Vom Gletscher in die Weinberge

Crans Montana: Sonnenplateau und Skipisten vom Feinsten

Text und Fotos: Volker Mehnert

In Crans Montana kann man vom 3000 Meter hohen Gletscher Plaine Morte bis an den Rand der Rebgärten Skifahren. Bei deutschen Skifahrern ist die Region noch kaum bekannt, Volker Mehnert hat sich vor Ort umgesehen.

Schweiz / Crans Montana

Blick vom Alpinskigebiet ins Rhônetal

Die „Piste Nationale“ in Crans Montana ist ein famoser Skihang. Hier fanden bei der Weltmeisterschaft 1987 die Abfahrtsläufe statt, und der beständige Wechsel von kurzen Geraden, Rechts- und Linkskurven, Steilstücken sowie flachen Passagen zwischen Felswänden und Wald forderte das technische Können der Athleten heraus. Und genau diese Variation verschafft auch dem gewöhnlichen Skifahrer einen besonderen Reiz: Oben am Start eröffnet sich zunächst ein großartiger Blick auf das Unterwallis, der für eine Weile von der Piste ablenkt. Direkt zu Füßen liegt das Sonnenplateau von Crans Montana, weiter unten im Tal, inmitten von Obstgärten, sieht man die Städte Sierre und Sion, und aus der jenseitigen Bergkette ragt die auffällige Spitze des Matterhorns hervor.

Schweiz / Wälder um Crans Montana

Wälder um Crans Montana

Wer sich von dieser Aussicht losreißt, kann eine rasante Abfahrt nach Art der Profis hinlegen oder die Piste auf gemächlichere Art meistern. Denn sie ist so abgerundet an den Berg gelegt, dass sie sowohl für Schussfahrten als auch für das Carving wie gemacht scheint: breit und an beiden Seiten mit kleinen Schrägen, in die man auf den Kanten der Skier immer wieder leicht hineindrehen kann.

Kein Glück mit Olympia

Nicht nur die „Piste Nationale“ wäre olympiareif, auch die „Piste de l´Our“ in Veysonnaz ist Weltcup-bewährt, und zahlreiche andere Hänge zu beiden Seiten des Rhônetals eignen sich ebenfalls für Wettkämpfe auf höchstem Niveau. Und beinahe wären die Pisten auch olympisch geworden, doch die Region um Crans Montana und Sion hatte immer wieder Pech. Dreimal haben sich die Walliser vergeblich um die Ausrichtung der Winterolympiade beworben.

Schweiz / Crans Montana

Das erste Mal ist schon Geschichte: Für Olympia 1976 waren die Walliser nur mit wenigen Stimmen dem Konkurrenten Denver unterlegen, doch als Denver die Spiele zurückgeben musste, war Sion nicht in der Lage, die fehlenden Sportstätten kurzfristig zu erstellen. Innsbruck sprang damals ein. Auch die zweite Ablehnung konnte Sion noch verschmerzen, denn für die Olympiade 2002 unterlag das Wallis dem übermächtigen Kandidaten Salt Lake City, der zuvor schon viermal auf der Bewerberliste gestanden hatte.

Die dritte Ablehnung allerdings wurde zur herben Enttäuschung, weil Sion nun seinerseits glaubte, endlich an der Reihe zu sein. Das Organisationskomitee und die Bevölkerung gaben sich siegessicher, und der 18. Juni 1999 sollte im Wallis zum Feiertag werden. Ein großes Fest auf der Place de la Planta, dem Marktplatz von Sion, war nicht nur langfristig organisiert, sondern bereits in vollem Gange, als auf der dort aufgestellten Großleinwand die vollkommen überraschende und bestürzende Nachricht erschien: Turin sollte die Olympischen Winterspiele im Jahr 2006 ausrichten. Tausende von Menschen erstarrten in eisigem Schweigen, die Feier war abrupt beendet, und alle gingen niedergeschlagen nach Hause. Auf dem achthundert Jahre alten Marktplatz sind nie so viele Tränen geflossen wie an jenem Tag.

Wintersport im Weinland

Jetzt ist der Alltag wieder eingekehrt und man besinnt sich auf die traditionellen Stärken der Region, die vor allem in der großartigen Landschaft liegen. Neben dem Wintersport spielt der Weinbau dort eine tragende Rolle: Das Wallis ist ein kleines vinologisches Wunderland, denn auf den Steilhängen zu beiden Seiten der Rhône entfaltet sich ein bezauberndes Mosaik aus Hanglagen, Bodenarten, Stützmauern und Bewässerungsgräben. Die Weinberge reichen bis auf eine Höhe von elfhundert Metern und befinden sich mancherorts direkt unterhalb der Skihänge. In Crans Montana kann man buchstäblich vom dreitausend Meter hohen Gletscher Plaine Morte bis an den Rand der Rebgärten Skifahren. Winterwanderungen im Schnee gehen nahtlos über in Spaziergänge durch das Weinbaugebiet. Vor allem im späten Frühjahr, wenn unten die Reben bereits grün werden und weiter oben noch Schnee liegt, ist der Kontrast besonders reizvoll.

Dass deutsche Skifahrer die Gegend noch kaum entdeckt haben, sie den Schweizern, Franzosen und Italienern überlassen, ist verwunderlich. Vielleicht bedarf es am Ende doch der Publicity durch Olympische Spiele, um Crans Montana und seine Umgebung auch nördlich der Alpen populär zu machen.

Schweiz / Crans Montana

Blick vom Langlaufzentrum Plan Bramois aufs Rhônetal

Da die Bedingungen für den alpinen und nordischen Wintersport kaum zu übertreffen und die wichtigsten Sportstätten weiterhin in gutem Zustand sind, sollte sich niemand wundern, wenn das Wallis demnächst wieder als Kandidat antritt - und eines Tages doch noch die Olympischen Winterspiele ausrichtet. Bis dahin behandeln wir Crans Montana hier zu Lande einfach als Geheimtipp.

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

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