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Venray
Odapark

Von geklonten Pinguinen, Ecce Homo und dem letzten Abendmahl
dauerhaft

Ursprünglich unterhielten Nonnen auf dem Gelände des Odapark, auch Sankt-Odapark genannt, ein Mädcheninternat. Teil dieses Internats war auch das sogenannte Teehaus, das heute mit einem angrenzenden Anbau als Ausstellungszentrum für Gegenwartskunst genutzt wird. Im umgebenden Waldgebiet mit Beständen von Ahorn, Kiefern, Schneeball und Ilex sowie auf ausgedehnten Sandverwehungen findet man 64 monumentale Skulpturen, so jedenfalls die Information laut Homepage Hart van Limburg. Dreimal im Jahr werden im Zentrum für Gegenwartskunst Wechselausstellungen präsentiert. Von Sonnenauf- bis untergang ist der Odapark, der sich auch zum Wandern von Knotenpunkt zu Knotenpunkt hervorragend eignet, kostenlos zugänglich.

torodapark

Gleich am Eingang empfangen uns rote geklonte Pinguine mit einer großen PET-Flasche auf dem Rücken. Bereits auf der Hinfahrt mit dem Bus zum Park haben wir einen solchen fluglosen Vogel als Blickfang auf einem Kreisverkehr gesehen. William Sweetlove sind diese „Wächerfiguren“ am Parkeingang zu verdanken. Dicht bei beließ Herbert Nouwens eine großschalige Metallskulptur ohne Titel. Sehen wir die Überreste eines Schiffrumpfes nach einer Havarie oder ein geborstenes und verbogenes Autowrack? Man könnte es meinen.

schiffswrak

Im Unterholz können wir nachfolgend einen riesigen Helm ausmachen. Was will uns mit dem Werk „Gehelmd“ der Künstler Wim Klabbers eigentlich sagen. Weist er uns auf Spuren der Geschichte hin? Will er uns für Archäologie begeistern? Oder symbolisiert der Helm die scheinbare Unverletzlichkeit in kriegerischen Auseinandersetzungen, bei denen ein Körperpanzer nicht das Überleben sichert. Wie achtlos in die Landschaft geworfen erscheint übrigens der überdimensionierte Helm. So könnte man das Kunstwerk auch als Teil der Vergänglichkeit von Geschichte auffassen, oder?

himmel

Ineke Otto konfrontiert uns gleich mit zwei Arbeiten: Alla Luce da Lontano und Alia Luce del Solle, zum einen ein stilisiertes Wolkenband und zum anderen ein deformierter Sonnenkreis, die in der Natur des Parks eingebettet sind. Sie „blinzeln“ im Unterholz hervor, das üppig wuchert und die beiden Kunstwerke umschließt. Die auf einem Sockel stehende Christusfigur in einer kleinen Lichtung stammt von einem unbekannten Künstler. Soll damit an die Geschichte des Ortes als ein von Nonnen geführtes Internat erinnert werden?

klabautermann

Den Vogelbaum, der statt der Blätter Vögel „ausgebildet“ hat, fällt uns als nächstes auf. Luc Leenknegten & Wieger Frencken sind die Urheber des Werks, das mit seiner rostigen Färbung gänzlich ins umgebende Laub eintaucht. Upps, wer hängt denn da über einem dicken Ast? Ein Heinzelmännchen oder ein Klabautermann? Ja, Red de Heilige Kabouter nannte Tanja

Ritterbex ihre figürliche Arbeit. Nur warum hängt der Klabautermann in einem Baumgeäst und scheint eine Turnübung auszuführen? Hm, ist ein Klabautermann nicht der Welt der Märchen und Spukgeschichten entsprungen? Gewiss und das passt doch gut in einen „verzauberten Wald“ wie dem Odapark.

horizon

Auf einem gepflasterten Kreis inmitten von Grün steht die transparente Arbeit Horizont, die den Blick in die Umgebung und damit über den eigentlichen Horizont des Kunstwerks ermöglicht. Diana Ramaekers ist die Urheberin dieser Arbeit. Das Tintenblau der Arbeit ist nicht scharf abgegrenzt, sondern eher „nebelig“, so dass der Blick auf die Umgebung durchaus auch Unschärfe beinhaltet. Zugleich aber ermöglicht die Durchsichtigkeit des Werks sich auf einen Ausschnitt der Umgebung zu konzentrieren, und sich zudem der Kontemplation hinzugeben. Sitzende Figuren setzte Wim Klabbers in die Landschaft. Es sind fremd erscheinende, an Gottesanbeterinnen erinnernde, überlängte und zellulär geformte Wesen, die wir sehen. Man könnte auch an Saurier denken, betrachtet man die beiden Figuren. Und was hält die eine Figur eigentlich zwischen ihren Schenkeln?

sitzende

In einer Vitrine stoßen wir auf das Vergänglichkeitsmotiv von Dirk Claesen, der 2014 verstarb. Allein die Vitrine würde man nicht in einem Waldstück, sondern eher in einem geschlossenen Ausstellungsraum erwarten. In der Vitrine scheint Schlachtabfall aufbewahrt zu werden. gleichsam eine Mahnung an die Nachwelt darüber nachzudenken, wie wir mit unseren tierischen Nahrungsmitteln umgehen. Im weiteren Verlauf des Rundgangs stoßen wir auf die Namenspatronin des Parks, die heilige Oda, die von einer Reihe von weißen, ins Erdreich platzierten Spazierstöcken umgeben wird. Für diese Inszenierung zeichnen das Atelier J. Oor & Zonen und E. Pietersen verantwortlich.

