Betörender Duft aus Arabien

Auf den Spuren des Weihrauchs im Oman

Text und Fotos: Axel Scheibe

Ihre Augen blitzen vor Freude und selbst das lange schwarze Gewand und der Schleier können ihre jugendliche Anmut nur schwer verdecken. Besser konnte der Abend in ihrem kleinen Stand auf dem Weihrauch-Souk in Salalah nicht beginnen. Die Kunden aus dem fernen Europa griffen nicht nur beim Weihrauch reichlich zu, sondern entschieden sich auch für die dazu passenden Keramiköfchen. Und dabei hatten sie beim Weihrauch nicht nur auf die Masse geschaut, sondern, fast wie richtige Kenner, zur besten, wenn auch teuersten, Qualität gegriffen. „Sie werden das nicht bereuen“, so die junge Frau in gepflegtem Englisch. „Die kleinen, dunklen Harzstücke, die besonders billig sind, verbreiten bei weitem nicht den sanften, betörenden Weihrauchduft, den die großen, weißen garantieren.“

Oman Salalah Frau mit Schleier

Der Weihrauch-Souk von Salalah, der Hauptstadt der Weihrauchregion Dhofar im Süden des heutigen Oman, ist ein Muss für jeden Touristen, den es an die Südspitze der Arabischen Halbinsel verschlägt. So groß ist deren Zahl übrigens nicht. Es ist nicht nur die große Angebotspalette rund um das duftende Harz, das sie hierher zieht, sondern auch eine der wenigen Möglichkeiten, mit den verschleierten Frauen von Salalah ins Gespräch zu kommen.

Die Verkäuferinnen, die zu Dutzenden mit ihren Waren aus den Bergen Dhofars zum Markt kommen, tragen bis heute, wie in ihren Dörfern üblich, den schwarzen Gesichtschleier. Wer da aber glaubt, schwarzer Umhang sei gleich schwarzer Umhang, irrt gewaltig. Die Frauen verstehen es, mit kleinen Variationen im Schnitt und zarten Applikationen ihr Gewand mit einer ganz eigenen Note zu versehen. Doch tief verschleierte Frauen sind im Normalfall scheu, und es gehört sich für sie auf keinen Fall, mit fremden Männern zu reden, oder sich gar fotografieren zu lassen.

Oman Salalah Verkäuferin

Auf dem Weihrauch-Souk in Salalah freilich geraten im geschäftigen Treiben so manche Regeln außer Kraft. Die Frauen müssen ihre Ware verkaufen. Wie soll das gehen, ohne mit den Kunden ins Gespräch zu kommen, ohne um den rechten Preis zu feilschen? Wie viele ihrer Geschlechtsgenossinnen scheint Sashira darüber nicht böse zu sein. Das Englisch hat sie mit Hilfe einer Freundin aus der Stadt gelernt und das Handeln macht ihr sichtlich Spaß. Besonders interessant zu sehen, wie die zwei männlichen Gehilfen im Laden nach ihrer „Pfeife“ tanzen und bemüht sind, all ihre Aufträge in Windeseile zu erledigen. Und das in einem Land, wo es eigentlich die Männer sind, die das Sagen haben.

Ein Harz, das gut riecht

An einem Tag wie heute, an dem das Geschäft, begleitet von manch neidvollem Blick aus Nachbarständen, mit so einem Paukenschlag begonnen hat, spielt Sashira sogar einmal Fotomodell und überspringt damit Grenzen, an die ihre Mutter sicher nicht einmal in den kühnsten Träumen gedacht hätte. Und so verwundert es nicht, dass so mancher potentielle Kund den Weihrauchstand nicht nur nach der Qualität des Harzes auswählt, sondern auch nach der „verborgenen“ Schönheit der Besitzerin. Es könnte ja mit einem, Foto klappen …?

Oman Salalah Strand

Strand in der Region Dhofar

Der Weihrauch, der an den kargen Berghängen rings um Salalah perfekte Bedingungen findet, brachte der Region und vielen Städten entlang der 3.500 km langen Weihrauchstraße von Dhofar bis nach Gaza Glanz und Reichtum. Bis heute ist er eines der wichtigsten landwirtschaftlichen Produkte des Oman. Das Land, nicht so reich mit Öl gesegnet wie seine Nachbarn, kann darauf nicht verzichten.

Oman Salalah Weichrauchblüte

Weihrauchblüte

Nicht nur die Katholische Kirche setzt in ihrer Liturgie auf die festliche Wirkung des gut riechenden Harzes. Auch in der Medizin erobert es sich Stück für Stück einen Platz zurück, den es über Jahrhunderte inne hatte. Sogar die Schulmedizin nutzt mehr und mehr die entzündungshemmende Wirkung des Weihrauchs. All das hilft den großen Städten entlang der Weihrauchstraße kaum noch. Von Petra, wo sich einst die Karawanenwege teilten stehen nur noch die Ruinen. Sanaa und Medina verlassen sich mehr auf die hoffentlich wachsenden Touristenströme.

Per Dromedar durch die Wüste

Die Domestizierung der Dromedare schuf im zehnten Jahrhundert vor Christi die Voraussetzung, auf diesen genügsamen Tieren lange Strecken in trockenen Wüsten zu überwinden – die Bedeutung der Weihrauchstraße wuchs. Rund 1100 Jahre später waren es die ptolemäischen Herrscher Ägyptens, die den Seeweg durch das Rote Meer erschließen ließen und damit den Weihrauchhandel vom Landweg auf die Schiffe zogen. Der Untergang der Weihrauchstraße war besiegelt. Die üppigen Zölle, die den Karawanen abverlangt wurden, versiegten.

Oman Salalah Dromedar

Per Dromedar durch die Wüste

So hat sich zwar der Transport des Harzes geändert, die Weihrauchernte selbst bleibt aber für die Menschen weiterhin eine mühsame und langwierige Angelegenheit. Mit scharfen Messern ritzen die Weihrauchbauern in der Erntezeit zwischen Dezember und Mai Stamm und Äste. Die ersten Tropfen des Harzes sind unbrauchbar, doch wenn einen Monat später zum zweiten Mal geritzt wird, kommt die Qualität, die auf den Basaren landet. Rund vier Wochen muss das austretende Wachs am Baum aushärten, ehe die Bauern erneut von Baum zu Baum ziehen und das Harz abschlagen.

Oman Salalah Weichrauchbaum

Der Weihrauchbaum

Doch nicht nur in Dhofar findet man Weihrauchbäume, auch am Horn von Afrika, im Jemen und in Indien. Aber keine andere Region kann auf solch hohe Qualitäten verweisen, wie Dhofar. Topprodukte erzielen Spitzenpreise von über 50 Dollar je Kilogramm. Ein bisschen Stolz darauf ist auch Sashira, und das spürt man, wenn sie um einen guten Preis für ihren Weihrauch handelt.

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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