Der tierische StruwwelpeterEigentlich ist es unmöglich einen solchen Literaturklassiker wie den Struwwelpeter neu erzählen zu wollen. Denn Klassik ist nun einmal Kulturgut und daran sollte sich kein Neuzeitmensch versuchen – denkt man und hatte damit so oft schon Recht, dass man sogar den streckenweise arg bedenklichen Struwwelpeter unangetastet wissen wollte. Schließlich könne man die Untaten der nur rudimentär erzogenen Bilderbuchprotagonisten jedem Kind erklären – im Zeitalter allseits bekannter Auffälligkeiten wie ADS und medialer Super Nannys ohnehin problemlos.
Zudem lassen heutige Kinder sich auch von Feuersbrünsten nicht am Einschlafen hindern und von Strafen , die im Tintenfass vollzogen werden, auch nicht. Wesentlich problematischer sind da zum Beispiel die „lustigen Verse“ zu dem „kohlpechrabenschwarzen Mohr“ – da musste man beim Vorlesen geschickt drum herum kommen, gestört haben die Sentenzen dennoch. Diese Tricksereien sind jetzt überflüssig, denn es gibt den Struwwelpeter jetzt als „Der tierische Struwwelpeter“. Darin ist der Struwwelpeter zum Struwwellöwen geworden, der fliegende Robert ist eine vorwitzige Maus und Paulinchen eine Gans. Zappelphilipp ist ein kleiner Affe, der kohlpechrabenschwarze Mohr ist ein beneidetes kluges, schwarzes Schaf und Kaspar, Wilhelm und Friedrich sind schwarze, dumme Tintenhunde. So ist das gesamte Bilderbuch in diesem Tenor umgestaltet, mit Versen, die zwar noch genauso klingen wie dereinst, die aber neuen Inhaltes sind. Und auch die Illustrationen scheint man schon gesehen zu haben, so eng sind sie in Farben und Darstellungsarten dem Original entlehnt – mit dem einschneidenden Unterschied allerdings, dass aus den Kinderfiguren Tiere geworden sind. Dadurch relativieren sich die Untaten der Hauptpersonen auf eindeutige Weise, ohne jedoch die Quintessenzen vermissen zu lassen. Der neue Struwwelpeter ist ein Gewinn für die deutsche Kinderliteratur! usch@saw Erwin Grosche und Sara Ball: Der tierische Struwwelpeter. Cbj-Verlag. ISBN: 9 783570 132647. 13,95 Euro. |