Chur
Forum Würth
Sonderausstellung - VORBILD – NACHBILD: SICHTACHSEN DER KUNST
bis 20. Oktober 2024
Besucherin betrachtet die Adaptation von Monets Seerosenteich durch Alex Katz namens Hommage to Monet 6
© foto ferdinand dupuis-panther / ProLitteris, Zürich
Um es gleich vorweg zu nehmen: Neben den ausgestellten Werken werden keine Faksimile der Originale gezeigt, die Referenz sind und waren. Das ist zu bedauern, weil so ein Vergleich von Original und Nachbild nicht wirklich durch Anschauung möglich ist. Zugleich hat man keinen Vergleich betreffs Interpretationen, Adaptationen und Parodien. Cranach der Ältere hat das Thema Amor und Venus mehrfach auf die Leinwand gebannt, mal mit Amor als Honigdieb, mal Amor auf einem Sockel stehend und den Pfeil in der Hand auf Venus zielend. Picasso allerdings lässt Amor den Pfeil in der Hand halten und zwar nicht etwa im Moment, um den Pfeil in den Bogen zu setzen. Aus einem engelhaften Amor machte Picasso einen kecken Bengel, der Venus den Bogen unter die Nase hält. Dazu wären die folgenden Worte passend : „Siehe mal, was ich hier habe!“
Fernando Botero Nach Velázquez, 2000 Öl auf Leinwand 178 x 155 cm
Sammlung Würth, Inv. 3838
Markus Lüpertz schuf in Anlehnung an Poussin sein Werk „Karambolage des Amors“. Es ist ein absurdes Sujet, das wir betrachten können. Amor hält sich an dem Griff eines riesigen Krugs fest, dessen Struktur und Tektonik durchaus an ein Felsgebilde erinnert. Und welches ist nun Poussins Werk, das durch Lüpertz eine Umdeutung erhielt? Venus und Amor kommen wie auch andere mythologische Themen im Schaffen Poussins nicht selten vor.
Pablo Picasso Venus und Amor n Cranach, Lithographie 30.5.1949, Sammlung Wurth Inv 765 ©Sucession Pablo Picasso / ProLitteris Zürich
Monet, der Alex Katz als Vorlage diente, hat sich mit dem Thema Seerosen auch mehrfach befasst. Im Gegensatz zu Katz, der das Thema auf zwei weiße Seerosen und auf dem Wasser schwimmendem Seerosenblattgrün reduziert, fallen die Seerosendarstellungen bei Monet viel üppiger aus, sind bei Monet Inseln von Seerosen dicht an dicht auf dem Teich zu sehen. Obgleich ein Gemälde scheint sich Katz in der Reduktion an seinen Cut Outs zu orientieren, an Schnittbilder, die das Typische erfassen.
Paradies oder die Vertreibung aus dem Paradies – das fragt sich der Betrachter, der vor Cecily Browns „Study after Paradise 3“ steht. Eva blickt mit mildem Lächeln auf Adam hinab, der bereits in den Apfel gebissen hat, sprich damit das Leben im Paradies verwirkt hat.
Cecily Brown Stdy after Paradisen 3, 2001, Sammlung Würth Inv 17726
© Cecily Brown , Foto Michael Nawrata
Zwei kleinformatige Arbeiten von Jan Peter Tripp sind gleichfalls in der sehenswerten Schau zusehen. Neben dem Selbstporträt Rembrandts sieht man den toten Marat, allerdings nicht wie bei David in der Badewanne. Tripp hat sich auf den im Tod niedergesunkenen Kopf Marats konzentriert, die Szene also stark simplifiziert. Nach Velázquez malte Fernando Botero sein Porträt der Infantin Margarita. Vorlage war dazu das Werk „Bildnis der Infantin Margarita (1651-1673), nach 1656“. Zu sehen ist ein zwar pausbackiges Mädchen in jungen Jahren und keine überaus übergewichtige Dame, der es auch an der schmalen Taille mangelt, die Velázquez in seinem Porträt der Infantin malte. Botero schwelgt in Leibesfülle, was im Original nicht der Fall ist. Der Vergleich von Boteros Arbeit zu Gironellas Porträt der Infantin Spaniens ist im Übrigen beim Ausstellungsrundgang möglich. Dabei nähert sich Gironella durchaus dem Original und überzeichnet es nicht so wie Botero.
Besucherin wirft einen genauen Blick auf
Alberto Gironellas „Lot und seine Töchter (Die Familie Karls IV.), © Rechte beim Künstler bzw. Rechtenachfolger /Sammlung Würth /foto fdp 2024
Eine Skulptur mit dem Titel „Life breathes the breath (out)“ schuf Marc Quinn. Welchen Bezug gibt es bei dieser Arbeit zu einem VorbildZu sehen ist eine Frau in Hoodie, die auf einen Totenschädel in ihren Händen starrt. Memento mori als Vorlage?
Wie ein Altargemälde legte Alberto Gironella „Lot und seine Töchter (Die Familie Karls IV.) an. Um Karl IV. (tschechisch Karel IV.; * 14. Mai 1316 in Prag; † 29. November 1378 ebenda), geboren als Wenzel (tschechisch Václav), römisch-deutscher König (ab 1346), König von Böhmen (ab 1347), König von Italien (seit 1355), König von Burgund (seit 1365) und römisch-deutscher Kaiser (ab 1355) kann es sich nicht handeln, betrachtet man die Kleidung der Familie und Karls IV. Ist also von dem spanischen Monarchen Karl IV. die Rede? Es scheint so und der Bezug einer Arbeit von Goya, die im Prado zu sehen ist, scheint zudem gegeben. In einer Art Montage finden sich in der Arbeit Gironellas nicht nur Blechteile von Olivenölkanistern, sondern auch Dosen mit Thunfisch auf der Kleidung der royalen Familie anstelle von Ordenspracht. Und auch eine Galerie Hochprozentiges hat der Künstler im „Altarsockel“ der Arbeit eingebunden. Worauf spielt das denn an?
Enrico Bach RNWRMX, 2012, Sammlung Würth © Enrico Bach , Foto Ph. Schönborn München
Marcus Neufanger zeigt drei Porträts von stilbildenden Personen der Kunstgeschichte: Beuys, Serra und Hockney. Dabei versieht er die Porträts mit Zitaten der Künstler, so zitiert er Hockney mit den Worten „Oberfläche ist eine Illusion, Tiefe auch“. Dass Robert Longo nicht nur ein Meister der Schwarz-Weiß-Zeichnung ist, sondern auch eine Bronze gestalten kann, unterstreicht seine Skulpturengruppe von Geißelnden nach einem Werk von Goya.
Robert Lono o.T. (X-Ray of St. John the Baptist, Alat da Vinci, 2015/16, Sammlung Würth,
© ProLitteris Zürich
Ein Ecce Homo in eigener Interpretation ist schließlich Alfred Hrdlicka zu verdanken, der Pasolini als Schmerzensmann gestaltet hat. Es ist eine Hommage an den Dichter und Filmemacher Pier Paolo Pasolini, dem Filmklassiker wie „Accatore“ und „Edipe Re“ sowie „Il Decameron“ zu verdanken sind.
© ferdinand dupuis-panther
Besucherin betrachtet Stefan Balkenhols Arbeit zum Thema Vorbild/Nachbild
Foto © ferdinand dupuis-panther
Informationen
https://wurth-international.com/de/kunst-kultur/kunst/aktuelle-ausstellung/
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