Bulgarien
Sie hat es nämlich getan, die alte Tante Baedeker! Hat sich, standhaft wie sie über Jahrzehnte war, nun doch dem Zeitgeist hingegeben und sich – man glaubt es kaum – eine neue Optik zugelegt. Ein „völlig neues Reiseführerkonzept, das Wissen erlebbar macht“, heißt es in der Selbstdarstellung, und man wundert sich über die Kühnheit, die es erlaubt, einen Reiseführer mit einem derart hohen Anspruch in Verbindung zu bringen. Doch nehmen wir das einfach als Werbejargon, vergessen es also, wollen uns endlich in den „neuen Baedeker“ vertiefen und – sind zunächst verdutzt, wenn nicht gar ein wenig erschrocken. Denn diese Aufmachung konnte man nicht erwarten, nicht so farbig, beziehungsweise bunt, nicht so kühn, beziehungsweise durcheinander. Schon das Inhaltsverzeichnis gibt sich farbverliebt, wie auch die einzelnen Rubriken. Denen man zwar ein kühles Himmelblau (Fakten) oder Gelb-Gelb-Gelb (Informationen von A bis Z), Grün (Touren) und Rot (Reiseziele von A bis Z) zugeordnet hat, doch drängen sich dorthinein wieder andere Farben und Kästen: „Nicht versäumen“, „Baedeker Tipp“, „Baedeker Empfehlung“, „Wussten Sie schon…“, „Specials“ und die „Erleben“-Absätze. Nach jedem beschriebenen Ort in der Abteilung Ziele, Auskunft, Verkehrsverbindungen, Essen, Übernachtungen und noch ´nen Tipp beinhaltend. Wobei wir jetzt noch gar nicht auf die verschiedenen und damit verwirrenden Schrifttypen und die zahlreichen (mittel-) großen Fotos eingegangen sind, deren Aussagen sich im vorliegenden Band auch schon mal wiederholen – an anderer Stelle, damit´s nicht so auffällt. Und diese, als Highlight, hoch gepriesenen „dreidimensionalen Darstellungen zum Ausklappen“ – na ja. Uff, es drängt sich der Vergleich mit einer schon alternden Diva auf, die sich aus einer Laune heraus zu viel Buntes, zu viel Firlefanziges übereinander gezogen hat, und man fragt sich, ob eine weniger spektakuläre Evolution dem Produkt Baedeker nicht angemessener gewesen wäre. Einmal im Inhalt des Buches angekommen und die vielen Reize ihrer Wichtigkeit nach sortiert, stößt man dann aber wieder auf die „Qualität Baedeker“, die sich aus dem Wissen des Autors Helmuth Weiss rekrutiert. Von ihm kennt man Beiträge aus dieser und anderen Regionen Europas und weiß, dass man sich auf seine Mitteilungen verlassen kann. Es ist gewiss, dass eine Region, die in diesem Führer als „bezaubernde Berglandschaften“ (Das Landesinnere) beschrieben ist, diese für Wanderer und Skifahrer sich wirklich eignet, für Mehrtagestouren und Rundwanderungen, fernab menschlicher Zivilisation und Hektik, in gut ausgebauter Infrastruktur. Weiss hat das ganze Land erkundet, die Städte, die Küsten, die Klöster, die Küchen, die Dörfer, die Landschaften, ohne den Blick für kritikwürdige Umstände nicht zu verlieren. So ist das Bild, das der Autor von Bulgarien zeichnet, ein Lebendiges, natürliches. Unabhängig von der Darstellung dieser Eindrücke weckt Helmuth Weiss Wissensdurst, denn wenn er die Kulturschätze Bulgariens beschreibt, bleibt der Leser am Ende der Lektüre nicht mit Halbwissen zurück – ein Aspekt, der mir persönlich die Kultur dieses Landes näher gebracht hat und (ver-) leitet, einfach weiter zu lesen. usch@saw Baedeker Allianz: Reiseführer Bulgarien, 326 Seiten mit ausklappbarer Karte, Verlag Mairdumont, ISBN 3-8297-1019-4, 19,95 Euro. |
Das Wichtigste sei vorweg genommen: Dieser Reiseführer strotzt vor Wissen, er ist akribisch recherchiert – und das vor Ort während zahlreicher Reisen – und er ist einfühlsam geschrieben. An diesen Tatsachen, die ein wohl komplettes Bild von Bulgarien liefern und die allein schon die Vorfreude auf dieses beliebte Reiseziel vertiefen, führt auch das ungewohnte Erscheinungsbild der neuen Generation Baedeker-Reiseführer nicht vorbei. Dem Himmel sei Dank, kann man dazu nur sagen, denn an diese „neuen Baedeker“ muss man sich erst einmal gewöhnen.zurück zur Übersicht "Bücher unserer Autoren"
