Text und Fotos: Felix Neubüser
Es ist eine der spektakulärsten Zugstrecken der Welt: der „Tren a las Nubes“ in Argentinien. Ganz ohne Zahnräder und nur mit Hilfe einer eigenwilligen Streckenführung schraubt er sich bis auf rund 4.200 Meter in die Anden hinauf. Eine technische Meisterleistung. Doch der „Zug in die Wolken“ ist längst nicht die einzige Attraktion in Argentiniens rauem Nordwesten. Die endlose Weite der argentinischen Puna-Hochebene und die großen Salzseen an der Ruta 40 sind ebenfalls beeindruckend. Auch die Provinzhauptstadt Salta mit ihrer kolonialen Architektur, umgeben von Tabakplantagen und subtropischen Nebelwäldern, trägt nicht umsonst den Beinamen „La Linda“, die Schöne.
Weit und karg: die Hochebene
Der feine Staub brennt trocken auf der Zunge. Als dünner Film bedeckt er Haut und Kleidung, dringt durch schmale Ritzen in den kleinen Bus und legt sich auf die durchgesessenen Sitzbänke. Die schmale Straße, nicht mehr als eine holprige Geröllpiste, scheint sich in der Weite dieser unwirtlichen Schotterwüste zu verlieren. Überall ragen vertrocknete Sträucher aus dem Boden. Obwohl es erst später Vormittag ist, flimmern die Berge am Horizont bereits in der Hitze. Das Thermometer zeigt über dreißig Grad Celsius. Am Nachmittag werden es bis zu fünfzig Grad sein.
Bauzeit der Bahnstrecke: 27 Jahre
Das Atmen fällt schwer in dieser Einöde. Gut 3.500 Meter über dem Meeresspiegel haben die Lungen merklich Probleme, der dünnen Luft genügend Sauerstoff zu entreißen. Hinzu kommt das nicht enden wollende Schaukeln und Schlingern des Minibusses auf der unebenen Fahrbahn.
Auf solchen Straßen geht es durch die Anden
Seit gut zwei Stunden folgen wir der Bahnlinie, die die nordwestargentinische Hochebene, „La Puna“, in zwei Teile schneidet. Schnurgerade und einsam verliert sich das Schienenpaar in der Wüste.
Erster Kontakt mit den Gleisen
„Hier oben spricht Argentinien mit dem Himmel“ erklärt Pablo, unser Führer, und deutet vage auf ein schmales Wolkenband, das am Horizont mit den Berggipfeln zu verschmelzen scheint. Zwei Mal in der Woche, immer mittwochs und samstags, begleitet der Argentinier mit den flinken, dunklen Augen Touristengruppen entlang der Bahnlinie in die karge Hochebene nahe der bolivianischen Grenze. Die gesamte Tour dauert etwa 15 Stunden und beinhaltet außerdem einen Abstecher zu den siebenfarbigen Bergen Purmamarcas und den großen Salzseen an der Ruta 40. Ungefähr fünfzehn Mal kreuzen die Gruppen dabei die Strecke des Wolkenzuges.
Salta: Perle des argentinischen Nordwestens
In Salta beginnt am Morgen für unsere kleine Gruppe die „Reise zu den Wolken“, die uns auf den Spuren der berühmten Eisenbahnlinie in die Puna und später noch bis auf 4.200 Meter in die Anden hinauf führen wird. Es ist kurz vor sieben Uhr morgens. Die Sonne lässt die Häuser der Provinzhauptstadt lange Schatten auf die staubigen Straßen werfen.
Ein Lama als Begleitung
Es ist schon angenehm warm, als wir in den weißen Minibus klettern. Dagmar, eine Polizistin aus der Schweiz, Angelo, ein italienischer Ex-Banker und Cathrin, Studentin aus Belgien. Außerdem Jose, ein schweigsamer Spanier. Pablo ist offensichtlich gut gelaunt. Während wir auf die Stadtgrenze von Salta zufahren, redet er beinahe ununterbrochen. Er hat sich heute sogar Verstärkung mitgebracht. Sophie, seine zwölfjährige Schwester, darf ihn auf die Tour begleiten.
Wir verlassen die Stadt in Richtung Norden. Mit seiner kolonial geprägten Architektur gilt Salta als die Perle Nordwest-Argentiniens. Von seinen rund 400.000 Einwohnern wird es daher auch „La Linda“, die Schöne, genannt. Am Rande des Ortes ist davon allerdings nicht mehr viel zu sehen. Die gepflegten Häuser des Zentrums weichen zweckmäßigen und oft reparaturbedürftigen Steinhütten. Auch die dünne Asphaltdecke der Straße ist hier an vielen Stellen aufgebrochen. Tiefe Schlaglöcher lassen die Federn des Minibusses ächzen und schütteln den letzten Schlaf aus den Augen unserer kleinen Gruppe.
Der Wolkenzug: nackte Gleise in der Einöde
Die Landschaft, die an den Busfenstern vorbeieilt entschädigt jedoch für so manche Unbequemlichkeit. Salta liegt im fruchtbaren Valle de Lerma, rund 1.150 Meter über dem Meeresspiegel. Umgeben von Bergen und subtropischen Nebelwäldern wird hier vor allem Tabak angebaut. Wir passieren mehrere Plantagen und beobachten, wie die rasch höher steigende Sonne die Landschaft in ein tief-oranges Licht taucht. Dann verlassen wir die asphaltierte Straße. Es geht jetzt beständig bergauf, die Vegetation wird merklich dünner.
Ein Blick über die schier endlose Puna
In der Nähe eines fast ausgetrockneten Flusslaufes stoßen wir das erste Mal auf die Gleise des „Tren a las Nubes“. An einer Brücke machen wir halt. Die Hitze außerhalb des klimatisierten Busses trifft uns wie ein Schlag. Es ist Anfang Dezember, Beginn des argentinischen Sommers. Hier oben, auf gut 2.000 Metern Höhe, brennt die Sonne trotz der frühen Stunde schon sehr intensiv auf die karge Erde hinab. Die Schuhe wirbeln trockenen Staub auf, als wir zu den Gleisen marschieren. Angst vor einem Zug müssen wir nicht haben. Außerhalb der Saison, die von April bis Oktober geht, verkehren auf der Strecke nur vereinzelt Güterzüge.
Dennoch vermitteln schon die nackten Gleise in der Einöde einen ersten Eindruck davon, mit welchen Schwierigkeiten der Ingenieur Richard Maury und sein Team beim Bau dieses Mammutprojektes zu kämpfen hatten. Nicht nur, dass sie mit seiner eigenwilligen Zick-Zack-Streckenführung technisches Neuland betraten. In den höher gelegenen Regionen verzögerten im Winter zudem immer wieder Schneestürme den Bau, oder ganze Streckenabschnitte wurden von Erdrutschen verschüttet. Später wurde Maury vom argentinischen Militärbefehlshaber, General Uriburu, vom Bau suspendiert, was das Vorankommen weiter verzögerte.
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