Arnhem
Museum Arnhem
Skulpturenpark dauerhaft
Teil des Parks sind auch zwei Bunkeranlagen, sogenannte Kochbunker, von denen man nur die abgerundeten Kopfstücke sieht. Sie waren Teil der Verteidigungsanlage der Deutschen Wehrmacht und waren mit einem Mann benannt. Entstanden sind diese unterirdischen Bunker im Herbst 1944. Arnheimer Bürger mussten sie im Rahmen von Zwangsarbeit errichten. Zwei von den 960 entlang des Niederrheins errichteten Bunkeranlagen befinden sich im Museumspark. Von diesen sind allerdings bis heute nur zehn erhalten worden, darunter auch die beiden beim Arnhem Museum.
Die Skulpturen, die im Park zu sehen sind, befassen sich nun nicht unmittelbar mit der Schlacht um die Brücke von Arnhem im September 1944, aber allgemein thematisch. Es geht um Krieg, um Kampf, um Auseinandersetzung und Wiederentstehung sowie Wiederaufbau im übertragenen Sinne. Eine der skulpturalen Arbeiten befindet sich im Untergrund des Parks und ist über eine Treppe zu erreichen. An einer Stelle findet man nahebei Informationen zu den Ereignissen am 19. September 1944, als auch der letzte Versuch scheiterte, die Brücke von Arnhem zu erobern und somit den Vormarsch der Alliierten über den Rhein zu ermöglichen. Der Nachschub us-amerikanischer Einheiten aus dem Süden stockte, die Unterstützung von polnischen Einheiten, die die britischen Fallschirmspringer verstärken sollten, blieb aus. Von 2000 polnischen Soldaten gelangten nur etwa 120 auf die Nordseite des Rheins. Der Widerstand der Wehrmacht, vor allem durch den Einsatz von Tiger-Panzern, konnte nicht gebrochen werden. Mehr über diese Ereignisse erfährt man im übrigen auf der sogenannten Airborne Route vom Bahnhof zur Rijnkade und im dortigen Informationszentrum Airborne on the Bridge.
Doch wenden wir uns nun den übrigen Teilen des Parks zu. Was sehen wir denn gleich beim Eingang? Überdimensionierte fahlrosa Trauben? Verblasste Johannisbeeren? Oder sind es gar ein Haufen von Brüsten? Ja, Letzteres! Es ist eine Arbeit von Maria Roosen. Sie versteht ihr Werk als eine Ode an das Leben, als Symbol für Fruchtbarkeit. Dabei gibt es auch Bezug zu Darstellungen von Demeter mit ihren zahlreichen Brüsten. Maria Dahlberg lässt mit ihrer Skulptur, die riesige Mausohren hat, nicht allein an Mickey Mouse, sondern auch an afrikanische Skulpturen denken. Kein Wunder hat sie doch kenianische Wurzeln. „Asis Rafiki“ ist der Titel der Arbeit. In Suaheli bedeutet dies „Sonnenfreund“. Es handelt sich um eine zoo- und anthropomorphe Figur, ist also halb Mensch und halb Tier. Auffallend sind neben den Ohren auch die dicken knallroten Lippen der Skulptur.
Marc Quinn schuf „12,5% Proof“. In einem Vitrinenkasten gilt es einen menschlichen Körper zu entdecken, aus dessen Körperöffnungen rote Flüssigkeit strömt. Blutet da ein Körper aus, nachdem er verwundet wurde? Der Titel der Arbeit allerdings verweist auf den Alkoholgehalt von Wein. So hat Quinn eine Arbeit realisiert, die Bacchus, dem Gott des Weins und der Ekstase, gewidmet ist. Doch der Wildheit des Gottes der griechischen und römischen Mythologie sind Grenzen gesetzt durch die gläserne Zelle, in der sich die Skulptur befindet.
