Heiße Quellen, tiefe Schluchten, süße Früchte

Taiwan ist als Öko-Reiseland überaus reizvoll

Text und Fotos: Rainer Heubeck

 

Taiwan als Öko-Reiseland

Ist das nicht herrlich? Nur wenige Meter sind es von meinem Hotelzimmer zu einem Becken, in dem mein Körper in dampfend heißes Wasser eintaucht, während mein Blick auf ein wolkenverhangenes, taiwanesisches Tal fällt. Heiße Quellen direkt im Hotel, wie hier im Moon Water Bay Hill Hotel, in Taiwan ist das gar nicht so selten.

Taiwan - schwefelhaltige, heiße Thermalquellen in Beitou

Hier im Osten des Landes, in der Nähe von Yuli, ebenso wie in Beitou, einem Vorort der Hauptstadt Taipeh, in dem sich ebenfalls schwefelhaltige, heiße Thermalquellen finden. Bereits die taiwanesischen Ureinwohner kannten die heißen Quellen, ein Geschäftsmann aus Deutschland nutzte sie erstmals kommerziell – und während des Zweiten Weltkriegs stärkten japanische Soldaten dort ihre Kräfte. Darunter auch die berüchtigten Kamikazepiloten, die in Beitou häufig nicht nur ihr letztes heißes Bad genossen, sondern auch ihr allerletztes Mahl vor dem Flug in den Tod zu sich nahmen.

Taiwan - vegetarisches Menü in einem Restaurant in Yuli

Szenenwechsel: In Yuli ist es wolkenverhangen, schade, denn heute steht eine Fahrradtour auf dem Programm. Doch vorher geht es noch in ein Restaurant. Essen ist in Taiwan sehr wichtig, und die nördlich von Festland-China gelegene Insel, die nur von wenigen Ländern als eigenständiger Staat anerkannt wird, lohnt schon aus kulinarischen Gründen eine Reise. Wir genießen unser „Happy Meal“ in einem kleinen vegetarischen Restaurant, doch wirklich stärken müssen wir uns eigentlich gar nicht. Schließlich radeln wir heute nicht durchs Gebirge, sondern auf einer eher flachen Strecke. Ein Radweg, der eine ehemalige Bahntrasse nutzt, und der uns durch das größte Reisanbaugebiet Taiwans führt – das East Rift Valley, das Tal zwischen dem Zentralgebirge und dem östlichen Küstengebirge.

Taiwan - Eisenbahnbrücke im East Rift Valley

Die erste Sehenswürdigkeit auf dem Weg ist eine Eisenbahnbrücke, deren Rot einen interessanten Kontrast zur grünen Landschaft und zum grauen Himmel darstellt. Ob ihrer geschwungenen Form, so erfahren wir, trägt sie den Namen Regenbogenbrücke. Etliche Kilometer weiter halten wir erneut an, diesmal nicht neben einer Eisenbrücke, sondern auf einer Betonbrücke, die über einen weitgehend ausgetrockneten Fluss führt. Wir erfahren, dass es sich hier um weit mehr handelt, als um einen X-beliebigen Wasserlauf: Denn genau hier treffen unterirdisch zwei gewaltige Kontinentalplatten aufeinander – die philippinische und die eurasische Platte.

Taiwan - genau hier treffen unterirdisch zwei gewaltige Kontinentalplatten aufeinander – die philippinische und die eurasische Platte

Dieser Zusammenprall ist dafür verantwortlich, dass sich die die Insel Taiwan aus dem Meer erhoben hat und dass es auf dem relativ kleinen Eiland mehr als 200 Berge gibt, die über 3000 Meter nach oben ragen. Er verursacht nach wie vor mehrere tausend kleinere Erdbeben pro Jahr, denn die philippinische Platte bewegt sich weiterhin Richtung Nordwesten. Die Plattenkollission ist indirekt auch ein Hauptgrund dafür, dass es in Taiwan mehr als 100 heiße Quellen gibt. Schnell ein Erinnerungsfoto gemacht – ein Fuß auf der eurasischen, einen auf der philippinischen Seite – dann geht es weiter.

