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Schweiz
Ilanz

Altstadt: Schichtwechsel – La Surselva
zurzeit

Ilanz, die Stadt der Reformation, deren mittelalterlichen Charakter man hier und da noch ausmachen kann, zeigt aktuell „Schichtwechsel – La Surselva“. Man könnten für diese Ausstellung auch den Namen „Spur der Steine“ wählen, denn um Gesteine unterschiedlicher Art und Form geht es im Kern. Die Natur ist hier selbst als Bildhauer aktiv gewesen, hat Konglomerat, Gneis, Granit und Marmor geschaffen. Aus vielen Tälern der Surselva wurden über 200 Tonnen Gestein nach Ilanz geschafft. Diese Gesteine fanden Platz im öffentlichen Raum, können als Landmarken angesehen werden und zugleich als Zeugnis geologischer Prozesse über Jahrtausende.

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Es geht in der Ausstellung, die bis 2025 zu sehen sein wird, darum das Spannungsfeld zwischen Kunst und Natur auszuloten. Initiator der ungewöhnlichen Ausstellung ist der Steinbildhauer Christian Aubry. Er hat mithilfe helfender Hände den Steinen ihren Platz gegeben, angefangen am Bahnhof und endend jenseits des noch vorhandenen Obertors.

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Wer der Spur der Steine folgt, mag sich selbst seine eigenen Gedanken machen, mag Figuratives ebenso entdecken wie Abstraktes oder aber nur Gestein. Beginnen wir am Bahnhof von Ilanz. Dort stoßen wir aus Chur kommend gleich auf einen gewaltigen Felsbrocken. Dieser Koloss stammt aus dem hintersten Val Cristallina. Es ist ein Granit, entstanden in großer Tiefe durch langsames Abkühlen von Magma. Der Beobachter wurde als Titel für dieses Naturkunstobjekt gewählt. Ja, sieht man nicht Augen und Nase einer Steinfigur, wenn man um den Koloss herumwandert? Und wen, so darf man fragen, hat er im Blick? Die Touristen, die eilig zu den Postautos eilen, um nach Vals und anderswo zum Wandern gefahren zu werden?

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Nur Schritte entfernt und jenseits des Busbahnhofs an der Via della Staziun stoßen wir auf „Den edlen Gast“. Durchäderter Kalkstein ist es, den wir sehen. Dabei kann man den Eindruck gewinnen, man sehe eine gebeugte bzw. sich über etwas lehnende Person. Wir setzen unseren Weg der Steine auf der Bahnhofstraße fort und biegen dann nach rechts in die Poststraße ein, Unbeständiges sehen wir, nämlich einen Brocken aus Konglomerat. Dabei handelt es sich um Gesteinstrümmer vom Flimser Bergsturz. Dieser verschüttete vor 10000 Jahren das Rheintal, an dem auch Ilanz liegt. Als Liegebank scheint der Brocken wenig geeignet, da er auch nicht von dauerhafter Konsistenz ist.

raiffeisenbank

Vor der Raiffeisenbank in der Glennerstraße sehen wir einen „edlen Gesellen“, einen Kalkstein aus dem Val Schmuer. Mit viel Fantasie mag der eine oder andere die Schaufel eines Vorderladers erkennen. Vor der Katholischen Kirche haben sich „unbekannte Einheimische“ eingefunden, auch paarweise. Wir werden mit einer Sammlung von Ilanzer Verrucano konfrontiert, Abtragungen eines älteren europäischen Grundgebirges.

kathkirche

Auf dem Landgemeindeplatz haben sich die Weisen eingefunden, so wurde die dort präsentierte Steinsammlung genannt. Man sieht Aufrechtstehende, mal gräulich und mal rötlich bräunlich verfärbt, man sieht auch einen Himmelsgucker, so der Eindruck. Vor dem Rathaus hat sich der „Mächtige und sein Lakai“ eingefunden. Der Lakai kauert dabei zu Füßen des Mächtigen. Das schuf die Natur so, am Fuss des Piz Cristallina. Von Menschenhand hingegen stammt das skulptierte Paar daneben, eine Arbeit von Matias Soescha, so auf der entsprechenden Plakette zu lesen.

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1893 entstand das heutige Rathaus, das allerdings bis 1970 als Unterrichtsanstalt diente. Historistisch ist die Architektur, dabei Klassizismus und Renaissance aufnehmend.

regionalmuseum

In der Städtlistrasse befindet sich das Regionalmuseum Surselva. Schlank und konisch in der Form erwartet uns am Museum die sogenannte Marmor-Königin. Aus dem Val Lumnezia hat sie den Weg nach Ilanz gefunden. Ihre Oberfläche ist glatt, angeschliffen, so dass man feine Äderungen ausmachen kann. An der Casa Gronda laufen wir vorbei, um den nächsten Standort zu erreichen. Nahe dieses Sitzes einer edlen Familie steht ein sogenannter Schriftstein mit den Namen der Unterstützer. Vor der St. Margarethen-Kirche erwarten uns die ersten Ankömmlinge, wie das Steinensemble genannt wird. Granite, Sedimentgesteine und Gneis sind hier versammelt. Einige der Steine sehen so aus, wie Gestrandete, die sich in dicke Decken hüllen.

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Auf dem Kirchhof ist gleichsam ein Geologiepark angelegt worden. Hier können wir seltene Gesteine wie Porphyr oder Rhyolith entdecken. Weiter geht es zum Obertor, an dem zwei Dicke Wache halten, auf der Stadtseite jedenfalls. Außerhalb steht ein Dünner, der die Ankommenden im Blick hat. Letzte Station von Schichtwechsel ist die Via Porta Sura. Dort stehen wir vor grauem Kalkschiefer und weißgräulichem Brekzie. Mit viel Fantasie kann man zwei Liegende ausmachen,

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Lohnenswert ist gewiss auch den historischen Bauwerken von Ilanz Beachtung zu schenken, an denen wir auf dem Weg der Steine vorbeikommen, darunter auch die Casa Lutta, dem Haus Schmid von Grüneck am Oberen Tor und der Ringmauer.

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© Fotos und Text ferdinand dupuis-panther

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Info
http://www.museumregiunal.ch/aktuelles.5.0.html
https://www.schichtwechsel-la-surselva.com





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