Stadt Korčula, die von Orebić aus in wenigen Minuten mit der Fähre erreicht werden kann, ist man hingegen stolz darauf, früher zur mächtigen Seerepublik Venedig gehört zu haben. Die Einwohner glauben sogar, dass der prominenteste aller Venezianer, der Weltreisende Marco Polo, im Jahr 1254 auf der Insel geboren wurde. Diese Überzeugung, die historisch bislang weder bewiesen noch widerlegt werden konnte, wird Korčula-Besuchern bei fast jedem Schritt ins Gedächtnis gerufen – sei es durch ein Marco-Polo-Hotel, ein Marco-Polo-Menü oder eine Marco-Polo-Eiscreme. Außerdem könne man den staunenden Besuchern auch ein Marco-Polo-Geburtshaus und einen Marco-Polo-Turm präsentieren. Um zu unterstreichen, dass Marco Polo tatsächlich hier geboren ist, hat man außerdem vor rund 15 Jahren ein Marco-Polo-Studienzentrum gegründet.

Kroatien - Korcula - Der „Marco Polo-Turm“ in Korčula – ganz in seiner Nähe, so glauben die Insulaner, wurde Marco Polo im Jahr 1254 geboren

Der „Marco Polo-Turm“ in Korčula – ganz in seiner Nähe, so glauben die Insulaner, wurde Marco Polo im Jahr 1254 geboren

Dabei wäre Korčula für Besucher kaum weniger attraktiv, wenn der Marco-Polo-Mythos etwas weniger penetrant gepflegt würde. Schließlich ist die mittelalterlichen Charme ausstrahlende Inselhauptstadt eine der schönsten Siedlungen im Bereich der Adria. Ein Kleinod, dass sich hinter dem stolzen, aber weiter südlich gelegenen Dubrovnik keineswegs zu verstecken braucht, auch wenn ein Großteil der Stadtmauern Korčulas, welche die eng bebaute Innenstadt umgaben, vor etwa 150 Jahren abgetragen wurden - das Kriegsministerium in Wien wollte die Unterhaltskosten nicht mehr länger bezahlen. Trotz der teilweise demontierten Stadtmauer bezaubert die autofreies Innenstadt Korčula wohl jeden Besucher mit ihren schmalen Gassen, lauschigen Plätzen und verzierten Balkonen.

Kroatien -  Mit Wehrtürmen und Hohen Mauern schützte sich Korčula einst vor Piraten aus Albanien, Tunesien und Algerien und vor türkischen Kriegsschiffen

Mit Wehrtürmen und Hohen Mauern schützte sich Korčula einst vor Piraten aus Albanien, Tunesien und Algerien und vor türkischen Kriegsschiffen

Von den ehedem zwölf Wehrtürmen, die rund um die Stadt Korčula gen Himmel ragten, sind nur einige wenige übrig geblieben, doch in deren Schatten erzählt man sich noch immer die Geschichte von den 100 türkischen Schiffen, die im Jahr 1571 die Stadt attackierten. Dass Korčula damals nicht eingenommen wurde, verdankte die Stadt vor allem den Frauen der Stadt. Diese verkleideten sich als Männer und kämpften von Festungen und Mauern aus beherzt gegen die Angreifer.

Kroatien - Lauschige Gassen und historische Kirchen verleihen der autofreien Innenstadt Korčulas einen ganz besonderen Charme

Lauschige Gassen und historische Kirchen verleihen der autofreien Innenstadt Korčulas einen ganz besonderen Charme

Heute ist Korčula - mit eng aneinander gelehnten Häusern, die entlang schmaler Gässchen stehen -  fast eine Art Freilichtmuseum. Doch im Gegensatz zu Dubrovnik, das von Kreuzfahrtpassagieren überrannt wird, ist die Atmosphäre in der 5000-Einwohner-Stadt ruhiger und heimeliger. Die Insel Korčula setzt nicht auf Tagesgäste, sondern auf Besucher, die länger bleiben – sei es als Badeurlauber, Wanderer oder Kulturtouristen. Auf Besucher, die Zeit haben, auch Chorkonzerte oder Volksspielaufführungen zu besuchen, etwa die Moreška, einer Mischung aus Tanz und Schwertkampf, bei der das Heer des roten und die Truppen des schwarzen Königs um eine Prinzessin kämpfen.

Kroatien - Hier scheint die Zeit stehen geblieben: Impressionen aus dem Lumbarda, einem Fischerdorf, nur fünf Kilometer von der Stadt Korčula entfernt

Hier scheint die Zeit stehen geblieben: Impressionen aus dem Lumbarda, einem Fischerdorf, nur fünf Kilometer von der Stadt Korčula entfernt

Wer sich den Ursprüngen der Insel Korčula, die im 4.Jahrhundert vor Christus von den Griechen besiedelt wurde, nähern will, der kann von der Stadt Korčula aus per Boot oder Auto in das rund fünf Kilometer entfernte Fischerdorf Lumbarda fahren. Dort wird eine Rebsorte angebaut, die schon seit der Zeit der griechischen Besiedlung auf der Insel heimisch ist. Im Gegensatz zum Plavac, dem schweren Rotwein, der vor allem auf Pelješac kultiviert wird, handelt es sich beim Grk um einen sherryähnlichen Weißwein.

Kroatien - Visnja Milina Bire bewirtschaftet am Rand von Lumbarda einen etwa einen Hektar großen Weingarten und serviert ihren Gästen gerne ein Gläschen Grk

Visnja Milina Bire bewirtschaftet am Rand von Lumbarda einen etwa einen Hektar großen Weingarten und serviert ihren Gästen gerne ein Gläschen Grk

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

Dubrovnik gestern und heute

Früher hielten die knapp zwei Kilometer langen und bis zu sechs Meter dicken Steinmauern rund um die Stadt feindliche Truppen davon ab, die Stadt Ragusa zu erobern. Sie waren so wichtig, dass sogar Papst Pius der II. Geld schickte, damit die Mauern im Jahr 1459 verstärkt werden konnten – insbesondere, um die Stadt vor den Türken zu schützen. Heute freilich halten die Mauern einen anderen Feind vom historischen Stadtzentrum fern – die gewaltige Blechlawine, die sich tagtäglich durch die Außenbezirke des beliebten dalmatinischen Touristenziels schiebt.

Kroatien - Dubrownik

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Süddalmatien ist auch ein Paradies für Hobbyradler

Mit nur einer Pferdestärke unterm Sattel hätte es sicher Probleme gegeben. Tagesetappen von über 50 km sind selbst für trabfreudige Vierbeiner zu viel. Doch ein kleiner Elektro-Motor von maximal 250 Watt, zwei Räder und ein Paar durchtrainierte Beine sollten sie zu einem tollen Urlaubserlebnis werden lassen. Die Aktiv-Tour durch die Inselwelt Süddalmatiens. Noch dazu bestens begleitet und untergebracht, auf einem Schiff, das man problemlos als deluxe bezeichnen konnte.

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Die kroatische Hauptstadt Zagreb

Zagreb legt großen Wert darauf, als mitteleuropäische Metropole gesehen zu werden. Mit Recht. Der Blick der Kroaten geht traditionell mehr nach Westen als nach Süden und Osten. Obwohl auch diese Nachbarländer wichtige Handelspartner sind. Der Besucher merkt das auf Schritt und Tritt.

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