Vietnam
Mit Hanoi, Hue und Saigon

Jahrzehnte lang leckten sich die USA die Wunden, die sie in dem Krieg in Vietnam davongetragen hatten. Wie traumatisch und nachhaltig dieser Krieg vor allem auf die dort eingesetzten amerikanischen Soldaten wirkte, versuchten immer wieder zahllose Kinofilme aus den Studios in Hollywood von Apokalyse Now bis Rambo zu zeigen. Namenlos blieben allerdings zumeist die mit 3 Mio fast sechsmal so vielen toten Vietnamesen, von den zwei Drittel Zivilisten waren, und die weiteren Millionen Verstümmelten und etwa durch Agent Orange dauerhaft Geschädigten. Doch dass dieser Krieg weder der erste noch der letzte in der langen Historie des Landes war, zeigt der auf über 50 Seiten ziemlich umfangreiche Blick auf die Geschichte Vietnams über mehrere Jahrtausende bis heute im vorliegenden Reiseführer Vietnam. Ein Kurzüberblick für Eilige findet sich allerdings am Ende des Kapitels.

Aber ein Reiseführer nur durch die Geschichte von Krieg und Frieden, von Herrschern und Dynastien in Vietnam? Mitnichten, ich brauchte nur einen Aufhänger, um mich dem Land, über das ich sonst eher wenig weiß, zu nähern. Anders der Autor Franz-Josef Krücker, der bereits zahlreiche Reiseführer über Peking, Hongkong, China gesamt und auch schon früher über Vietnam geschrieben hat. Gleich zu Anfang des Buches erfährt der Leser kurz und knapp die wichtigsten Infos u.a. zur Einreise, zum Geldverkehr und die nötigsten Telefonnummern. Danach macht uns der Autor, der 1991 das erste Mal in Vietnam unterwegs war, mit Land und Leuten bekannt, mit geografischen Gegebenheiten, den unterschiedlichen Völkern unter den Einwohnern Vietnams, nennt wichtige Feste und Feiern und geht schließlich auf Philosophien und Religionen wie Buddhismus und Daoismus ein.

Nachdem Politik und Wirtschaft nur kurz abgehandelt werden, widmet sich Krücker intensiver der Kunst und Kultur. Von A wie Architektur (z.B. Tempelbau), bis W wie Wasserpuppenspiel gibt er Einblicke in Literatur, Musik, Tanz, Theater, Malerei und Kalligraphie, Holzschnitt und Schnitzereien, Steinmetzarbeiten und Kunsthandwerk. Da er bei seinem Überblick weit ausholt und häufig Bezug auf deren Entwicklungsgeschichte nimmt, erfährt man viel interessantes über die Kulturgeschichte der hier lebenden Menschen.

Nach einem kurzen Blick in die Töpfe und Schüsseln der vietnamesischen Küche einige Seiten weiter, gibt der Autor sinnvolle praktische Tipps für Individualreisende, die sich jenseits einer wohl organisierten Gruppenreise im Land bewegen wollen. Krückers gute Kenntnisse der hiesigen Verhältnisse und das Wissen um die kleinen Tücken und Angeln gepaart mit den daraus resultierenden Ratschlägen heben den Reiseführer auch an dieser Stelle qualitativ von vielen anderen ab.

Etwa ab Seite 150 wird der Leser dann praktisch auf eine Reise durch das Land mitgenommen. Durch die Aufteilung in Hanoi und den Norden, Mittelvietnam und den Süden bleibt der Überblick ganz gut gewahrt. Inhaltlich sind diese drei Teile allerdings ziemlich unterschiedlich. Im ersten Teil ist Hanoi die Basis, zu der alle Sehenswürdigkeiten aufgeführt und kurz besprochen werden. Eine Karte hilft, sich in der Stadt zu orientieren. Deutlich länger als die Liste der Sehenswürdigkeiten ist die Liste an Vorschlägen für eintägige und mehrtätige Ausflüge von Hanoi aus, etwa zu Tempeln, ans Wasser, zu einem Höhlenbesuch oder in ein Keramikdorf. Für Mittelvietnam hat der Autor Hue, Da Nang, mit 860.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt des Landes, und die kleine Hafen- und Handelsstadt Hoi An als sehenswerte Orte für Besucher ausgesucht. Auch über diese Ziele erfährt der Leser alles Wissenswerte in ziemlich ausführlicher Form. Im letzten Teil geht es schließlich von Hoi An Richtung Süden an der Küste entlang nach Nha Trang, einer Metropole mit 1,1 Mio Einwohnern, und von dort weiter nach Ho-Chi-Minh-Stadt (ehem. Saigon), die größte Stadt Vietnams. Dass alles Sehenswerte auf der Strecke und in den Städten erwähnt und näher besprochen wird, versteht sich nach den Erfahrungen mit dem Reiseführer von selbst. Zum Abschluss führt die Reise noch ins Mekongdelta und auf Phu Quoc, die größte Insel des Landes.

Der praktische Teil auf den letzten Seiten des Buches beinhaltet einen kleinen Sprachführer und ausführliche Reisetipps von A-Z u.a. mit Literaturhinweisen, zahlreichen Reiseveranstaltern und Verhaltenstipps.

Fazit: Der vorliegende Vietnam-Reiseführer von Franz-Josef Krücker bietet alles, was man für eine Reise nach und durch Vietnam an Informationen braucht, mehr braucht auch ein ambitionierter Reisender nicht. Wer wirklich etwas über Land und Leute, ihre Kultur, Hintergründiges und Sehenswertes vor seiner Reise erfahren möchte, ist mit dem 396 Seiten starken und mit 200 Fotos sowie zahlreichen Karten illustrierten Buch also bestens bedient.

se@saw

Franz-Josef Krücker: Vietnam. Mit Hanoi, Hue und Saigon. Trescher Verlag, 396 Seiten, 2011, ISBN: 978-3-89794-185-4, 19,95 Euro.



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