Thailand im Überblick
Geheimnisvolle Exotik umhüllt vom schönsten Lächeln Asiens, Traumstrände, golden glänzende Pagoden, saftig grüne Reisfelder, Abenteuer auf Urwaldpfaden und Elefantenrücken, stickiger Hauptstadtdschungel, Massentourismus, Asiens größtes Bordell. Die Klischees über Thailand sind vielschichtig. Doch die Realität ist nicht minder facettenreich, und die eigenen Erfahrungen vor Ort helfen dabei, sie zu überprüfen.
Ist es Politik und Geschichte zu verdanken, dass Thailand die Umrisse eines Elefantenkopfes hat? Oder haben die Thai Recht, die, zu 95 Prozent Anhänger des Buddhismus, behaupten, dass ihr Religionsgründer das Land nach seinem Lieblingstier geformt habe? Tatsache ist, dass Thailand eine Brücke bildet zwischen dem asiatischen Kontinent und der südostasiatischen Inselwelt: Im Norden und Osten sind Schädel" und "Ohren" eingerahmt von Burma (Union of Myanmar), Laos und Kambodscha. Im Südwesten, zwischen Indischem Ozean und Golf von Thailand greift der "Rüssel" auf die malaiische Halbinsel nach Malaysia. Über 14 Breitengrade hinweg erstreckt sich das Land vom Südhimalaja bis zur Südchinesischen See. Im "Phak Neua", wie die Thai den Landesnorden nennen, streben zwei mächtige Flüsse dem Meer entgegen: im Westen der Salween und im Osten der Mekong. Die eigentliche Lebensader Thailands ist jedoch der Maenam Chao Phraya, entstanden aus mehreren kleineren Flussläufen, die die gen Süden abfallenden Gebirgshänge entwässern. Sein Delta und das nährstoffreiche Schwemmland bilden das landwirtschaftliche Herz des Landes. Immerhin 2595 Meter ragt der Doi Inthanon als höchste Erhebung des Landes in den Himmel. Den meist in Wolken gehüllten Berg umgibt ein vegetationsreicher Nationalpark mit ausgedehnten Monsunwäldern, eines von landesweit 64 Naturschutzgebieten. Und - für viele Besucher aufregend genug - empfindliche Kälte herrscht dort oben, mit rund 10°C der absolute Kontrapunkt zu den tropischen Temperaturen des Tieflandes.
Hier in Nordthailand liegt Chiang Mai, zweitgrößte Stadt des Königreiches. 1296 gegründet, ist sie kulturelle und wirtschaftliche Drehscheibe nahe des berühmt-berüchtigten Goldenen Dreiecks, Marktzentrum der umliegenden Völker und Magnet für den Tourismus. Einen Aufenthalt in der "Rose des Nordens" genießen einheimische und ausländische Besucher gleichermaßen. Die historische Altstadt mit schmucken Holzvillen und malerischen Gartenanlagen, fast hundert Tempel, der Nachtmarkt und die vielen Ausflugsziele in der gebirgigen Umgebung bieten genügend Abwechslung unter den ausgesprochen freundlichen Einwohnern.
Die große Zentralebene, einst bewaldet und heute fast ausschließlich von Reisfeldern bedeckt, ist Thailands fruchtbarste Region, die "Reiskammer" für die rund 63 Millionen Einwohner. Seit dem 13 Jahrhundert, seit Gründung des lange Zeit als Siam bekannten Königreiches, ist hier die Hauptstadt angesiedelt, geben die Menschen der Zentralebene im Land den Ton an. Der Zehn-Millionen-Moloch ist bei all dem chaotischen Trubel, den enormen sozialen Kontrasten und Umweltbelastungen eine der dynamischsten, vielseitigsten Städte der Welt. Bang Makok ("Olivendorf") ersetzte 1782 das von den Birmanen zerstörte Ayatthaya als Hauptstadt. Doch erst die politischen Entwicklungen in Verbindung mit dem Vietnamkrieg katapultierten das bis dahin vom Weltgeschehen eher abgeschiedene Bangkok in die Moderne. Autobahnen, Wolkenkratzer und Geschäftszentren entstanden auf Reisfeldern, die in provinzieller Gelassenheit die gleichwohl an Kulturschätzen reiche Königsstadt umgaben. Das alte Zentrum, an der Biegung des Chao Phraya, wo sich in einem weiten Oval Königspalast, das Nationalmuseum, Wat Phra Kaeo, Thailands bekannteste Tempelanlage mit dem geheimnisvollen Smaragdbuddha, und weitere religiöse Pilgerstätten befinden, ist absolut sehenswert. Wer der Kapitale mehr Zeit widmen will, hat zahlreiche andere Besichtigungspunkte zur Auswahl: Den Lumpini Park, der Stadt größte Grünanlage, in der Sport- und Kulturveranstaltungen stattfinden, Chinatown, wo es vom Hosenknopf bis zum Kühlschrank alles zu kaufen und zu bestaunen gibt. Oder die ominöse Patpong Road, die ihre unzähligen Bars, Go-Go-Schuppen und Nachtmarkt mit dem riesigen Angebot an Pirateriekopien berühmt gemacht haben.
