Warum der Orang Utan nicht spricht

Impressionen aus einem bunten Land der Kontraste

Text und Fotos: Judith Weibrecht

Inseln? Weißer Sandstrand? Palmen? Türkisblaues Meer? Schnorcheln wie in einem Aquarium? Das ganze touristische Sortiment? - Alles vorhanden in Malaysia! Doch unsere Autorin Judith Weibrecht hat sich vor allem bei den Menschen umgesehen. Lesen Sie hier ihre Eindrücke aus einem bunten Land der Kontraste.

Malaysia Insel Langkawi Strand

Strand auf der Insel Langkawi

Auch Antonio Banderas wohnt hier in Melakka. Er sonnt sich gerade auf dem Schlamm, blinzelt ein wenig, ist ziemlich groß und "very handsome" wie Gunding, der seit 35 Jahren Touristenführer ist, uns in einem Boot auf dem Melakka-River erklärt. Antonio Banderas ist eine ein Meter lange Riesenechse, kräftig und wohlgenährt. Neben ihm hüpfen jede Menge eklige Schlammspringer, komische Fische mit Glotzaugen, durch die Gegend. Vom Fluss aus sieht man die Kehrseite der Stadt.

Portugiesische Festung, chinesischer Friedhof

Malaysia Melakka Blumenverkäuferin

Malaysia Melakka Chen Hoon Teng Tempel„Madam! Where you from!“. Im Befehlston wirft die kleine, malayische Hausangestellte im Heeren House ihre Fragen von sich. „From Germany!“ antworte ich wahrheitsgemäß. „Germany, eh!“, und ihr Gesichtsausdruck bedeutet mir, dass sie sich nicht entscheiden kann, ob es nun eher in Australien oder in Afrika zu suchen ist. „Nice place!? Germany!?“. Natürlich, Germany ist schön und die Leute sind nett. Sie nickt: „Eh.“ Und sie scheint beruhigt.

Ein paar Häuser weiter gibt’s portugiesische Lokale, ein paar Leute reden Kristang, eine Mischung aus Portugiesisch und Kreolisch, und die Fischer sitzen am Medan Portugis und flicken ihre Netze. Wie an der Algarve? Das Steinportal, die Porta de Santiago der portugiesischen Festung „A Famosa“, steht noch.

Vor der Stadt liegt auf einem Hügel, dem Bukit China, der chinesische Friedhof und im Zentrum das schöne Stadthuys im holländischen Stil. Jede Menge Chinesen opfern im Tempel Räucherstäbchen und Rauchpapier für Götter und Ahnen, süßlicher Duft liegt in der Luft, eine Alte macht Lärm mit einer Rassel, ein gelb gewandeter Mönch hilft beim Beten im ältesten chinesischen Tempel, dem Chen Hoon Teng Tempel, der mit großem Aufwand restauriert wurde.

Aber in Little India steht auch ein Hindu-Tempel und außerdem gibt es ein Baba-Nyonya-Museum, das die Kultur der chinesischen Männer, die einheimische, malayische Frauen heirateten, erklären soll.

Chinesen, Inder, Malayen

Malaysia Melakka MarktMelakka liegt also in Malaysia. Hier ist, wo alles begann, der Geburtsort Malaysias! Die älteste Stadt, das Herz der malayischen Halbinsel. Malaysia ist heute ein Staat mit etwa zweiundzwanzig Millionen Einwohnern. Die malaysische Identität, man kann es sich vorstellen, wird viel diskutiert. Chinesen kontrollieren die Wirtschaft, die Malayen die Politik. Inder wurden einst wegen der Kautschuk- und Teeplantagen ins Land geholt, Portugiesen, Holländer, Briten, Araber - auch sie waren alle einmal hier und haben ihre kolonialistischen Spuren hinterlassen.

Über die Rassenunruhen, die angeblich manchmal aufflackern, will niemand sprechen. Dies ist das Reich des Dr. Mahathir, und der hat versprochen, dass in Malaysia bis 2020 volle Rassengleichheit herrscht und das Land eine Industrienation sein wird. Auf dem Pasar Malam, dem Nachtmarkt, gibt’s davon einiges zu sehen. Blinkende Handy-Sticker, Plastikspielzeug in Neonfarben, aber auch Batik aus Indonesien und mit Gold verwebte Kain Songkets, Seidenbrokat. Das ist auch in K.L. so, in Kuala Lumpur. Die Stände auf dem Nachtmarkt quellen über mit Rolex-Uhren, Parfum Chanel No. 5, T-Shirts von Lacoste und Timberland. Und es gibt Früchte, die von manchen Stinkbomben genannt werden. Die Durian-Frucht, eine harte Prüfung nicht nur für Mitteleuropäer, ist in manchen Hotels verboten: No Durian! steht da an der Wand.