Taiwan Hong Thien

Statt mit heißen Quellen empfängt uns Hong Thien am Ende der Fahrradtour mit einem heißen Kaffee, den sie in ihrem Laden in einem ehemaligen Bahnhofsgebäude aufbrüht. Und sie zeigt uns Kalligraphie und filigrane Puppengesichter, die sie selbst geschaffen hat. Etliche Kilometer davon entfernt treffen wir anschließend die 35-jährige Rei-Ru Jin, die vor fünf Jahren damit begonnen hat, Tofu herzustellen. „Bei uns im Ort macht fast jeder sein eigenes Tofu. Mir hat meine Schwiegermutter gezeigt, wie das geht“, berichtet sie – und lässt uns bei der Herstellung gleich selbst mit anpacken. Allerdings nur bei den einfachen manuellen Tätigkeiten, das Erhitzen der Sojamilch über dem Holzfeuer und die richtige Dosierung des Gerinnungsmittels, das das Eiweiß der Sojamilch zum Ausflocken bringt, das erledigt Rei-Ru Jin, deren Sohn die Prozedur neugierig beobachtet, dann doch lieber selbst.

Taiwan - Tofuhestellung von Hand

Auf unserer Rückfahrt nach Taipeh halten wir in Yilan bei einer Fabrik für eingelegte und kandierte Früchte. Sie ist für die Hauptstadtbewohner ein beliebtes Ziel für einen Kurzausflug. Ein 3-jähriger Junge, den wir treffen, hat den Besuch von seinen Eltern zum Geburtstag geschenkt bekommen. Natürlich interessiert er sich eher für die Hands-on-Erfahrung als für die Führung. Mit großer Konzentration und Ernsthaftigkeit presst er die goldgelben Kumquats mit einem Metallstab durch ein Vorrichtung, die die Haut der Früchte aufritzt und die Frucht dadurch zugänglich macht für den Zucker, der ihr anschließend zugefügt wird. „Kumquats sind eine Winterfrucht, die normalerweise in der Zeit von November bis Februar geerntet wird, sie sind reich an Vitamin C und sind sogar gut gegen Halsschmerzen“, erläutert eine Führerin, die den Spitzenamen „Ananas“ hat, und die uns durch die Kompottfabrik führt. Zum Schluss unseres Besuchs legen auch wir selbst Hand an, so dass jeder von uns den Showroom mit einem Glas frisch zu Kompott verarbeiteter Kumquats verlässt.

Taiwan - Fruchtverarbeitung

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

Das könnte Sie auch interessieren

.

Kurzportrait Taiwan

Als ein portugiesischer Händler 1517 an der Küste im Norden der Insel Taiwan landete, soll er spontan von einer ”Ilha formosa”, einer ”schönen Insel” gesprochen haben. Die Kolonialherren, Besatzer und Siedler kamen und gingen – sie brachten schöne, meist aber weniger schöne Zustände mit sich –, doch der Name blieb: Bis heute ist die Insel vor der Südostküste Chinas als Formosa bekannt.

Kurzportrait Taiwan

Mehr lesen ...

Ein Wal im Meer. Taiwan per Fahrrad

Myriaden von Fahrern mit ihren Mopeds fallen jeden Morgen über die Städte her. Auf der walförmigen Insel leben 23 Millionen Menschen. Diese verteilen sich auf nur 30 % der Fläche. Ein drängendes Verkehrsproblem, dem man durch verstärkte Förderung von Fahrradverkehr begegnen will. Taiwan will seine Leute aufs Rad bringen, durch paradiesisch gelegene Radwege zum Beispiel. Auch der Radtourismus soll auf diese Weise gefördert werden.

Taiwan per Rad

Mehr lesen ...

 

Taiwan. China liegt auf einer Insel

„Im Jahre 1949 rief Staatsgründer Chiang Kai Shek die Republik China auf Taiwan aus“, sagt Felix, der Reiseleiter. Bis zum Ende der 70er Jahre habe Taiwan auf internationalem Parkett die Rolle Chinas eingenommen. Dann setzten die USA auf Peking und Taiwan verlor seinen Status. Nun sei der Inselstaat politisch weitgehend isoliert, bringt Felix die aktuelle Stellung seines Heimatlandes auf den Punkt. Doch Taiwan hat sich gut behauptet und zehrt von seiner überragenden Wirtschaftskraft - und von seinen Menschen.

Taiwan

Mehr lesen ...