Der Isaan, so wird der Nordosten genannt, ist der ärmste und touristisch am wenigsten erschlossene Landesteil. Und doch gibt es auf der recht kargen Hochebene, wo sich seit mehr als tausend Jahren Sprache und Kultur der Thai, Lao und Khmer vermischt haben, lohnenswerte Reiseziele. Wie den Khao Yai, Thailands bekanntesten Nationalpark, in dem nicht nur Elefanten und noch etwa 50 Tiger leben, sondern auch Leoparden, Malaienbären, Affen, Hirsche, Pythons, Kobras und über 300 Vogelarten heimisch sind. Zu weiten Teilen überzieht undurchdringlicher Regenwald dieses Reservat, das zu den fünf bedeutendsten Naturparks der Erde gezählt wird. Einen weiteren Superlativ der Region stellt Prasat Phanom Rung dar, die größte Khmer-Tempelanlage auf thailändischem Boden. Erbaut wurde der Gott Shiva geweihte Komplex zwischen dem 10. und 11. Jahrhundert in der Blütezeit der Angkor-Periode. Wer die auf einem 400 Meter hohen, erloschenen Vulkan thronende Anlage am 13. April, zum thailändischen Neujahrsfest besucht, kann in einem faszinierenden Naturschauspiel beobachten, wie die aufgehende Sonne durch alle 15 Portale fällt.
Dichte Urwälder bedecken immer noch die zwischen 1500 und 2000 Meter erreichenden Berge von Westthailand, das sich an die Zentralregion grenzend in direkter Nachbarschaft zu Burma erstreckt. Nur 130 Kilometer von der Hauptstadt entfernt, lockt die bewaldete Gegend um Kanchanaburi am Zusammenfluss von Kwae Yai und Kwae Noi als Bangkoks "grüne Lunge" Besucherströme an. Spaß und Freude an der Natur lassen sich verbinden bei einer Tour mit großen Bambusflößen. Die legendäre i samt Ehrenmal, Soldatenfriedhof, Museum und Bahnfahrt ist dicht bei der Stadt zu besichtigen, ein Programmpunkt, den kaum ein Reiseveranstalter ausfallen lässt. Einen hohen Stellenwert haben auch Flora und Fauna. Zwischen Kanchanaburi und der burmesischen Grenze nehmen mehrere Tierschutzgehege und Nationalparks wie Thung Yai Naresuan und Huay Kha Khaeng eine Fläche von fast 10.000 Quadratkilometern ein.
Nicht weit von dem Ort Sangkhlaburi, von wo aus man auf Trekkingtouren zu den Dörfern der Mon- und Karen-Minderheiten gelangt, liegt in 1400 Meter Höhe der Drei Pagoden Pass. Drei kleine Chedis dicht an der Grenze zwischen Thailand und Burma erinnern an das Versprechen auf ewigen Frieden, das sich im 18. Jahrhundert die Könige beider Länder gegeben hatten.