Ente beim Chinesen, Tandoori beim Inder

malaysia Rikscha in Melakka

Rikscha in Melakka

Malaysia Kuala Lumpur Petronas TowersDoch an den Hawker-Ständen und bei den Garküchen in Chinatown esse ich Teppan-Mee (Nudeln) mit Beef oder glasierte Ente mit Reis beim Chinesen, Tandoori Chicken beim Inder, Satay oder Laksa, trinke frisch gepresste Säfte aus Lychee, Mango, Guave und schlecke Fried Ice-Cream ... Und abends? Abends Tiger-Bier!

Und vergessen Sie eines nicht: Dies ist das Land, in dem es keine Servietten gibt! In Anbetracht des Essens mit Stäbchen, oder beim Inder sogar mit den Händen, eine wahre Herausforderung!

Manchmal liegen welche am Ausgang - neben der Kasse. Soll das Geld nicht schmierig werden? Beliebt sind außerdem Fischmesser. Besonders beim Frühstück zu Toast und Marmelade. Warum, weiß ich nicht, es war wohl mal ein geschickter Vertreter unterwegs.

Vom 421 Meter hohen Menara-Turm, dem vierthöchsten Turm der Welt, hat man einen grandiosen Blick über die Stadt, die noch vor ein paar Jahren ein kleiner Bergbauort mit Zinnabbau war, und auf die Petronas-Twin-Towers (Foto rechts). Darf´s ein bisschen größer sein? 451,9 Meter hoch, Symbol des „neuen“ Malaysia.

Malaysia Cameron Highlands Sam Poh TempelRegiert wird das neue Malaysia von neun Sultanen, die aus Königsfamilien stammen und den König wählen, der aber nur repräsentiert, sowie vier Gouverneuren aus den Bundesstaaten, in denen es eben keine Sultane gibt. Die eigentliche Macht über das Land hat das Parlament.

Malerische Teeplantagen, verstopfte Straßen

Schicke Einkaufsmalls im Golden Triangle neben Straßenhändlern in der Jalan Petaling, Wolkenkratzer aus Glas und Beton neben Blechhütten, islamische Moscheen, hinduistische und buddhistische Tempel, christliche Kirchen. (Foto rechts: Sam Poh Tempel in den Cameron Highlands). Ein Kedai Kopi, eine Art Kneipe mit Tante-Emma-Laden, wo es sehr süßen Tee und Kaffee gibt und nebenan ein „Restoran“. Alles da. Und natürlich: der Proton, Malaysias eigene Automarke. Okay-la? - Okay-la! Ohne la am Ende geht hier nämlich gar nichts! Man spricht sozusagen Manglish. Dinner-already-la? Wurde anscheinend frei aus dem chinesischen Gruß „Hast du schon gegessen?“ übersetzt. Good-la? Also weiter im Text.

Neben dem Nord-Süd Highway malerische Teeplantagen: die Cameron Highlands (Foto unten rechts). In den Cameron Highlands fragt niemand mehr, egal wie abgekürzt. Hier hat man anderes zu tun. Von wegen einsame Teeplantagen mit sanft lächelnden Pflückerinnen in Saris. Tanah Rata, der Hauptort, ist so etwas wie das Pottenstein Westmalaysias. Da ist es kühl und das findet man cool.

Malaysia Teeplantagen Cameron HighlandsDeshalb kommt man hierher, und jetzt sind auch noch Ferien! Die einzige nennenswerte Straße durch den Ort ist heillos verstopft. „Traffic like in Colombo!“ schüttelt der Mann vom „Hillview Inn“, der mich vom Bus abholt, den Kopf, und ich denke mir, dass er wahrscheinlich ein singhalesischer Einwanderer ist. Doch was sich anhörte wie Colombo sollte Kuala Lumpur sein. Er fragt auch gar nicht, woher ich komme. Stress im Hochland!

Viktorianische Vergangenheit, malayische Gegenwart

Das „Ye Olde Smokehouse“ liegt etwas außerhalb. Koloniale, viktorianische Vergangenheit in ein Fachwerkhaus gekleidet. Merry Old England in den Tropen! Man spielt Golf, und es gibt immer noch jeden Nachmittag Tee. Vielleicht von der Boh Tea Estate, der gößten Teeplantage im Hochland. So, wie man in der Fränkischen Schweiz Brauereien besichtigt, besucht man hier Teeplantagen. Die Worte der Führerin verstehen wir nicht. Zu laut, ein sehr eigenartiges Englisch-la und zu viele Leute.

