Arcen
Schlossgärten (Kasteel Tuinen)
Der Garten der Lüste (De Tuin de Lusten)
bis 3. November 2024
Gewiss ein Blickfang ist gleich zu Beginn die Arbeit „Don’t call me baby – I am greater than you think“. Was ist zu sehen? Es ist ein weiblicher Torso der besonderen Art nämlich keine kopf- und armlose Brustbüste, sondern zwei lange, über einander gelegte weiße Beine mit hochhackigen Schuhen. In voller Lebensgröße müsste die Dame angesichts der langen Beine, die wir sehen, riesige Körpermaße haben. Im übrigen ist das Werk von Roos Schneijderberg durchaus erotisch aufgeladen, auch wenn die Beine keine Strapse zieren. Nur Schritte entfernt ruht ein weiblicher Torso auf einem Sockel. Reckt sich die Person in die Höhe? Man möchte es beim Anblick meinen. Zugleich stellt man beim genauen Hinschauen fest, dass der weibliche Torso noch einen Slip trägt, also kein weiblicher Akt auf einem Sockel ruht. Wird sich die Dame namens „La Culotte“, von Judith Wiersema aus Stein gemeißelt, noch gänzlich entkleiden?
Aus einem stählernen Baumstamm sprießen einige durchsichtige Regenschirme. Bart Nijboer ist der Schöpfer des Baumes, der gleichsam an den aufgespießten Regenschirmen zu schweben scheint. Tritt man näher, so erscheint der Baumstamm mit seiner Aushöhlung wie ein Mantel, aus dem Pilze sprießen. Warum die Skulptur „Übergang“ heißt, muss der Betrachter für sich entscheiden. Weitergehend stoßen wir erneut auf einen weiblichen Torso mit verdrehtem Körper, einem vorgewölbten Bauch und einem flachen Gesicht. Allerdings ist weder etwas über den Urheber, noch zum Titel vor Ort in Erfahrung zu bringen.
Zwischen zwei Gewässern entdecken wir „Grätsche“ von Judith Wiersema. Kraftvoll spannt sich der weibliche Körper, gleichsam auf einer Stele balancierend.
Diese organische Form steht im Kontrast zu Shinkichi Tajiris aus Edelstahl konstruierten, konstruktivistischen Skulptur „Overhand Knot“. Und ja mit ein wenig Fantasie kann man die Knotenverschnürung ausmachen. An anderer Stelle im Park finden wir ein ähnliches Motiv aus rostigem Cortenstahl.
Aus einem Block heraus schaut der „Wächter“, den Marcel Julius Joosen gestaltet hat. Es ist ein Afrikaner, der gleichsam in dem grünen Block gefangen ist. Der vollständige Werkstitel lautet „Wächter & Verlust“. Um welchen Verlust handelt es sich dabei? Um den Verlust der Freiheit? Das muss man annehmen, auch vor dem Hintergrund der brutalen Geschichte der Kolonisierung des sogenannten Schwarzen Kontinents.
Organisch ist die Form, die Fons Schobbers uns präsentiert. Man könnte an ein riesiges Blatt denken, das sich aufgerollt hat. Fressspuren sind Teil dessen, was wir zu Gesicht bekommen. Auch an eine lodernde Flamme muss man bei dem Kunstwerk denken, oder? In einem der Pavillons am Großen See sind Frauenfiguren das Thema, das Erwin Meijer bearbeitet hat. Eine Frau, die auf ihrem Gesäß balanciert, derweil ihre Arme das angewinkelte linke Bein umklammern. Weit ausgestreckt, als ginge es um eine Turnübung im Bodenturnen, ist das rechte Bein. Mit „Fokus“ benannte der Künstler sein Werk. Von Meijer sehen wir noch zwei weitere Frauenskulpturen. Dazu gehört auch eine grünlich patinierte junge Frau, die sich nach vorne beugt und ihre langen Haare fallen lässt. Ist sie eine Badende? Ist sie bei der Morgentoilette und beim Ausschütteln der Haare nach dem Waschen? Das ist möglich, auch wenn Meijer die Figur „Wasserspiegel“ nannte. Und schließlich können wir auch eine dralle Frau betrachten, die vor ihrem Bauch einen dicken Fisch in den Händen hält: „Frau mit Fisch“.
Wie schon zuvor bei anderen Künstlern der Ausstellung so huldigt auch Angelo Moyano dem weiblichen Torso. In diesem Falle einer „Latina“ mit wohl proportionierten Formen. Daneben fällt unser Blick außerdem auf „Azulada“. Beide Torsos wurden zunächst aus Stein gemeißelt und dann in Bronze gegossen. Im Übrigen stellt Judith Wiersema die Frage „What’s for Dinner?“. Nein, leckere Speisen entdecken wir nicht, sondern einen blauen Tischherd mit einem Frauenbein mitten zwischen den Flammenkränzen.
Einen knienden Afrikaner namens Adam zeigt uns Marcel Julius Joosen, dabei die Athletik des männlichen Körpers herausarbeitend. Das nährt durchaus den Mythos des potenten, starken Afrikaners und das falsche Konzept des edlen Wilden, oder? Und schließlich hat der gleiche Künstler das „Verlies“ geschaffen. Es handelt sich um den männlichen Akt eines Afrikaners, der aber nicht frei steht, sondern den Eindruck mach, eingeschnürt und der Bewegungsfreiheit beraubt zu sein.
Schließlich fällt unser Blick auf eine Wasserfläche, in der „Erotic Space“ von Fons Schobbers steht. Damit findet die Ausstellung von Kunst unter freiem Himmel einen Abschluss. Sie ist eine gelungene Ergänzung zu all den verschiedenen Gärten, die Anziehungspunkte sind, ob der Italienische oder der Mediterrane und die diversen Rosengärten.
© Fotos/Text Ferdinand Dupuis-Panther
Info
https://www.kasteeltuinen.nl/nl/informatie/