eccehomo

Völlig deplatziert wirken drei neben einander gesetzte, aus Ziegeln gemauerte Schornsteinköpfe, auf denen welk wirkende Pflanzen zu finden sind. Bert Poulisse schuf diese besondere Form der Archi-Skulptur. Überdimensionierte Nachtwächterlaternen entdecken wir nachfolgend: Warten auf den Mond lautet der Titel. Bisweilen hat man bei längerem Betrachten auch den Eindruck, es würden drei Raketen bereitstehen, um ins All geschossen zu werden, oder? Und was will uns der Künstler Auke Wassenaar damit eigentlich sagen?

picasso

Ein riesiger Totenschädel mit Dornenkrone nimmt das klassische Thema von Ecce homo auf und setzt es skulptural um. Allerdings fügten die Künstler Doyle & Mallison noch das Beiwort erectus bei. Dies ist allerdings ein Widerspruch, denn aufrecht steht hier kein Ecce Homo, im Kern ein Sinnbild für den gekreuzigten Jesus. Wohl aus Cortenstahl wurden Adam und Eva von Irène Prinsen geformt. Allerdings ist die Ikonografie schwer zu entziffern und man fragt sich, wo eigentlich der Apfel der Versuchung zu finden ist.

jesuit

Nachfolgend stoßen wir auf eine mehrteilige Arbeit, die allerdings keine Infotafel enthält. Von der Ikonografie her könnte es sich um das Oktogon für Picasso handeln, das ebenfalls von der Künstlerin Irène Prinsen stammt. Am Rande einer Wiese stehen drei Wachhäuser und wir fragen uns, ob das Kunst ist. Gleichfalls finden wir auf dieser Wiese eine sitzende Figur mit gefalteten Händen und asiatisch anmutenden Gesichtszügen. Es handelt sich um das Porträt des Jesuiten und Historikers Godefridus Henschenius, eine Idee von Rob Stultiens. Der genannte Jesuit verfasste im 17. Jh. ein Standardwerk namens Acta Sanctorum über die Heiligen in der katholischen Kirche.

lovestory

Mit Sinn für das Naive in der Kunst entstand wohl der Schneemann von Helmut Smits. Viel mehr als der Schneemann, der trotz Klimawandel unversehrt im Odapark steht, zieht eine liegende, männliche rot-orange Figur unsere Blicke an. Die Erektion des in den Himmel Schauenden endet in einer riesigen Blüte. Nein, Orgasmus oder feuchte Träume nannte der Künstler seine figürliche Skulptur nicht, sondern Lovestory, erdacht von Erik Habets. Einen Augustinus, der einen Kopfstand vollführt, sehen wir direkt vor dem Teehaus. Piet Siebers formte diesen Kopfstand eines Heiligen aus Holz.

urmensch

In einem Glaspavillon steht ein Urmensch, dessen Rücken ein Fell aufweist. Hans Lemmens Werk konfrontiert uns mit diesem menschenähnlichen bzw. affenähnlichen Wesen aus der Vorzeit, dabei das Geschlecht offen lassend. 50/50 ist der Titel der Inszenierung. Und dann entdecken wir einen Archi-Kubus, eine Art Tiny House der besonderen Art. Was hat sich dessen Schöpfer Rob Voerman nur bei seiner Kreation gedacht, zumal der Werkstitel Not-in-my-Backyard lautet? In einem Drahtkäfig toben sich die „faschistischen Fruchtjungens“ aus, so der Titel, den sich Doyle & Mallinson überlegt haben. Ein wenig an Comicwelten erinnert uns die Skulpturengruppe, die zum Teil aus Jungen in Skinhead-Outfits besteht, die ihre Gegner mit Bananen bewerfen. Unter diesen ist auch der „Frittentüten-Mann“, der schon am Boden liegt.

notinmybackyard

Gestapelte Würfel, die aussehen wie erkaltete Basaltformationen, sind eine Arbeit von Sonmghak Ky aus Kambodscha. Und am Rande einer sandigen Verwehung und Kiefernbeständen stoßen wir auf Jesus und seine Jünger beim letzten Abendmahl. Linda Verkaaik ließ sich durch da Vincis „Das Letzte Abendmahl“ zur ihrem mehrteiligen, sehr großen skulpturalem Werk inspirieren.

abendmahl

Schließlich sei noch auf Reinier Kurpershoek hingewiesen, der im Rahmen einer Ausstellung über den Wahn ein mehrteiliges Werk herstellte, das auf dem Gelände des ehemaligen psychiatrischen Krankenhauses St. Anna in Venray Aufstellung fand und nunmehr im Odapark zu sehen ist. Es ist ein Denkmal für alle, die als Psychiatriepatienten namenlos beerdigt wurden. Das Denkmal umfasst zahlreiche Kreuze mit abgeknickter Spitze. Statt der Namen der Verstorbenen findet man auf den Kreuzen u. a. nachstehende Inschriften: Preasen. Melancholie Schrumpelnier; arteriosclerose sowie eine Registriernummer oder Schizophrenie Postoperative longembolie. Dieses Kunstwerk ist eines, das sehr nachdenklich macht.

denkmalpsychiatrie

Zum Schluss: Hier sind nicht alle Kunstwerke aufgeführt, sondern nur eine Auswahl. Jeder mag sich bei seinem Besuch auf weitere Entdeckungstouren begeben und dann auch auf Arbeiten von Reinhard Buxel, Marie-Claire Krell, Svenja Ritter und andere Künstler stoßen.

uboot

© Fotos/Text Ferdinand Dupuis-Panther

Info
Odapark in Venray
Merseloseweg 117
5801 CC Venray
www.odapark.nl

Anreise: Vom Bf Venray mit dem Bus 298 zum Krenkenhaus (Ziekenhuis) und sechs Min. gegen die Fahrtrichtung zum Eingang Odapark laufen.

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