Und wo ist eigentlich Jim Thompson? Suchen sie ihn immer noch? Jim Thompson, der Seidenkönig Thailands, ist am Gründonnerstag 1967 hier spurlos verschwunden. Viele Legenden ranken sich darum: Schließlich hatte er Geld, viel Geld. Oder war es, weil er für den Vorläufer des CIA gearbeitet hatte? Oder haben ihn die Orang Asli, die Ureinwohner, verschleppt? Die Orang Asli arbeiten heute als Erntehelfer oder verkaufen am Straßenrand ein paar Früchte. Aber es gibt ja ein Orang-Asli-Museum bei KL und ein Orang-Asli-Dorf bei Tanah Rata, das man besuchen kann, um die minderheitenfreundliche Politik der Regierung zu besichtigen.

Malaysia einheimische SchönheitEin Mensch ist ein Orang Orang, ein Weißer ein Orang Putih, die Orang Asli lebten einst tief in den Urwäldern. Und der Orang Utan? Er spricht nicht, glauben die Einheimischen in Sabah, weil er sonst arbeiten müsste. Die Dschungelpfade sind ausgetreten. Der Regenwald wächst langsam und stirbt schnell. In Taman Negara, dem ältesten Urwald der Welt und Nationalpark, ist noch ein wenig übrig davon. Aber wer kennt schon die Zukunftspläne der Regierung? Autobahnen, Fabriken, Industrie?

Georgetown auf der Insel Penang, auch Perle des Orients genannt, ist eine richtige Chinatown. Also wohne ich im chinesisch geführten „Cathay Hotel“ bei Mr. Wang (oder so ähnlich). Mr. Wang-oder-so-ähnlich und sein Freund lungern gerne in und um die Rezeption herum, grüßen jeden freundlich und entledigen sich des öfteren der giftigen, schleimigen Säfte in ihrem Rachen. Ich komme mir wirklich vor wie damals in China. Der dem Hotel angeschlossene „Health-Club“ scheint sich nur mit der Gesundheit ganz bestimmter Körperteile zu beschäftigen. Also ziehe ich am nächsten Tag um. „Good bye!“ lächeln die zwei Alten schmierig.

Malaysia Schriftgelehrter

Chinesischer Schriftgelehrter

Chinesisches Neujahr, touristische Ansprüche

Doch Chinese New Year wird gefeiert! Das Jahr des Pferdes, man kann es überall sehen, beginnt. Rund um den wunderbaren Khoo Kongsi Tempel wird getanzt, die Zukunft mit Karten vorausgesagt, Namen und glückbringende Kalligraphien auf chinesisch gepinselt.

Malaysia Chineissches Neujahr

Alles fürs Chinesische Neujahr

Man schenkt sich gegenseitig Mandarinen als Symbol für Gold, Reichtum und Wohlergehen, und die Kinder bekommen ihren Hong Bao, einen roten Umschlag mit Geld. Rot ist hier fast alles, denn Rot ist die chinesische Glücksfarbe. Der absolute Höhepunkt inmitten all dieser Pracht sind die Drachentänze, die die bösen Geister vertreiben sollen.

Und weißer Sandstrand? Palmen? Türkisblaues Meer? Schnorcheln wie in einem Aquarium? Inseln? Suchen Sie sich einfach eine aus! Okay-la?

Malaysia Blick Langkawi

Blick von der Insel Langkawi aus

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

Das könnte Sie auch interessieren

.

Kurzportrait Malaysia

„Malaysia, truly Asia“ - mit diesem griffigen Slogan wirbt das südostasiatische Schwellenland in aller Welt um Besucher. Und das mit großem Erfolg, wie die Touristenzahlen belegen. Es ist ein Land, das sich problemlos bereisen lässt, das den Ruf genießt, sicher und stabil zu sein. Besonders wer auf eigene Faust unterwegs ist, wird die Gastfreundschaft der Malaysier zu schätzen wissen.

Malaysia

Teeplantage in den Cameron Highlands © Sam D'Cruz - Fotolia.com

Mehr lesen ...

 

Kuala Lumpur – Boomtown zwischen vorgestern und übermorgen

Die Straßen und Bürgersteige sind wie geleckt. Kein Müll, kein Kaugummi liegt hier herum. An jeder Ecke fungieren Männer und Frauen mit Strohhüten auf dem Kopf als flotte Feger und schwingen den Reisigbesen. Während die Hauptachsen von Kuala Lumpur, der pulsierenden Hauptstadt Malaysias, fast rund um die Uhr dem Verkehrsinfarkt zu erliegen drohen, flitzen Motorradfahrer zwischen den kaum vorankommenden Autos her. Drei, vier Personen auf einem Zweirad sind dabei keine Seltenheit. Viele Biker tragen eine falsch herum angezogene Jacke. Der Reißverschluss oder die Knöpfe zeigen nach hinten, um so den warmen Fahrtwind umzuleiten.

Malaysia - Kuala Lumpur

Teeplantage in den Cameron Highlands © Sam D'Cruz - Fotolia.com

Mehr lesen ...