Botanisches hat Sjoerd Buisman in einer geschichteten Skulptur umgesetzt, die ein wenig an die Struktur von Schachtelhalmen denken lässt. „Phylotaxis“ (gemeint ist die Lehre von der regelhaften geometrischen Anordnung von Blättern, Knospen, Stängeln oder Fruchtansätzen von Pflanzen) ist der Titel des Werks. Auf der Infotafel lesen wir allerdings, dass Selleriestängel und -blätter die Vorlage für die Arbeit bildeten. Das Thema „Untergang und Auferstehung“ bündelt sich in Pearl Perlmuters Skulptur „Earthbound“.Was wir sehen, ist eine aufrecht stehende, teilweise fragmentierte und verletzte Figur. Einen abstrakt-figurativen Schwanenhals bekommen wir zudem zu Gesicht. Oder ist das nicht doch eine Form ähnlich einer Kaffeekanne ohne runde Formgestaltung? Klaas Gubbels ist der Schöpfer dieses Werks.
Henry Moore schuf einen sitzenden Krieger mit Schild. Dabei formte der bekannte britische Bildhauer einen menschlichen Körper, der nicht massiv und komplett ist, sondern eher durch das Torsohafte auffällt. Dabei beachte man auch die Körperneigung und Dynamik der Figur. Einige Stufen hinunter geht es, will man die „Unterirdische Fontäne“ (Thom Puckey) betrachten.
Dass eine Steinbank nicht nur eine Steinbank ist, sondern auch eine Fläche für „sinnhafte Lyrik“, unterstreicht Jenny Holzer, die sich bei dieser Arbeit explizit mit Frauen als Opfer des Krieges befasst. So lesen wir u. a. „Crack the pelvis so she lies …“. Was Fortuyn/O’Brien mit ihrem künstlichen eisernen Bogen im Sinn haben, erschließt sich dem Besucher, wenn er den „Bildtext“ zu „The Owl and the pussycat went to see“ liest. Ganz bewusst haben die Künstler, den transparenten Bogen nicht als Blicköffnung gedacht, sondern als Durchgang in Richtung Niederrhein.
Hat da ein Künstler ein Insektenhotel in Apfelform geschaffen? Man könnte es meinen, wenn man vor „Appel“ von Kees Franse steht. Einen „Venustrichter“ präsentiert uns Rebecca Horn. Durch ihn tropft bei Regen Wasser ins Innere, das bei Sonnenschein verdampft. Und was steht da, in leuchtenden Popart-Farben bzw. Street-Art-Farben gehalten?
Eine Tischtennisplatte, die allerdings weder in Farbe noch in Form etwas mit der grünen Tischtennisplatte zu tun hat, die wir kennen, dank an Louie Cordero. Inspiration für die gezackte Form und Farbe sind die bunten Straßenbilder Manilas. Übrigens, man kann sich Kellen und einen Pingpongball im Café Pierre ausleihen, um auf dieser ungewöhnlichen Platte den Ball übers Netz zu lupfen und zu schmettern.
Sehr dicht gesetzt sind die Skulpturen vor dem neuen Museumsflügel. Einen gespaltenen Stein mit Polierflächen sehen wir, eine Arbeit von Ewert Hilgemann. In einer Art Schnurkeramik entstand durch Susanne Kalil Yusef die „Mutterschlange“. Sie ist eine überlebensgroße Schlange, die selbst größer als eine Riesenpython oder Anakonda ist. Sinnbild für die riesigen Probleme des Lebens? Neben einem naturalistisch gehaltenen Pelikan von François Pompon sehen wir eine schreitende Tänzerin mit Tambourin, geschaffen von Fioen Blaisse.
Auch ein Kaugummimädchen mit Mausohren und Bärenschnauze entdecken wir. Oder ist das die Form der Maske, die das Mädchen trägt, um nicht vom Kaugummigeruch benebelt zu werden? Kaugummis bedecken außerdem die Figur, für die Ineke Kaagman die Idee hatte. Ein Selbstporträt ist schließlich Alighero e Boetti zu verdanken. Diesem Selbstbildnis entströmt Wasser aus dem Kopf, gleichzusetzen mit Gedanken, die sich ausbreiten.
© Foto/Text Ferdinand Dupuis-Panther
Informationen
https://www.museumarnhem.nl/nl
Mehr zu Arnheim
https://www.schwarzaufweiss.de/niederlande/arnheim.htm
zur Gesamtübersicht Ausstellungen