Morgen ist er wegIst es wirklich besser, fragt Lena sich, tagtäglich die Streitereien der Eltern ohnmächtig zu erdulden, als einen klaren Strich zu ziehen? Kann gehen nicht auch heißen, dass ein wenig Ruhe in das Leben zurückkehrt? Oder wäre dieser Gedanke Verrat am Papa, den man doch unendlich vermissen sollte. Aber Papa ist ja ohnehin so selten wirklich anwesend. Vermisst sie ihn denn? Noch steht Mamas Satz im Raum: „Morgen ist er weg.“ Was wird sein, wenn der Vater wirklich geht? Ist es erlaubt, dabei so wenig zu fühlen? Lena ist verwirrt und schuldbewusst. Sie sieht sich vor allem um die Erklärung betrogen. So platzt ihr angesichts ihres schweigenden Vaters und der künstlichen Normalität des Tee-Trinken-Spiels denn auch endlich der Kragen: „Du gehst morgen weg! Warum, wohin, wie lange, kommst du wieder, hast du jemand anderen? Darüber kannst du doch stundenlang erzählen!“ Und endlich fließen auch die Tränen, die für beide zu einem echten Türöffner werden. Denn nun kann endlich auch Papa sagen, dass er schreckliche Angst hatte, davor, dass eben keiner reagiert, dass keiner ihn vermisst. Und Lena muss leider zugeben, dass bisher der Kontakt nie so eng und vertraulich, so liebevoll und neugierig war wie gerade jetzt. Vielleicht ist das ja die Tür zu einem neuen Anfang, auch wenn man ab morgen in getrennten Wohnungen wohnt. Immer noch besser, als wie bisher in einer Wohnung nebeneinander her zu leben: „Plötzlich ist es sogar so, als würde morgen ist er weg bedeuten, dass er öfter da sein wird.“ Ein Buch, das Hoffnung zulässt. Ehrliche Möglichkeiten statt eines Hollywood-Zuckergusses. Wie Lena so schön seufzt: „Wir werden sehen.“ hf@saw Do van Ranst: Morgen ist er weg. Coppenrath Verlag. ISBN 978-3-8157-8964-3. 9,95 Euro. |