Die bergige Landschaft setzt sich bis nach Südthailand auf den nördlichen Bereich der Halbinsel von Malakka fort. Ein Gebiet, das seinen Wohlstand durch Zinn und Kautschuk und in jüngster Zeit durch den internationalen Fremdenverkehr erlangte. ist Thailands größte Insel und kann in Sachen Natur, Sport und Unterhaltung so ziemlich mit allem aufwarten, was des Touristen Herz begehrt. Höhlenkundler und Urwaldwanderer kommen genauso auf ihre Kosten wie Taucher, Strandläufer und Nachtschwärmer. Das Angebot an Unterkünften und kulinarischen Genüssen ist entsprechend weit gestreut. Ebenfalls in der kristallklaren Andamanensee liegt Ko Samui, bis Ende der 1980er Jahre ein Geheimtipp unter Globetrottern und Hippies. Noch immer ist das Innere der bergigen Insel weitgehend unerschlossen, und glücklicherweise hat man beim Ausbau der Infrastruktur entlang der traumhaften Strände mehr Rücksicht auf das lokale Umfeld walten lassen als in anderen Urlaubszentren Thailands. Außerdem stehen einige andere Inselchen in der Nachbarschaft als Ausweichziele denjenigen zur Verfügung, denen es auf Samui doch zu voll ist. Seebäder wie Pattaya, Rayong und die Insel Koh Samet an der Ostküste des Golfs von Thailand sind dagegen schon seit Jahrzehnten zu Wahrzeichen eines zuweilen aggressiven Tourismus geworden. Das Küstendorf Pattaya beispielsweise lernte erstmals durch die Erholung suchenden amerikanischen Vietnamsoldaten die zunächst auf Sex und Drogen abgestimmten Sehnsüchte der Fremden kennen. Das ehemals verschlafene Fischernest ist nun Südostasiens größtes Strandresort mit einer Skyline aus Hotelburgen, mit überfüllten Stränden und einem ruhelosen Nachtleben. Das Image eines Billigreise- und Vergnügungsziels für Massen soll, so will sich die Tourismusbehörde bemühen, der Vergangenheit angehören. Ein größeres Angebot für Familien, qualitätsbewusste Besucher und solche, die von Pattaya aus weniger erschlossene Küstenabschnitte und unberührtere Nachbarinseln erkunden wollen, soll die Urlaubsmetropole in ein besseres Licht rücken.
Prathet Thai - "das Land der Freien" - ist einer der wenigen Staaten, die nie unter kolonialer Herrschaft standen. Obwohl immer noch ein Agrarland, zählt Thailand inzwischen zu den führenden Industrienationen Asiens, den "kleinen Tigern". In dieser momentanen Phase des Übergangs wandelt sich das Gesicht von Stadt und Land gleichermaßen, ohne die Charaktereigenschaften und kulturellen Werte der Bevölkerung wesentlich zu berühren. Was immer die Besucher auf ihrer Reise entdecken, sei es das geruhsame Landleben und tiefe Religiosität, sei es westlich anmutender Glanz und Glamour, Fast Food und Disco-Szene, nichts davon wollen die Thais als aufgezwungen empfinden, als unvermeidbare Hinterlassenschaft fremder Mächte. Das wirtschaftliche Wachstum bringt zweifellos auch eindeutig negative Nebeneffekte wie Luft- und Wasserverschmutzung, Verkehrsprobleme, die Schattenseiten des Tourismus und die Zerstörung der Natur mit sich. Von offizieller Seite wird betont, dass man sich der Probleme bewusst sei und der Staat versuche durch Aufklärung und präventive Maßnahmen die jeweiligen Situationen und Aussichten zu verbessern.
Thailand hat viele Gesichter, die unterschiedliche Kultureinflüsse widerspiegeln. Gleichwohl wird die Einheit der Nation unablässig als oberstes Ziel von Regierung und im Erziehungswesen beschworen. Soll sie doch nicht nur die verschiedenen Thai-Völker in Einklang bringen, sondern auch die rund 25 Prozent der Bevölkerung, die sich aus ethnischen Minderheiten zusammensetzen. Unter diesen stellen die Chinesen vor den meist muslimischen Malaien, einer Hindu-Minorität und zahlreichen Bergvölkern wie Lao, Karen und Akkha den größten Anteil und dominieren seit Generationen das thailändische Geschäftsleben. Als regelrecht staatstragend und allen anderen überlegen verstehen sich die Mittelthais, die Bewohner des Chao-Praya-Deltas. Ihr Dialekt ist Amtssprache, aus ihrer Region stammt die Königsfamilie. Die Bewohner des Nordens, nicht minder lokalpatriotisch, verweisen gerne darauf, dass Chiang Mai bereits lange vor der Existenz von Ayuttaya und Bangkok eine blühende Großstadt war. Die Südthais hingegen, stark vom islamischen Kulturkreis beeinflusst, bleiben lieber unter sich im fruchtbaren, wohlhabenden Süden.
Allen Einwohnern Thailands gemeinsam ist die tiefe Verehrung ihres Königs Bumiphol, der seit über einem halben Jahrhundert als Rama IX. die Chakri-Dynastie fortsetzt. Schließlich ist er nicht nur höchster Repräsentant und Würdenträger des Landes, sondern nach dem Glauben der Thais auch eine gottgleiche Inkarnation mit magischen Fähigkeiten. Sein einigender Einfluss hat das Volk mehrmals vor Bürgerkriegschaos und anderen innenpolitischen Wirren bewahrt. Auch hat sein großes soziales Engagement, das vor allem die armen Bauern einschließt, dazu geführt, dass der laut Verfassung machtlose König bei seinen Untertanen dennoch als mächtigster Mann Thailands gilt.
Albrecht G. Schaefer
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